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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Augenringe. Die Hände zitterten, ihre Stimme klang kraftlos. Aber sie kapitulierte nicht. Steif saß sie auf ihrem Schreibtischstuhl, das Kinn nach vorn gereckt, kämpfte, leugnete.
    Prinz, die an der Tischkante lehnte, brauchte nicht lange, um zu verstehen. Auf einem Aktenschrank bemerkte sie die Zeitung, die entsprechende Seite oben, das blaue Kleid leuchtete im Neonlicht. Die Farbe und der sentimentale Inhalt passten, fand sie, nicht schlecht in Eberts Büro. An den Wänden hingen großformatige Poster: elegante Kreuzfahrtschiffe, weiße Atolle in azurblauer See, grüne Inselgebirge. Auf den Aktenschränken, dem Schreibtisch, der Fensterbank standen gepflegte, vor Gesundheit strotzende Zimmerpflanzen. Ein kleiner, privater Urwald in einem Refugium aus Sehnsucht und Kitsch.
    Sie gingen die Chronologie durch. Die Genehmigungsanfrage von Ulmer & Tann. Die von Meininger Rau ein paar Wochen später. Stehen Sie in Kontakt zu Ulmer & Tann? Nein. Zu Meininger Rau? Nein, ich bin doch nur Sekretärin, nicht Referentin. Sie kennen keinen Mitarbeiter von Meininger Rau? Nein.
    »Aber Sie kennen Reinhold Wegner. Sie waren auf seiner Geburtstagsparty.«
    »Ja, Herrn Wegner kenne ich, aber was hat Herr Wegner mit …«
    Prinz schnaubte. »Verarschen Sie mich nicht.«
    »Herr Wegner arbeitet für Meininger Rau?«
    »Woher kennen Sie ihn?«
    »Von einem Parlamentarischen Abend vor drei Jahren, Herr Dr.   Ost hatte mich mitge…«
    »Veranstaltet von Meininger Rau?«
    »Nein, von einer Stiftung zur Förderung der japanischen Kultur in Deutschland.«
    »Was wollte Wegner dort?«
    Ebert lächelte altjungfernhaft. »Er hatte gehört, dass eine japanische Schauspielerin kommen würde, eine Filmschauspielerin, für die er sehr schwärmte.«
    »Und dann hat er den ganzen Abend mit Konrad Ost und Ihnen gesprochen.«
    »Nicht den ganzen Abend, aber … fast.«
    »Wie hat er sich Ihnen vorgestellt?«
    »Er hatte so einen komischen … einen Spruch, ich musste lachen. ›Gestatten Sie, Reinhold Wegner, fünfzehn Jahre mit der alten Dame verheiratet, dann kamen jüngere.‹«
    Prinz runzelte die Stirn.
    »Er meinte die SPD .«
    »Schon verstanden. Er hat nicht gesagt, für wen er arbeitet?«
    »Ich habe nicht so genau hingehört. Es war laut, ich hatte Kopfweh. Da war diese japanische … Musik.«
    »Natürlich.«
    »Darf ich Sie etwas fragen, Frau Dr.   Prinz?«
    Sie hob die Brauen, wartete.
    »Das Gerücht über die Entführung … Ist das wirklich wahr? Al-Qaida hat in Algerien einen deutschen Manager entführt?«
    Sie lächelte schmal, auch das wusste Ebert also. »Sie sagten, Sie haben Ihren Urlaub nicht angetreten, weil …«
    Ebert nickte, die Miene ein wenig zu unglücklich.
    »Weil?«, fragte Prinz.
    »Der Veranstalter ist wohl pleitegegangen.«
    »Ist er nicht.« Sie schlug die Akte auf, die ihre Mitarbeiter angelegt hatten, blätterte darin. »›Die Pazifik-Weltmeister‹. Stand gestern: kein Insolvenzantrag. Der Laden brummt.«
    »Wie merkwürdig!«
    Sie blätterte weiter. »Gebucht wurde Ihre Reise über das Reisebüro Sebi Merkle in Altniederndorf. Wir haben dort angerufen.«
    »Man weiß dort nichts von einer Pleite?«, hauchte Ebert theatralisch.
    »Nein.«
    »Also, das ist wirklich merkwürdig.«
    »Herr Merkle geht davon aus, dass Sie die Reise antreten.«
    Eberts Schultern sanken herab. »Sie wurde nicht …«
    Behutsam schloss Prinz die Akte, legte sie neben sich auf den Tisch. »Storniert? Nein. Der Flug nach Sydney nicht, die Balkonkabine nicht. Ihr Begleiter nicht.«
    »Mein Be…« Rasch senkte Ebert den Kopf, starrte auf ihre Hände, das Gesicht gerötet bis zu den Haarspitzen.
    Prinz ließ sie Atem schöpfen.
    »Merkle in Altniederndorf«, sagte sie dann. »Meininger Rau sitzt in Altniederndorf.«
    »Ja.«
    »Hat Reinhold Wegner die Reise für Sie gebucht?«
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    »Niemand. Ich.«
    »Sie fliegen Businessclass, Frau Ebert, und Sie haben eine Deluxe-Kabine auf einem Luxusschiff. Allein das sind über sechstausend Euro. Sie geben sechstausend Euro für zwei Wochen aus? Jahr für Jahr?« Ebert erwiderte etwas, sehr leise, und Prinz neigte sich vor und sagte: »Wie bitte?«
    »Diese Geschichte mit Algier … was in der Zeitung steht, ist das … Sie …« Ebert sah auf. Die Augen schwammen, die Brauen waren zusammengezogen, die Lippen gespitzt, eine Mischung aus Verzweiflung und Wut.
    Prinz ging zur Tür. »Sie wissen, dass es um Ihren Job geht. Reden Sie mit mir, dann helfe ich Ihnen,

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