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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Schulter.
    »Wer hat ihn, Amel?«
    » AQMI «, murmelte sie.
    Er sagte nichts, wusste, was er ihr zumutete.
    Amel sah auf. »Ralf, du darfst nicht selbst ermitteln.«
    »Ich ermittele nicht. Ich … treffe Freunde.«
    Sie lachte bitter. »Wenn es herauskommt, weisen sie dich aus. Wir würden uns nicht wiedersehen.«
    »Wir würden Wege finden. Wie Essaouira.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Im Juli …«, begann er.
    »Im Juli finden sich vielleicht Wege, wer weiß. Aber nicht, wenn du nie mehr einreisen darfst.«
    »Ich bin für Richter und Toni verantwortlich. Dafür, dass sie am Leben bleiben.«
    » Wir sind verantwortlich. Richter ist unser Gast. Toni arbeitet für unser Verteidigungsministerium.«
    Er schüttelte den Kopf, spürte ihre Hand im Nacken, warm, zärtlich, als wollte sie ihn trösten.
    »Doch«, sagte sie. » Wir sind verantwortlich.« Sie küsste ihn, löste sich sanft. »Bis später, chéri .«
    Ihr Gesicht hatte die Blässe verloren, ein rötlicher Schimmer lag jetzt darauf, vom Wein, vom Lachen, von intensiven Gesprächen, den Küssen im Hof. Glühende Augen, die Hände in Bewegung, voller Lust am Leben. So müsstest du sie sehen, Harry. So würde sie auch dir gefallen.
    Eley schob den Teller mit den Hammelknochen von sich, trank einen Schluck Rotwein.
    Momente auf dem schmalen Grat.
    Ich wollte aufstehen, zu dir gehen, dich küssen, Ralf. Jeden Montagabend bin ich kurz davor, es zu tun. Sollen sie es erfahren. Sollen sie mit mir machen, was sie wollen.
    Tu es, dachte er.
    Nein, tu es nicht.
    Eine uneheliche Affäre, noch dazu mit einem Ausländer, einem Christen, einem deutschen Polizisten – sie würde ihren Job verlieren, wäre gesellschaftlich geächtet. Als Angehörige der Justiz stünde sie sofort unter Spionageverdacht. Durchaus denkbar, dass sie für lange Zeit in einem Gefängnis verschwinden würde. Er wiederum würde abgelöst werden und müsste Algerien verlassen, die Botschaft würde diplomatische Schwierigkeiten um jeden Preis vermeiden wollen.
    Plötzlich hielt Amel ihr Telefon in der Hand, stand auf, entfernte sich ein paar Meter. Die Mutter, vermutete Eley, diese verstörte, in ihren Albträumen erstarrte Frau, eine Fremde im eigenen Leben, die Mann und Bruder verloren hatte und nun von der Angst besessen war, auch die Tochter zu verlieren. Vergiss nicht das Kopftuch, Amel! Um Himmels willen, heirate den Murad, dann bist du sicher! Keine Jeans, Amel, du darfst die Bärtigen nicht provozieren! Denk an Hassi Messaoud, Amel!
    Hassi Messaoud, Zentrum der algerischen Öl- und Gasindustrie in der Wüste. 2001 hatte ein konservativer Imam rund einhundert Männer aufgehetzt, sie hatten Jagd auf alleinstehende und unverheiratete Frauen gemacht, hatten sie nackt durch die Stadt getrieben, andere auf der Straße, in ihren Wohnungen geschlagen, vergewaltigt.
    Das Telefonat war beendet, Amel kehrte zu den Freundinnen zurück, das Gesicht ernst. Als sie das Portemonnaie aus der Handtasche zog, legte Eley Scheine auf den Tisch und erhob sich, getrieben von einer plötzlichen Ahnung.
    »So früh, Monsieur Eley?«
    »Ich muss noch mal in die Botschaft, Faruk.«
    Seine Hand wieder in der Wärme von Faruks Pranken, an dessen Bauch, dann stand er draußen, glitt in den Eingang des nächsten Hauses. Er zog das Handy heraus, tippte auf Französisch eine SMS an Lyon Rigal: Geht es heute noch? , erhielt gleich darauf eine Antwort: 22.30   Uhr, Nationaltheater .
    Kurz darauf verließ Amel das »Zohra«, fand ihn gleich. »Komm«, sagte sie, zog ihn um die Häuserecke, in einen kaum mannsbreiten Durchgang. Treppen führten nach oben, an einem aufgerissenen Müllsack hockten Katzen, sahen mit leuchtenden Augen auf und wichen zurück.
    »Toumi hat einen Wagen geschickt, ich muss zur DDSE «, sagte Amel an seinem Ohr.
    »Haben sich die Entführer gemeldet?«
    Er spürte sie nicken. »Per E-Mail, vor einer halben Stunde.«
    Sie verlangten fünfzig Millionen Dollar und den Rückzug von Elbe Defence aus Algerien.
    »Fünfzig Millionen?«, sagte Eley. »Keine Chance.«
    »Wir müssen eben verhandeln.«
    Ja, dachte er. Tagelang, wochenlang, vielleicht über Monate – wie kürzlich im Fall der drei europäischen MUJAO -Geiseln, für die anfangs dreißig Millionen Euro verlangt worden waren und die nach neun Monaten gegen Zahlung von achtzehn Millionen freikamen. »Und Tamanrasset?«
    Sie hob die Schultern. »Ich gehe davon aus, dass es dabei bleibt.«
    »Die wollen Zeit gewinnen«, sagte er.
    Sie hörten den

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