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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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Einhaltung. Momentan waren sie in einer Restrukturierungs und Innovationsphase.
    Schnell hatte vor zweieinhalb Monaten den Firmengründer als Geschäftsführer abgelöst und war jetzt dabei, »den Laden für die Herausforderungen der Zukunft auf Vordermann zu bringen«.
    »Denken Sie nur an den Nachweis von gentechnisch verändertem Material in Lebensmitteln. Oder was da auf dem Gebiet der Prionen noch alles auf uns zukommt. Sie wissen, was Prionen sind?«
    »Die Ursache von BSE.«
    »Und höchstwahrscheinlich auch der neuen Form von Creutzfeldt-Jakob. Prionen sind - wenn Sie so wollen - falsch gewickelte Eiweiße. Sie überstehen Temperaturen von über sechshundert Grad.«
    Fabio machte artig Notizen. Erst als ihm Dr. Schnell eine Pressemappe übergeben hatte - sie enthielt vor allem die Meldung über den Wechsel an der Spit ze der LABAG, drei Fotos von Dr. Schnell und eine kurze und lange Fassung von dessen Lebenslauf -, lehnte sich der Laborchef in seinem Drehstuhl zurück und sagte: »Schießen Sie los.«
    Fabio begann mit ein paar Präzisierungen zu seinen Notizen und stellte dann Fragen zu Dr. Schnells Karriere, die dieser gerne und ausführlich beantwortete. Er machte einen Umweg über das Organigramm und fragte dann beiläufig: »Kannten Sie Doktor Barth?«
    Schnell zögerte kurz. »Nur von weitem. Es passierte ein paar Tage, bevor ich hier anfing. Weshalb fragen Sie?«
    »Aus persönlichem Interesse. Ich hatte seine Witwe im Zusammenhang mit einer anderen Geschichte kennengelernt. Was war seine Aufgabe?«
    »Er leitete die Lebensmittelkontrolle. Und daneben tüftelte er an neuen Laborverfahren. An sich richtig. Nur - er war nicht der richtige Mann dafür. Wir werden in Zukunft Spezialisten beschäftigen.«
    Der Rundgang durch die Laborräume, wie sie waren, und die Laborräume, wie sie bald sein würden, dauerte anderthalb Stunden. Bevor er gehen dur fte, mußte Fabio versprechen, daß Dr. Schnell den Bericht gegenlesen dürfe. Mit Mühe gelang es ihm, sich nicht auf ein Datum festlegen zu lassen.
    Fabio ging gemächlich den Weg am Bahndamm entlang. Gerade als er die LABAG verlassen hatte, war eine S-Bahn vorbeigedonnert. Die nächste würde erst in fünfundzwanzig Minuten kommen.
    Es war nach fünf, aber die Sonne brannte immer noch unbarmherzig auf das schmale Teersträßchen. Am Bahndamm summten Bienen zwischen Malven, Storchenschnabel, Klatschmohn und Gänsefuß.
    Hinter sich hörte er Schritte. Er drehte sich um. Es war eine Frau in seinem Alter. Sie war ihm in einem der Labors aufgefallen, weil sie an der rechten Augenbraue eine dichte Reihe Goldringe trug.
    Sie überholte ihn und murmelte einen Gruß.
    Als er die kle ine Bahnstation erreichte, sah er sie wieder. Sie hatte sich am Automaten eine Cola gekauft und öffnete die Dose mit weit von sich gestreckten Armen. Es gelang ihr, sich nicht vollzuspritzen, aber Fabio bekam etwas davon ab.
    »Entschuldigen Sie«, sagte sie, klaubte ein Papiertaschentuch aus der Handtasche und hielt es Fabio hin. Sie schaute zu, wie er damit an seiner Hose herumrieb. »Cola. Das geht nie mehr raus«, stellte sie fest.
    »Sprechen Sie als Lebensmittellaborantin?« fragte Fabio.
    »Ich spreche aus Erfahrung«, sagte sie.
    Sie hieß Bianca Monti, und ihre Eltern stammten aus Pesaro, der Hauptstadt der Provinz Pesaro e Urbino.
    Als die Bahn kam, setzten sie sich gegenüber und versuchten herauszufinden, ob sie gemeinsame Bekannte hatten. Erst kurz bevor sie ihre Station erreicht hatte, kam er dazu zu fragen:
    »Hattest du« (sie duzten sich, seit sie italienisch sprachen)
    »Doktor Barth gekannt?«
    »Ich war seine Assistentin. Warum?«
    »Ich habe seine Frau kennengelernt. Kennst du sie?«
    »Nur von weitem. Auf der Beerdigung.«
    »Wie war er?«
    »Nett. Nett und traurig.«
    »Traurig?«
    »In letzter Zeit schon.«
    »Hast du eine Ahnung, weshalb er es getan hat?«
    »Es ist nur eine Vermutung. Aber ich glaube, es hat mit Schnell zu tun. Er wollte ihm die Entwicklungsabteilung wegnehmen.«
    »Deshalb bringt sich doch niemand um.«
    »Wenn es einem sonst nicht so gut geht, braucht es manchmal wenig.«
    Biancas Station wurde ausgerufen. Die Bahn wurde langsamer. »Woran arbeitete er?« fragte Fabio, als sie aufstand.
    »An einem Nachweisverfahren für Prio nen in Lebensmitteln.« Die Bahn kam zum Stehen, Bianca stand auf, Fabio begleitete sie bis zum Ausgang. Sie öffnete die Tür und trat auf den Bahnsteig. »Vielleicht einmal in Pesaro«, sagte sie.
    »Oder in Urbino«,

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