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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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machen …
    »Reinhold?«
    »Phil, dear friend, finally!«
    Das Rauschen des Mistrals, des Mittelmeers, heißer Wüstenwinde aus dem Süden erfüllte das Arbeitszimmer, dazu der Lärm von Autohupen. Er saß am Schreibtisch im Ohrensessel, gehalten von drei Seiten, fühlte sich im duftenden, kühlen Leder geborgen. Das Einzige von Wert, was sein Großvater und dann sein Vater hinterlassen hatten. Erinnerung an die frühen Jahre. Er kannte keinen Menschen so lange wie diesen Sessel.
    »News about the woman behind the couch?«
    Wegner rang sich ein Lachen ab und hörte zu, während Phil die Geschichte im Auto erzählte. Eine Familienparty, eine halbnackte Frau hinter dem Sofa, ein Tantchen von Reinhold oder so. Ein tiefes Lachen, John, der texanische Bodyguard, dazu ein weiterer Mann.
    »How can I help you, Reinhold?«
    »Unser Freund in Algier«, sagte Wegner auf Englisch.
    »Wir haben viele Freunde in Algier.«
    »Der, dessen Namen Sie mir nicht nennen dürfen.«
    »Da gibt es einige, Reinhold.«
    Alle lachten. Vier fröhliche Männer, dachte Wegner angespannt, wie schön. »Der, der seit ein paar Monaten reich und glücklich ist.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Ist er noch reich und glücklich? Sollten wir ihn vielleicht noch reicher und glücklicher machen? Nur zur Sicherheit. Damit er uns gewogen bleibt. Keine Dinge erzählt.«
    »Ach, Geld, Reinhold. Geld ist nicht so wichtig.«
    »Nein?«, sagte Wegner erschüttert.
    »Geld beruhigt nicht, verstehen Sie?«
    »Ist er beunruhigt?«
    »Ein bisschen. Die Lage ist unübersichtlich, sagt er. Wer kommt ‘14 nach dem kranken Bouteflika? Und wenn die Jugend doch revoltiert? Wenn Tunesien an die Islamisten fällt, Libyen nicht stabilisiert wird, Ägypten kippt? Er träumt von der Sicherheit Europas, von Wäldern ohne Terroristen, von blonden Frauen ohne Schleier. Schweden fasziniert ihn.«
    »Ein Visum.«
    »Er möchte bleiben, Reinhold.«
    Wegner seufzte lautlos. Ein EU -Pass für einen Offizier im algerischen Beschaffungsamt. Schwierig, schwierig, hörte er Rischa sagen. Schwierig gibt es nicht, nur teuer, hörte er sich selbst antworten.
    Nachdem die Winde und der algerische Lärm verstummt waren, gab er eine Kurzwahl ein.
    »Ich rufe zurück!«, flüsterte Wiebke Ebert.
    Drei Minuten später bekam er seinen Zwischenbericht. Er machte sich klein im Ohrensessel, so klein wie möglich. Der Kampf war in vollem Gange.
    Eine Mitarbeiterin von Prinz hatte sich von Ebert Kopien aller verfügbaren Unterlagen zu den Exportanfragen von Ulmer & Tann und Meininger Rau geben lassen. Vom Beauftragten für Exportkontrolle und Technologie, Konrad Ost, Abteilung 4, kamen eine Information und Stellungnahme nach der anderen. Tenor: Die damaligen Vorbehalte seien nun bestätigt worden. Man müsse die Haltung zu Algerien grundsätzlich überdenken. Halbdemokratischer Überwachungsstaat, unsichtbare, korrupte Elite, soziales Pulverfass et cetera pp. Die Staatssekretärin, sagte Ebert, habe den Minister informiert. Wie man höre, sei er empört. Er habe angeordnet, dass die zuständigen Referate im BMV g und BMW i kontaktiert würden. Der Verdacht der Bestechung sorge für allergrößte Unruhe. Dazu die Äußerungen des Landesbischofs. Aus dem Bundespräsidialamt – dem Bundespräsidialamt! – seien inoffiziell erste Rückfragen eingegangen, auch im Kanzleramt sei man hellhörig geworden.
    »Ich muss ins Büro zurück«, flüsterte Wiebke Ebert.
    Wegner hörte die Toilettenspülung. Ins Rauschen hinein sagte er: »Sie können jetzt nicht fort.«
    Ebert hatte nicht verstanden. Er wartete, bis der Wassertank gefüllt war, und wiederholte es langsam, Wort für Wort, die Wut und die Panik mühsam unterdrückend. Sie – konnte – jetzt – nicht – fort.
    »Ich verstehe nicht …«
    »Keine Reise«, sagte er. »Kein Pazifik. Nicht jetzt. Ich brauche Sie im Ministerium. Regeln Sie das. Erfinden Sie was. Der Veranstalter ist pleite. Der Pazifik ist ausgetrocknet. Egal. Kein Urlaub. Sie – können – jetzt – nicht – fort.«
    Stille am anderen Ende der Leitung. Nicht einmal ihr Atem war zu hören.
    »Wiebke.«
    »Aber mein Flug geht doch schon übermorgen …«
    »Ist storniert.«
    Stille.
    »Wiebke.«
    »Mein Flug ist storniert?«
    »Sie hatten einen Herzinfarkt«, sagte Wegner. »Man wünscht gute Besserung.«
    Stille.
    »Wiebke. Ich brauche Sie im Ministerium. Wenn das alles vorbei ist, schenke ich Ihnen die größte, schönste und längste Schiffsreise der Welt und den bestaussehenden

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