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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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vielleicht können wir das Schlimmste verhindern. Ich gebe Ihnen eine Stunde. Wenn ich bis dahin nichts von Ihnen gehört habe, kann ich nichts mehr für Sie tun.« Sie zog die Tür auf, hielt inne, als sie hörte, dass Ebert sich räusperte.
    »Frau Dr.   Prinz?«
    »Ja?«
    »Ich glaube, es geht jetzt vor allem um Ihren Job.«
    Die Stunde verstrich, Ebert kam nicht.
    Alle zwanzig Minuten rief die Staatssekretärin an, machte Druck. Der Minister wolle informiert werden. Sie brauchten Beweise, endlich ein Geständnis, sonst könne die Angelegenheit nicht weiterverfolgt werden. Zu heikel, politisch wie juristisch. Bestechung der Algerier und Geheimnisverrat durch eine Mitarbeiterin des Amtes tangierten die Grundlagen der Genehmigung nicht. Also müsse man einen Widerruf mit drastischen Veränderungen im Empfängerland begründen. Ob die vorlägen, sei eine Frage der Sichtweise. Hier müsse man Überzeugungsarbeit leisten. Die Bundesregierung sehe solche Veränderungen bislang jedenfalls nicht.
    »Ich schon«, sagte Prinz.
    »Ich weiß«, sagte die Staatssekretärin.
    Dazu der hochnotpeinliche Umstand, dass der Bundessicherheitsrat und drei deutsche Ministerien ein Rüstungsgeschäft genehmigt hätten, das vermutlich aufgrund von Geheimnisverrat und Bestechung zustande gekommen sei. Es gebe Stimmen, die rieten, dies lieber nicht öffentlich zu machen, die Reihen der Schweigenden nicht grundlos zu verlassen.
    »Grundlos?«
    »Im Sinne von: ohne Notwendigkeit.«
    »Das Amt schaut zu, wie bestochen und betrogen wird?«
    »Wir haben für solche Situationen hübsche Augenbinden.«
    »Und Maulkörbe?«
    »Wie gesagt: Ich bin auf Ihrer Seite. Bringen Sie mir Ebert, und wir ziehen es durch.«
    Doch Wiebke Ebert kam nicht.

56
    ALGIER
    »Nur ein blauer Fleck. Ungefähr so groß.« Lyon Rigal streckte die Arme vor, hielt die Daumen und Mittelfinger aneinander, ein Kreis, Durchmesser einer kleinen Honigmelone. Er stand auf, verschwand hinter dem Perlenvorhang, kam mit einer Salbe zurück.
    Eley, der mit bloßem Oberkörper auf der Matratze saß, unterdrückte ein Stöhnen, als er sie aufbrachte.
    »Ein Glas Wein?«
    Eley schüttelte den Kopf.
    Rigal setzte sich an den Plastiktisch, füllte ein Glas für sich. »Kein Zweifel, dass es die Armee war?«
    »Nein.«
    »Diese Frau wollte ihn töten. Vielleicht auch andere.«
    »Es kann nur der MG -Schütze gewesen sein.«
    »Und wenn sie gar nicht wussten, dass ihr dort wart?«
    »Möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich.«
     Rigal trank langsam, fast träge. »Unfassbar.«
    Andererseits auch wieder nicht, dachte Eley. Man wusste, wie rigide das algerische Militär gelegentlich vorging.
    »Hast du deine Leute informiert?«
    »Noch nicht.«
    Rigal nickte. »Der Typ, der dich hergefahren hat …«
    »Gehört zu den Leuten, über die wir gesprochen haben.«
    »Zu der demokratischen Bewegung.«
    »Ja.« Mehr, sagte Eley, müsse er nicht wissen, zur eigenen Sicherheit. »Hast du Zigaretten?«
    »Nein. Warte, vielleicht doch.« Rigal trat zur Küchenzeile, öffnete den Unterschrank und warf Eley eine Schachtel Marlboro zu. »Sind aber ein paar Jahre alt.«
    Eley zog seine Jacke zu sich, nahm das Feuerzeug heraus, zündete eine der ausgetrockneten Zigaretten an. Er inhalierte flach, am Schmerz vorbei, lauschte dem wilden Knistern des Papiers nach. »Katharina hat geraucht?«
    Rigal antwortete nicht.
    Toumi war langsam gefahren, hatte Umwege genommen, um Straßensperren zu meiden, und so hatten sie Algier erst am Mittag erreicht. Eley hatte sich oberhalb der Kasbah absetzen lassen, von dort Rigal angerufen, der ihn kurz darauf geholt hatte. Ein Dutzend Nachrichten und SMS , Landrich, der Botschafter, Simon, Carola Liebig, im Abstand von Sekunden hatte das Handy Töne von sich gegeben. Er hatte es sofort wieder ausgeschaltet und den Akku entfernt.
    Doch er bezweifelte, dass er in Gefahr war. Falls die Algerier ihn fassten, würden sie ihn höchstens verhören, dann jedoch ins nächste Flugzeug nach Deutschland setzen. Die Stärke des Regimes waren seine Erzählungen. Sie mussten ihn nicht zum Schweigen bringen, nur auf der eigenen Version der Ereignisse beharren: Richter war von Mutaridu al-kuffar , einer AQM -Gruppe, entführt und beim Versuch der Armee, ihn zu befreien, von den Geiselnehmern ermordet worden. Alles andere war Erfindung eines deutschen Polizisten, der algerische Gesetze gebrochen und sich aus unerfindlichen Gründen in einem Dschihadistenlager in der Kabylei aufgehalten hatte.

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