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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Könnt ihr das Gegenteil beweisen?
    Nein.
    Die wenigen Fotos, die er gemacht hatte, genügten nicht.
    »Bricht hier bald ein Bürgerkrieg aus?«, fragte Rigal.
    Eley hob die Schultern, spürte den Schmerz in den Nacken schießen. »Ich glaube nicht. Die Bewegung ist noch nicht so weit, und sie müssen aufpassen, Soudani ist an ihnen dran.« Er rutschte nach hinten, lehnte sich mit der unverletzten Schulter an die Wand. Andererseits, dachte er, unterschätzte Soudani seine Gegner. Sie schienen den halben Staatsapparat unterwandert und überall Anhänger sitzen zu haben. Schläfer wie Madjer. Toumi.
    »Gefällt mir nicht«, sagte Rigal.
    »Demokratie für Algerien?«
    »Revolution. Sie werden sich abschlachten wie im Befreiungskrieg und im ›schwarzen Jahrzehnt‹.«
    Eley stimmte zu. Er hatte es erlebt, vor nicht einmal zwölf Stunden.
    »Und wenn man an Ägypten, Syrien, Libyen denkt. An Tunesien. So viel Hass und Gewalt.« Rigal trank einen Schluck, blickte nachdenklich auf das Glas in seiner Hand. Im trüben Schimmer der Glühbirne warf sein Körper verzerrte Schatten. »Die Frühlings-Revolutionen legen nur die eigentlichen Probleme frei. Die Demokraten vertreiben die alten Diktatoren und schaffen Raum für neue, schlimmere Systeme. Das ist die Tragödie der arabischen Welt.« Er sah herüber. »Vielleicht sollte ich fortgehen.«
    »Wohin?«
    Rigal zuckte mit den Achseln. »Ich habe über das nachgedacht, was du gesagt hast.«
    »Ja?«
    »Du weißt, was ich meine?«
    »Katharina«, sagte Eley.
    »Vielleicht werde ich es tun, weißt du. Sie mal anrufen.«
    Eley nickte, während er sich aufrichtete. Er schlüpfte in sein Hemd, in die Jacke. »Wir müssen los. Denk an das Telefon.«
    »Spezielle Wünsche?«
    »Kein Internet. Irgendwas Billiges, ist nur für heute.«
    Sie gingen zu der Metalltür, die auch auf der Innenseite Dellen aufwies. Rigal öffnete sie, helles, feines Licht strömte herein. »Du vertraust ihm?«
    »Dem Botschafter?«
    »Dem anderen.«
    »Ja.« Dass er Madjer nach Bouzeguène gebracht hatte, rechnete Toumi ihm hoch an.
    Er hatte angeboten, Eley noch in dieser Nacht zur marokkanischen Grenze zu fahren. Sechshundert Kilometer Autobahn, nur Eley und Toumi, ein hoher Mitarbeiter des Geheimdienstes, der keinerlei Misstrauen erregen würde. Die Grenze zwischen Algerien und Marokko war wegen der Auseinandersetzungen um Westsahara seit bald zwanzig Jahren geschlossen, der Übertritt auf legale Weise nicht möglich, weder zu Fuß, noch mit dem Auto, noch mit dem Zug. Toumi hatte gesagt, er werde etwas »arrangieren«, ihn über eine Route der zahlreichen Schmuggler nach Marokko bringen lassen. Eley zweifelte nicht daran, dass er dazu in der Lage war.
    Blieb nur eine Frage, die wichtigste – ob er Amel noch einmal sehen würde.
    Place Port Said, eines der Cafés unter den Arkaden, der Botschafter wartete schon. Steif saß er auf einem der uralten Metallstühle, die Miene düster und streng, die Aknenarben stachen deutlicher hervor als sonst. Eley sah ihm die Wut an, die Irritation, aber auch, wie unwohl er sich an einem Ort wie diesem fühlte, im Alltag Algiers nahe der Kasbah. Ein westlicher Diplomat im Anzug, der mit den zweifelhaftesten Politikern umzugehen wusste, nicht jedoch mit den Menschen von den Straßen Kairos oder Algiers.
    Eley stellte den Espresso auf den Tisch, legte das Handy daneben, setzte sich. »Herr Botschafter.«
    »Eley … Wo zum Henker waren Sie?«
    »In Bouzeguène in der Kabylei. Bei Richter.«
    Der Botschafter schüttelte den Kopf, als wollte er nicht glauben, was er da hörte, und nicht wissen, was noch kommen würde. »Ist er jetzt hier? In Algier?«
    »Er ist tot. Das Militär hat ihn erschossen. Sie haben … viele Menschen erschossen, darunter Richter.«
    »Um Gottes willen.« Der Botschafter stützte die Ellbogen auf den Tisch, legte die Hände vors Gesicht. An den dünnen weißen Haaren zerrte der Wind, ein Jackettsaum flatterte.
    Eley trank, ließ ihm Zeit, sich zu sammeln. Seine Hand lag auf dem Telefon, den Fotos. Er hatte noch nicht entschieden, ob er sie ihm zeigen würde.
    Am Straßenrand gegenüber stand der gepanzerte schwarze Dienstmercedes. Florian saß am Steuer, winkte flüchtig. Neben ihm war ein weiterer Mann zu sehen, ein Kollege der Bundespolizei. Einer zu viel für einen kurzen Ausflug ins Zentrum. Andererseits, dachte Eley, hatten sie auf die Polizeieskorte verzichtet.
    Der Botschafter richtete sich auf, strich sich die Haare aus der Stirn. »Das

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