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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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leiser als Fabios Rasierapparat. Bestimmt der Rolls-Royce unter den Dildos.
    Fabio legte das Spielzeug zurück und schob die Schublade zu. Aber eine alte Schminkschatulle hatte sich quer gelegt. Er mußte sie herausnehmen und neu plazieren. Darunter kam sein Handheld zum Vorschein.
    Fabio stand vor seinem Schreibtisch und wog den kleinen, grauen Taschencomputer in der Hand. Hier drin mußte ein Teil der Daten gespeichert sein, die in seinem Hirn ge löscht oder unzugänglich waren. Er zögerte, das Gerät einzuschalten, als fürchte er sich vor den neuen Erkenntnissen. Oder davor, auf keine zu stoßen.
    Es war die zweite Befürchtung, die sich bestätigte. Die Termine, die an dem kleinen Bildschirm aufschienen, waren genauso dünn gesät wie in der Datensicherung. Und alle kamen ihm bekannt vor.
    Er schaltete sein Powerbook ein und startete das Handheld-Programm. Die Termine stimmten überein. Auch die Daten in den anderen Programmen. Keine neuen Adressen, keine neuen Notizen, keine neuen Spesen, keine Textdokumente. Entweder hatte er das Handheld seit der letzten Datensicherung nicht mehr benutzt. Oder er hatte die alten Daten der Sicherung vom 5. Juni auf den Taschencomputer kopiert. Etwas, das nicht aus Versehen passieren konnte. Er mußte es mit voller Absicht getan haben.
    Er selbst. Oder jemand anders.
    Er tippte auf das Synchronisationsprogramm des kleinen Geräts. »Letzter Synchronisationsvorgang 5. Juni…« erschien auf dem Bildschirm. Das hatte nichts zu bedeuten. Man brauchte vor der Synchronisation nur kurz das Datum des Powerbooks zu verstellen, und schon trug die Sicherung des Handhelds das gewünschte Datum.
    Er schaltete das Gerät aus und verstaute es wieder unter der flachen Schmuckschatulle in der Schublade. Er nahm zwei Zigaretten aus der Packung und achtete darauf, daß er alles so zurückließ, wie er es angetroffen hatte. Er setzte sich wieder an den Schreibtisch und ordnete seine Gedanken.
    Fabio öffnete auf seiner Festplatte einen Ordner namens Backups. Er enthielt eine Kopie der Daten seines Handheld-Programms, wie er sie für alle Fälle in unregelmäßigen Abständen herstellte. Sie trug das Datum des 5. Juni.
    Jemand hatte sein Handheld und sein Powerbook manipuliert. Jemand hatte, als er im Krankenhaus lag, die aktuellen Daten durch diese Sicherung ersetzt, alle Daten auf seinem Handheld gelöscht und dann die alten Daten übertragen.
    Daß es in Marlens Schminktisch versteckt war, konnte nur bedeuten, daß sie etwas mit der Manipulation zu tun hatte. Er wußte nicht, wie gut sie sich mit Computern auskannte, aber für diese Art von Manipulation brauchte es kein Computergenie.
    Fabio steckte sich eine Zigarette an, inhalierte und blies den Rauch an die Decke.
    Wenn es Marlen war, wie kam es dann, daß die Datensicherung in der Redaktion auch vom 5. Juni stammte?
    Sie mußte einen Komplizen in der Redaktion haben. Er brauchte nicht lange zu überlegen, wen.
    Fabio drückte die Zigarette aus, schaltete das Powerbook ab und räumte den Schreibtisch auf. Die zerknüllte Taxiquittung fiel ihm in die Hände. Er strich sie glatt.
    Die Adresse der Redaktion stand da und als Fahrziel: Auweg 12. Die Adresse sagte ihm nichts. Er rief die Auskunft an und erfuhr, daß dort ein Dr. Andreas Barth gemeldet sei. Er hatte die Quittung der Fahrt zum Interview mit Dr. Barths Witwe gefunden. Er blätterte in seinem Ringbuch und heftete den Zettel auf den 16. Mai.
    Er hatte das Buch schon geschlossen, als ihm bewußt wurde, daß die Daten nicht übereinstimmten. Die Quittung war auf den 18. Mai ausgestellt.

10
    Der drückende Tag wurde von einem schwülen Abend abgelöst. Fabio stand auf dem Balkon und schaute auf den Rasen hinunter. Der Hauswart war dabei, zwei Gartenschläuche auszulegen. Er hieß Anselmo. Wie die Amsel, die abends am Amselweg auf der Birke sang. So hatte Fabio sich den Namen gemerkt.
    Marlen hatte angerufen. Sie müsse sich mit einem Journalisten im Outcast treffen, es werde später. Fabio war froh über den Aufschub. Er wußte noch nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte.
    Weshalb stimmten die Daten seines Besuches bei Jacqueline Barth nicht überein? Hatte er das Datum falsch eingetragen? Hatte sich der Taxifahrer verschrieben? War der Besuch verschoben worden? Oder war er ein zweites Mal hingefahren?
    Anselmo setzte zwei Rasensprenger in Betrieb, trotz der behördlichen Wassersparaufrufe. Er schaute zu Fabio herauf und rief: »Causio, Rossi, Bettega!«
    »Ciao!«

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