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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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fühlen. »Hat Mr.   Deveraux Ihnen Informationen gegeben?«
    »Worüber?«
    »Über die Entführung von Monsieur Richter.«
    »Ich bin nicht befugt, mit Freunden über dienstliche Belange zu sprechen.«
    »Ja«, sagte Toumi sanft, fingerte sich eine Zigarette aus der eigenen Packung, zündete sie an.
    Du bist zu jung, dachte Eley. Du kriegst mich nicht. Nicht so.
    Wäre Amel nicht in der Wohnung gewesen, hätte er das kleine Scharmützel genossen. Toumi war ihm nicht unsympathisch. Kein Staatssicherheitsmann, kein Opportunist, sondern von Stolz auf das unabhängige Algerien motiviert, von der Sorge um dessen Zukunft. Dass er sich wie der halbe Staatsapparat totalitärer Mittel bediente, gehörte zur Tragik dieses Landes, zum elenden Erbe des Kolonialismus. Was die Franzosen in den fünfziger Jahren algerischen Zivilisten und FLN -Kämpfern angetan hatten, das hatten die Militärs in den Neunzigern im Krieg gegen die Islamisten wiederholt – Repression, Denunziation, Morde an Unschuldigen, extralegale Hinrichtungen, Folter, Vergewaltigung. Auslöschen statt verhandeln. Wie Amel war Toumi in einem Klima der Angst erwachsen geworden. Nur war sein Vater vielleicht nicht Opfer, sondern Täter gewesen.
    »Was wollten Sie in meiner Wohnung?«
    »Antworten auf meine Fragen, Monsieur Eley.«
    »Ohne Durchsuchungsbeschluss? Einbruch in die Wohnung eines Diplomaten? Das deutsche Außenministerium hätte bei Ihrer Regierung protestiert.«
    Toumi schürzte die Lippen, seine Augen leuchteten. Ein hübscher Scherz, besagte seine Miene, kennen Sie noch so einen?
    Eley steckte die Fotos in den Umschlag, warf ihn mit einer flüchtigen Handbewegung auf den Glastisch. »Ist sonst noch was?«
    Toumi lehnte sich zurück, wirkte mit einem Mal nachdenklich. »Vertrauen Sie mir, Monsieur Eley. Wenn Sie etwas wissen, sagen Sie es mir. Niemand würde erfahren, dass es von Ihnen kommt.«
    »Nicht einmal General Soudani?«
    Toumi schüttelte den Kopf. »Sehen Sie, General Soudani hat das Wohl unseres Landes im Blick. Das ist seine Priorität, seine Aufgabe. Eine immense Verantwortung. Der Kampf gegen al-Qaida ist für ihn von so großer Bedeutung, dass er einzelne Aspekte, wie die Entführung von Monsieur Richter, gelegentlich aus dem Auge verlieren mag. Meine Aufgabe dagegen ist es, Monsieur Richter wohlbehalten zurückzuholen. Nur das. Um sie zu erfüllen, werde ich jede Information nutzen, die ich bekomme, selbst wenn sie von einem deutschen Polizisten stammt, der in Algerien nicht ermitteln darf. Das mag General Soudani stören – doch wissen Sie was?« Er lächelte. »I don’t care.«
    Eley rang sich ein Schmunzeln ab. Er spürte das Ass in Toumis Ärmel lauern, wollte es endlich sehen. »Ich weiß nur das, was Sie und der General mir mitgeteilt haben. Dass Richter von einer AQMI -Splittergruppe aus Libyen entführt wurde. Von Ausländern.«
    »Ich verstehe.« Toumi beugte sich vor, eine Hand in der Innentasche des Jacketts. Hielt inne, drückte die Zigarette aus, machte es spannend.
    Ein weiterer Umschlag, weitere Fotos: Eley und Lyon Rigal vor dem Nationaltheater, am Hafen, auf dem Weg durch die Kasbah. Vor Rigals Wohnung.
    Sie sahen sich schweigend an. Das alte Machtspiel, lächerlich, aber es half Eley, seine Gedanken zu sortieren. Die Unruhe zu bekämpfen. Die Einschläge kamen näher.
    »Lyon Rigal«, sagte Toumi schließlich.
    »Lassen Sie ihn in Ruhe. Er ist harmlos.«
    »Ich weiß. Monsieur Rigal arbeitet für die UN , für verschiedene NGO s. Hier könnte es allerdings Probleme geben. Sie kennen das neue NGO -Gesetz.«
    Eley nickte. Anmeldepflicht, Genehmigungspflicht. Keine Finanzierung durch ausländische Organisationen. Keine Verstöße gegen algerische Werte, keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten Algeriens. Wer sich nicht daran hielt, musste mit einer Haftstrafe rechnen. NGO s konnten sich nicht daran halten.
    »Andererseits ist er Franzose. Im Augenblick wollen wir die Franzosen nicht provozieren. Die alte Hassliebe.« Toumi lächelte. »Oder besser: gegenseitige Abhängigkeit.«
    Eley klopfte sich eine Zigarette aus der Schachtel. »Sie lassen ihn observieren?«
    »Ja. Und ich lasse Sie observieren.«
    Er zündete sie an, konnte das Zittern der Hände nicht ganz unterdrücken. »Seit wann?«
    »Seit Monsieur Rigals Anruf bei Ihnen.«
    Eley zog an der Zigarette, inhalierte tief. Er hatte drüben am Esstisch gesessen, am späten Nachmittag, als Rigal angerufen hatte. Er war die Fliege in Toumis Netz, hatte das

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