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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Gesicht, als er sie hochnahm und verzweifelt an die Wange drückte, bis es vorbei war, Dihias Ring kühl an seiner Haut.

17
    FLUGHAFEN PARIS-ORLY
    Akribisch hatten sie seinen Pass und das Schengenvisum überprüft, seine Reisetasche durchsucht. Am Ende ließen sie ihn mit misstrauischer Miene ins Land.
    La Grande Nation, dachte Djamel. Konnte ihre Gewohnheiten nicht ändern, wenn es um Algerier ging.
    In einem Stehbistro nahe dem Ausgang trank er einen Espresso, aß etwas, während er ohne Interesse in einer Zeitung blätterte. Auf dem Weg durch die Ankunftshalle hatte er Aziz vor einem Blumengeschäft gesehen. Als er jetzt dorthin blickte, war er verschwunden.
    Sonst hatte er niemanden bemerkt.
    Er ging davon aus, dass Aziz nicht allein gekommen war. In der Halle waren Hunderte Menschen unterwegs. Aziz brauchte Unterstützung, mindestens drei, vier Leute.
    Eine halbe Stunde, nachdem er bestellt hatte, ging er weiter. Fünf Minuten in einer der Toiletten, fünf Minuten an einem Zeitungskiosk, wie vereinbart. Am Infoschalter, so lange es eben dauerte. Ein paar Broschüren in der Hand, Le Monde unter dem Arm, verließ er die Halle. Er wandte sich in Richtung Regionalbahnhof, blieb nach vierzig Schritten stehen, drehte um und strebte auf die Taxis zu.
    Aziz war aus einer anderen Tür ins Freie getreten. Rauchend stand er auf dem Gehsteig, sprach ins Handy. Sein Blick streifte Djamel und glitt weiter. Laut sagte er auf Französisch: »Niemand hier, Schatz, bis jetzt jedenfalls.«
    Djamel nickte kaum merklich, musste ein Schmunzeln unterdrücken.
    Schatz.
    Der Fahrer des vordersten Taxis nahm ihm die Reisetasche ab.
    »Tigery«, sagte Djamel. »Über die A6 und Évry.«
    »Über Montgeron geht es um die Zeit schneller.«
    »Egal, wir fahren über die A6.«
    »So«, brummte der Fahrer, »tun wir das?«
    Fünfundvierzig Minuten später stieg er im Zentrum des kleinen Ortes südöstlich von Paris aus. Einstöckige Häuser aus dunklem Stein, die Flanken vom Regen geschwärzt, diesige Stille. Er hatte Fotos von Tigery gesehen und fand sich problemlos zurecht. Die Tasche über der Schulter, betrat er die Place Liedekerke-Beaufort, einen Park mit hohen Bäumen, und folgte einem der Wege. An der Holzbank mit dem eingeritzten, verwitterten Herzen auf der Lehne blieb er stehen. Er stellte die Tasche ab und setzte sich.
    Er wusste, dass es dauern würde. Aziz würde sich Zeit lassen.
    In seiner Vorstellung fuhren Landsleute in unauffälligen Autos durch die Straßen des Ortes. Sie waren dem Taxi auf der A6 gefolgt, suchten noch immer nach Beschattern, die es vermutlich nicht gab. Er hatte aufgepasst, in Tizi Ouzou, in Algier.
    Er schlug die Zeitung auf, tat, als läse er.
    Das Gespräch mit dem Zollbeamten, der seine Tasche durchsucht, die Schachtel mit den Fotos geöffnet hatte … Ein blasser Glatzkopf mit wulstigen Augenlidern, abgekauten Fingernägeln, kaum älter als er. Sie waren sich nie begegnet und durch die Vergangenheit doch miteinander verbunden.
    Und das, wer ist das?
    Meine Großmutter.
    Mann, war die hübsch! Wie heißt sie denn, deine Großmutter?
    Sie ist tot.
    Das war nicht die Frage.
    Dihia.
    Siehst ihr ja nicht sehr ähnlich. Kein Wunder, ihr habt ja da die Polygamie. Und noch mal die Dihia … Wer ist der mit dem Ball in der Hand?
    Mein Großvater.
    Und die da … leck mich am Arsch, die kenne ich, das sind Zitouni und Mekhloufi … Das ist die FLN-Mannschaft!
    Ja?
    Mann, lauter Revolutionäre, schau sie dir an, mit ihren niedlichen Schnauzern, ein bisschen schwul waren die schon, wenn du mich fragst. Bist du auch ein Revolutionär?
    Nein.
    Stimmt ja, du bist ein Ökonom. Ah, noch mal die Dihia … Wer ist das hässliche, runzlige Baby? Dein Papa?
    Ja.
    Na, dem siehst du schon ähnlicher … Wieder die Dihia … Und noch mal … Leck mich am Arsch, die Dihia mit MP! Die war eine kleine Terroristin, was? Eine von den FLN-Mörderinnen, die nachts Jagd auf Franzosen gemacht haben? Lass mich deinen Pass noch mal sehen, ja?
    »Djamel.«
    Er sah auf. Aziz im feinen Mantel, frisiert, als hätte er vor fünf Minuten noch beim Friseur gesessen, mit einem geöffneten Regenschirm, obwohl es höchstens nieselte. Das strahlende Lächeln, das die Welt so freundlich erscheinen ließ.
    Er stand auf, und sie umarmten sich.
    Ein Jahr war vergangen, seit Aziz zum letzten Mal in Tizi Ouzou gewesen war, zwei, seit Djamel ihn in Paris besucht hatte. Inzwischen war Aziz mit dem Studium fertig, arbeitete für einen algerischstämmigen

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