Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
Vom Netzwerk:
die Scheibe zogen. Phil hatte inzwischen eine Tasse vor sich stehen, hantierte mit dem Mobiltelefon. Der Honda mit Soudanis Leuten war nicht wieder aufgetaucht. Andere, die unsichtbar blieben, hatten übernommen.
    Die Minuten verstrichen. Eley spürte, wie die Nervosität kam.
    Ein Uhr.
    Als sein Blick erneut auf die gelben Schriftzeichen fiel, kam ihm ein Gedanke. Er nahm das letzte, kalte Würstchen in die Hand und trat auf den Gehsteig hinaus.
    Das Schaufenster des Friseurladens reflektierte Sonnenlicht, spiegelte Bewegungen, Autos, ihn selbst. Am Ende des hell erleuchteten Raumes stand der Friseur, über einen Kunden gebeugt, vorn am Fenster die Topfpalmen, mehrere Hinterköpfe. Und an der Seitenwand ein Gesicht, das Eley sofort erkannte.
    Ein kleiner, sympathisch wirkender Mann um die fünfzig, Schirmmütze auf dem schwarzen Haar, Schnurrbart.
    Sadek Madjer.
    Eley überquerte die in den Platz einmündende Straße, warf einen Blick zurück. Das Gebäude, in dem sich der Friseurladen befand, schloss an weitere Häuser an. Kein Hinterausgang, zumindest nicht ins Freie.
    Er ging weiter. Im Schatten von Arkaden eine Pension, daneben ein kleiner Laden, überfüllt mit verstaubten Waren, Spielzeug, Haushaltsdingen. Er ließ sich Zigaretten geben, die El Watan des Tages. Er war jetzt ruhig, bewegte sich langsam und konzentriert.
    Draußen war alles unverändert. Er setzte sich auf den Sockel eines Arkadenpfeilers, Zigarette im Mund, schlug die Zeitung auf. Mehr als die Überschriften las er nicht.
    Viertel nach eins.
    Ein Mann verließ den Friseursalon, nicht Madjer. Gegenüber telefonierte Phil. Nein, etwas klappte nicht, er sprach nicht. Tippte erneut, hob das Handy zum Ohr, sprach nicht.
    Natürlich nicht, dachte Eley. Djamel Benmedi und Madjer waren gewarnt, ihre Nummern wurden nicht mehr benutzt. Er fragte sich, wann Phil begreifen würde.
    Links von ihm eilte eine Frau mit einem Jungen auf den Friseurladen zu. Sie schob ihn hinein, rief etwas mit heller Stimme, winkte, ging weiter, das bunte kabylische Kleid schwang im Rhythmus ihrer Schritte.
    Rechts lag das Telefon auf dem Tisch.
    Zwanzig nach eins.
    Der Russe begriff als Erster. Er beugte sich zu Phil hinunter, sprach auf ihn ein, die Hand unter dem Jackenrevers. Phil nahm das Telefon, hielt es sich wieder ans Ohr, während er aufstand und Geldscheine aus der Hosentasche zog.
    Auch Eley erhob sich. Die Zeitung faltend, schlenderte er zurück in Richtung Friseur. Egal, was geschah, er durfte Madjer nicht verlieren.
    Rechts begann der Amerikaner zu laufen, der Russe und Phil folgten.
    Es war zu spät.
    Motoren heulten auf, die ganze Stadt auf einmal ein einziges wütendes Grollen und Kreischen. Zivile Fahrzeuge rasten auf den Platz, Streifenwagen im Gefolge. Die Zufahrten wurden blockiert, auch in der Straße unmittelbar vor Eley stellten sich Autos quer, sprangen Polizisten mit Maschinenpistolen ins Freie. Zivilfahnder und Uniformierte rannten über die Gehsteige auf das Café zu. In der Gasse, die Phil und dessen Leute auf dem Weg zum Cayenne überqueren mussten, wimmelte es plötzlich von Streifenpolizisten. Stimmen wurden laut, Französisch, Englisch.
    Eley hörte Phil über den Lärm hinweg lachen, Rufe übertriebener Bewunderung ausstoßen, der blonde Zopf schwang hin und her. Er hatte die Hände gehoben, nahm eine wieder herunter, um dem Amerikaner und dem Russen zu signalisieren, dass sie sich ergeben sollten. Sie gehorchten, Pistolen fielen aufs Pflaster, Hände hoben sich.
    Eley war stehen geblieben, jetzt bewegte er sich weiter, atmete durch. Ein nahezu perfekter Zugriff, ohne dass ein einziger Schuss gefallen war.
    Aber es war noch nicht vorbei.
    Auch die kleinen, alten Männer an den Cafétischen waren aufgestanden. Einer von ihnen machte ein paar schleppende Schritte auf Phil zu. Drei, vier Meter hinter ihm blieb er stehen und zog eine Pistole.
    Phil sah es nicht, sah den Tod nicht kommen.
    Zweimal schoss ihm der Alte in den Hinterkopf. Dann hielt er sich die Pistole an die Schläfe und drückte erneut ab.
    Ein Schrei, der Amerikaner: »No! Phil!« Er riss sich los, verschwand hinter Sicherheitskräften.
    Das trockene Echo der Schüsse war verhallt. Stille senkte sich über den Platz.
    Eley wandte sich dem Friseurladen zu, sein Puls raste. Der Junge und ein paar Männer waren ins Freie gerannt. Madjer war nicht zu sehen. Die Polizisten an der Absperrung vor ihm hatten die Waffen gehoben, manche knieten schussbereit. Vorsicht jetzt, dachte er. Er

Weitere Kostenlose Bücher