Ein paar Tage Licht
Stimme fort, betrat ein Büro, warf die Tür zu.
Liebig sah ihn an. »Wie war der Urlaub?«
»Erholsam.«
»Ach, ich weiß nicht, wirklich? Allein verreisen, das ist so deprimierend. Nächstes Mal nehmen Sie mich mit. Wir setzen uns an die Hotelbar, betrinken uns, sehen, was passiert.«
»Wir wissen, was passieren würde«, sagte Eley.
Liebig lächelte errötend. Zwei Ehen geschieden, nach der letzten hatte sie den ersten Auslandsjob genommen, den das Auswärtige Amt zu vergeben hatte. Eley hätte ihr Italien gewünscht, Frankreich, Spanien. Sie hatte Algerien bekommen. Eine traumatisierte Frau in einem traumatisierten Land.
»Sie werden mir fehlen«, sagte sie.
»Ich bin ja noch eine Weile hier.«
Sie rieb sich den Nasenflügel. »Ach, was ist das schon, neun Monate.«
Ja, dachte Eley. Ein paar Tage Licht, ein quälend langer Abschied.
Später brachte ihn der Botschafter auf den aktuellen Stand.
Al-Qaida im islamischen Maghreb, das stand nun wohl fest, eine Gruppe aus dem Katibat von Abdelmalek Droukdel. Kleidung, wie man sie von AQM kannte: Turbane, knielange Hemden, Militärhosen, Sportschuhe. Der Anführer hatte in eine der mit Mikrofonen ausgestatteten Überwachungskameras im Gästehaus gesprochen. Ihr hört von uns, hatte er gesagt, wir nennen uns Mutaridu al-kuffar , »Vertreiber der Ungläubigen«, Allah ist groß.
»Vertreiber der Ungläubigen?«
»Auch die Algerier kennen sie nicht«, sagte der Botschafter.
»Was wollen sie? Lösegeld?«
»Das hat er nicht gesagt. Nur dass er sich wieder melden wird.«
Sie standen im Innenhof mit der hohen, von Tauben bewohnten Palme, Eley rauchte, der Botschafter hielt eine Tasse Tee in der Hand. Die Hofleuchten brannten, der Himmel war dunkel geworden, Regen zog herauf. »Wie sind sie ins Haus gekommen?«
»Der Chauffeur hat sie reingelassen.« Sadek Madjer, der kurz zuvor Feierabend gemacht und plötzlich mit einem halben Dutzend vermummter, mit Pistolen bewaffneter Dschihadisten wieder im Haus gestanden hatte. Der Koch und das Serviermädchen waren gefesselt und geknebelt worden. Madjer war bei ihnen in der Küche geblieben, hatte sie beruhigt, man wolle nur »den Deutschen«. Seit dem Überfall war er verschwunden, seine Wohnung seit ein paar Tagen aufgelöst. Sie waren laut Aussage des Kochs mit zwei Autos gekommen, starke Motoren, hatten sie während des Überfalls laufen gelassen. Sie hatten die Telefonleitung außerhalb des Hauses gekappt, die Überwachungskameras hatten zwar aufgezeichnet, aber nicht mehr übertragen.
Lange vorbereitet und perfekt organisiert, dachte Eley. »Die haben einen Spitzel im Verteidigungsministerium.«
»Samraoui sagt nein«, entgegnete der Botschafter.
»Das muss sie.«
»Sie sagt, sie hätten einen Spitzel bei Elbe Defence.«
Eley fragte sich, ob sie wirklich so dachte. Vielleicht waren Angehörige der DDSE im Raum gewesen, während sie mit dem Botschafter telefoniert hatte. Andererseits war die Armee in Algerien sakrosankt, sie war die Nachfolgerin der legendären Armée de libération nationale des Unabhängigkeitskrieges gegen die Franzosen. Amels Vater und Onkel hatten in der ALN gekämpft.
Eley kannte viele junge Algerier, denen die Mythen des Befreiungskrieges nichts bedeuteten. Was zwischen 1954 und 1962 geschehen war, spielte für sie keine Rolle. Sie lebten heute und hier, viele lebten schlecht. Sie wurden von alten Männern regiert, die als Helden jener Zeit galten und sie noch immer repräsentierten, wie Abdelaziz Bouteflika, der Präsident. Greise Politiker, Militärs, Geheimdienstler, Öloligarchen, die meisten von ihnen im Inneren des Apparates verborgen, nicht greifbar und doch einflussreich, Mitglieder von le pouvoir , »der Macht«, überwiegend groß geworden im Front de libération nationale .
Es war an der Zeit, dachten viele, die heute jung waren, dass diese Leute abtraten. Der FLN hatte die Unabhängigkeit von Frankreich erkämpft, nun war er ein unbrauchbares Relikt.
Amel dachte anders. Ihr gab der FLN -Staat Sicherheit. Hielt alles einigermaßen im Gleichgewicht. Die Armen, die Unzufriedenen, die Berber, die gemäßigten Islamisten, die Dschihadisten, sie selbst.
»Was ist mit Toni?«, fragte Eley. »Der deutsche Sicherheitsmann.«
»Sie haben ihn mitgenommen, er hat sich mit Richter ergeben.«
»Unsere Chance. Er ist ein Profi.«
»Ich habe die Nase voll von Profis dieser Art.«
Eley lachte düster. »Bekommen wir die Aufnahmen?«
Der Botschafter schüttelte den Kopf. »Nationale
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