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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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hast du sie nicht.«
    Fabio stellte sie ein. Nach dem vierten Klingeln wurde er mit Dr. Marks Sekretärin verbunden. Sie ließ sich seine Nummer geben und versprach, Dr. Mark würde zurückrufen.

9
    Vor der Villa Tuskulum stand ein uniformierter Sicherheitsmann. Fabio zeigte ihm seinen Presseausweis und wurde anstandslos einge lassen.
    Die Auffahrt war verstellt von Fahrzeugen. Transporter voller Kabel, Scheinwerfer, Gerüststangen, Requisiten, Kostüme; Firmenwagen mit dem Logo MYSTIC Productions; Privatfahrzeuge der Crew. Hinter dem Fahrzeugpark war ein Zelt aufgebaut. CINEFOOD stand in großen Lettern über dem Eingang.
    Vor der Villa wachte ein junger Mann mit einem Kopfhörer. Als Fabio näher kam, legte er den Finger auf die Lippen. Fabio verließ den knirschenden Kiesweg und ging um das Gebäude herum.
    Hinter der Villa lag ein Rasenteppich bis zum Seeufer. Ein paar alte Bäume, englische Ulmen, Platanen, Sandbirken und Roßkastanien säumten das Grün. Am Ufer stand ein Bootshaus mit rot und weiß gestreiften Fensterläden. Daneben drei schlanke Pyramidenpappeln. Im Norden begrenzte eine mächtige Trauerweide den Strand.
    Ein paar Fenster im Erdgeschoß der Villa waren mit schwarzen Tüchern verhängt. Drei Beleuchter mit nacktem Oberkörper standen davor und rauchten. Als Fabio näher kam, legte einer von ihnen den Zeigefinger an die Lippen.
    Fabio blieb stehen und wartete. Auf dem See dümpelten ein paar Boote mit schlaffen Segeln. Jemand sprang vom Badefloß, das vor dem Ufer verankert war. Vielleicht ein Statist, der erst später gebraucht wurde.
    Der Himmel war von einem milchigen Blau. Über den Hügelzügen am anderen Ufer baute sich eine Wolkenbank auf. Hoffentlich gab es endlich Regen.
    Zwei Punkte lösten sich vom Hellgrau der Wolken und wurden rasch größer. Sie kamen genau auf die Villa zu. Es waren zwei Kampfjets. Jetzt hörte er auch den Düsenlärm, leise noch und aus einer Richtung, in der sich die beiden Flieger längst nicht mehr befanden. Bevor sie das Ufer erreichten, drehten sie gegen Norden ab. Sekunden später dröhnte der Lärm der Aggregate über die stille Villa.
    »Scheiße!« schrie eine Stimme hinter den verhängten Fenstern. Kurz darauf ging eine Terrassentür auf. Alte Damen in schwarzseidenen Kleidern der zwanziger Jahre, schwarz gekleidete Herren mit steifen Kragen und ein Mann in einer Ku-Klux-Klan-Robe aus gelbem Satin strömten heraus, gefolgt von einer Schar von Technikern und Crewmitgliedern in hochsommerlicher Kleidung.
    Fabio kannte ein paar von ihnen. Von der jungen Kostümassistentin mit dem Stecknadelkissen am Arm, die gerade den steifen Kragen eines Schauspielers mit einer Papierkrause vor der Hitze und der Schminke schützte, wußte er sogar den Namen: Regula. Er ging auf sie zu. »Hast du Norina gesehen?«
    Regula schien überrascht, ihn hier zu sehen. »Sie ist noch drin.«
    Durch die Terrassentür gelangte man in eine Art Wintergarten, vollgestellt mit den Möbeln, die nicht für den Dreh gebraucht wurden. Aus einer Tür, deren zwei Flügel weit offenstanden, drang Weihrauchgeruch. Feiner Qualm floß heraus und zog an die Decke des Wintergartens.
    Fabio trat ein. Der Salon lag im Halbdunkel. Er war bestuhlt wie ein Vortragsraum. Überall standen Scheinwerfer, Aufheller, Stative. Die Kamera war vor einem Altar aufgebaut. In dessen Mitte stand die Skulptur einer großen Fliege. Ein Meer von Kerzen brannte. Jede Flamme besaß einen Hof aus Rauch, der aus zwei im Raum verteilten Rauchmaschinen gedrungen war und jetzt von einem jungen Mann mit einer Styroporplatte hinausgewedelt wurde.
    Norina hatte einen Kerzenlöscher in der Hand und ging von Kerze zu Kerze. Sie war so in ihre Tätigkeit vertieft, daß sie Fabio s Kommen nicht bemerkte. Mit großem Ernst stülpte sie das Messinghütchen über die Flamme, wartete, bis sie erstickt war, ließ die dünne Rauchsäule des Dochts an die Decke steigen und wandte sich dem nächsten Flämmchen zu.
    Jedesmal, wenn eine Kerze verlöschte, veränderte sich die Beleuchtung ihres Gesichts, wurden die Konturen weicher, die Schattierungen tiefer. Sie sah jung und fromm aus, wie die Mädchen mit den geweihten Kerzen, zu denen er an seiner Erstkommunion hinübergeschielt hatte.
    Sie mußte seine Blicke gespürt haben, denn plötzlich wandte sie den Kopf und schaute ihm direkt in die Augen. Sie ließ eine Sekunde vergehen, dann schüttelte sie stumm den Kopf.
    Fabio ging auf sie zu. Sie wandte sich wieder den Kerzen zu und fuhr

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