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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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    »Weil sie keinen Bart haben?«
    »Auch das.«
    »Was sind sie dann?«
    Toni half ihm auf. »Soldaten? Irgendeine Spezialeinheit.«
    Nein, dachte er, das war unmöglich. Er wusste doch jetzt, weshalb er entführt worden war. All das, was sie über Meininger Rau wissen wollten, war der algerischen Armee längst bekannt. »Nein«, sagte er.
    Toni hatte sich wieder gebückt, durchsuchte die Leiche, fand eine Automatikpistole, ein Messer, eine weitere Pistole bei dem zweiten Mann, hielt sie ihm hin. »Die nehmen Sie.«
    Richter starrte auf die Waffe. Eine chinesische Tokarew – Standard bei der algerischen Armee. Der Griff war feucht von frischem Blut.
    »Denken Sie dran, Sie müssen sie entsichern.«
    »Das Militär kann nicht dahinterstecken.«
    »Los jetzt, verschwinden wir.«
    »Warten Sie. Denen geht es nicht um Lösegeld.«
    Tonis Blick ungeduldig, die leise Stimme scharf: »Es geht ihnen darum, Verunsicherung zu erzeugen. Angst vor AQMI zu schüren. Vor dem Islamismus. Wie in den Neunzigern.«
    »Nein …«
    »Später, Herr Richter, wir müssen weg!«
    Toni schob ihn voran, hielt ihn mit hartem Griff aufrecht, während sie in den Raum eilten, unter dem das Verlies lag, ein großes, niedriges Zimmer. Teppiche auf dem Boden, Kissen entlang der Wände, Matratzen, ein Sofa, geschlossene Fensterläden, die Deckenleuchte war eingeschaltet. Er musste den Kopf senken, die Augen zusammenkneifen. Das Licht löste Wellen scharfen Schmerzes hinter seiner Stirn aus.
    Durch eine Tür gelangten sie in einen kleinen Vorraum, von dem zwei weitere Türen abgingen, eine angelehnt, die andere geschlossen. Hinter der ersten war eine Männerstimme zu hören. Die andere musste nach draußen führen.
    Der Mann lachte, schwieg, dann sprach er wieder, Algerisch.
    Toni hob eine Hand ans Ohr. Er telefoniert.
    Ein Stuhl knarzte, Papier raschelte. Das Klicken eines Feuerzeugs. Kurz darauf drang Zigarettenrauch an Richters Nase. Sein Herz schlug dröhnend, sein Atem beschleunigte sich, am Haaransatz kribbelte es. Die Panik kam.
    Er blickte auf die Tür nach draußen. Raus, dachte er. Ans Licht. Frei sein, schauen können, gehen können. Atmen.
    Toni berührte seinen Arm, schüttelte den Kopf.
    Natürlich, sie konnten es nicht riskieren. Vielleicht quietschte das Scharnier der Tür. Entstand Zug, wenn sie sie öffneten. Und was würden sie tun, falls der Mann etwas rief? Er nickte kraftlos.
    Toni trat dicht zu ihm. »Es gibt zwei …«, flüsterte er, brach ab.
    Der Mann in dem Raum hatte aufgehört zu sprechen.
    Sie warteten. Doch das Telefonat schien beendet. Zwei was?, dachte Richter verzweifelt.
    Wieder das Rascheln, ein tiefes Brummeln.
    Toni hob den Zeigefinger. Erstens . Er deutete auf sich, auf den Boden. Auf Richter, die Tür.
    Ich warte hier, Sie gehen.
    Richter schüttelte den Kopf.
    Toni hob zwei Finger. Zweitens . Berührte das Messer im Hosenbund, deutete auf die angelehnte Tür.
    Ich töte ihn.
    Erneut schüttelte Richter den Kopf. Er schluckte schwer. Der Schwindel war wieder da, plötzlich war ihm eiskalt, die Angst übermächtig. Verzweifelt hob er zwei Finger.
    Toni zog das Messer, lächelte, ein schreckliches Lächeln, erschöpft und maskenhaft. Dann trat er vor die Tür, das Messer in der erhobenen rechten Hand, schob sie mit der linken auf. Ein Tisch wurde sichtbar, dahinter auf einem Stuhl der Mann, der aufschaute, und im selben Moment dachte Richter, wo ist die Zigarette, er hielt keine Zigarette in der Hand, rauchte nicht … Da fuhr das Messer in den Oberkörper des Mannes, stieß ihn gegen die Lehne zurück, stumm sackte er im Sitzen in sich zusammen, während Toni auf ihn zurannte. Ein Aufschrei erklang, eine Frauenstimme, und Toni wandte den Kopf, wollte die Richtung ändern, da krachte ein Schuss, er wurde zur Seite gestoßen, fiel, kam halb hoch, ein weiterer Schuss, die Kugel zerriss ihm das Gesicht.
    Wieder die Stimme der Frau, sie schien um Hilfe zu rufen.
    Richter wandte sich ab. Eisige Kälte erfüllte ihn, lähmte seine Gedanken, seine Glieder. Er dachte nur noch an die Tür nach draußen, fragte sich, was dahinter liegen mochte, er hatte vorhin Couscous salzig gegessen, also vielleicht das milde bläuliche Licht des Abends, wie angenehm es für seine Augen sein würde, die das Morgen- oder Mittagslicht jetzt nicht ertragen hätten …
    Er hob die Hand, um die Tür zu öffnen, es war die rechte, die Hand mit der Pistole. Er wechselte sie in die linke, drückte endlich die Klinke hinunter.
    Trat ins

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