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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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alles.«
    »Über alles redet man mit Freunden.«
    Lucas kam die drei Stufen bis zum Treppenabsatz herauf. Er war jetzt auf Augenhöhe. Fabio roch seinen Schweiß. Er ist ja nett, dein Freund, hatte Norina einmal gesagt, aber er sollte sich öfter waschen. Und jetzt teilte sie mit ihm das Bett.
    Dieser Gedanke rückte den Lucas, der vor ihm stand, wieder etwas näher an den Lucas, den er haßte. »Wo ist meine Geschichte, Lucas?«
    »Was für eine Geschichte?«
    »Die Geschichte, die du mir geklaut hast. Die Geschichte, deren Spuren du gelöscht hast. Die Geschichte, für die du dir Zugang zu meinem Powerbook und meinem Handheld verschafft hast. Die Geschichte, für die du Doktor Barths Unterlagen unterschlagen hast. Die LEMIEUX-Geschichte!«
    Lucas suchte nach Worten und fand: »Ich weiß nicht, wovon du sprichst.«
    Er log. Fabio kannte ihn. Es gab keinen Zweifel, daß er log. Er log, log, log.
    »Danke. Mehr wollte ich nicht wissen«, sagte Fabio und ließ Lucas auf dem Treppenabsatz stehen.
    Auf dem Bett lag seine Wäsche. Frisch gebügelt, wohlrieche nd und säuberlich sortiert nach Hemden, Hosen, T- Shirts, Unterwäsche und Socken. Frau Micic hatte, entgegen ihrer Ankündigung, schon heute alles gebracht.
    Fabio öffnete den Schrank. Ein muffiger Geruch schlug ihm entgegen. Er schloß ihn wieder und ließ die Sachen auf dem Bett liegen.
    Er startete das Powerbook und prüfte seine Mailbox in der schwachen Hoffnung, daß Norina auf seine Liebesnachricht reagiert hatte. Sie hatte nicht.
    Er schrieb ihr eine neue gleichen Inhalts. Betreff: ›Liebe‹. Text: ›Ich liehe Dich. F.‹ Er fand die Notiz mit der E-Mail-Adresse, die ihm Sarah gegeben hatte. [email protected]. Wenn er yellonet-Kunde war, mußte er ja einen Zugang zu diesem Provider eingerichtet haben. Aber er fand keine solche Konfiguration auf seiner Harddisk. Wahrscheinlich war auch sie Lucas' Säuberungsaktion zum Opfer gefallen.
    Er brauchte zwanzig Minuten, um yellonet neu zu installieren. Als Paßwort kamen nur Tardelli oder Altobelli in Frage. Es war Tardelli.
    Er klickte seine In-Box an, und das System begann die Nachrichten herunterzuladen. Es waren zweiundzwanzig. Es klopfte. Fabio ging an die Tür und linste durch den Spion. Kleine schwarze Zöpfchen. Er öffnete. »T'es seul?«
    »Très seul«, antwortete Fabio und ließ Samantha ein. Sie war ungeschminkt und trug einen Sarong, diesmal über den Brüsten gekreuzt und hinter dem Nacken zusammengeknotet. Ohne Schminke sah sie noch jünger aus. »Was machst du?« fragte sie.
    »Arbeiten. Und du?«
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Weinen.«
    »Warum?«
    »Heimweh.« Zwei Tränen liefen jetzt über beide Wangen und den Hals hinunter. Die Grübchen über den Schlüsselbeinen fingen sie auf, als wären sie eigens dafür geschaffen. »Woher bist du?« Die Frage war als Ablenkung gedacht, aber jetzt legte Samantha erst richtig los.
    »Guadeloupe!« schluchzte sie, umschlang ihn mit beiden Armen und verbarg ihr Gesicht an seiner Brust.
    Fabio drückte sie an sich und streichelte die samtige Haut ihres Rückens. Er fühlte, wie sein weißes Hemd feucht wurde, und hoffte, daß schwarze Frauen keine Wimperntusche benutzten.
    »Hast du Taschentücher?« fragte sie nach einer ganzen Weile. Fabio holte Papiertaschentücher aus dem Bad. Sie trocknete sich Gesicht und Augen, schneuzte sich und versuchte ein Lächeln. Es gelang ihr überraschend gut. »Hast du etwas zu trinken?«
    »Mineralwasser, Cola.«
    »Cola, bitte.«
    Fabio holte die Flasche aus dem winzigen Kühlschrank, schenkte zwei Gläser voll und reichte ihr eines. Sie trank einen Schluck. »Hast du etwas zum Hineintun?«
    »Eis? Zitrone?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Alkohol.«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Moment.« Sie ging hinaus und kam mit einer Flasche farbloser Flüssigkeit zurück. »Guadeloupe«, erklärte sie, schraubte die Flasche auf und wollte ihm einschenken. Fabio hielt die Hand über seine Cola. »Danke, ich muß noch arbeiten.«
    »Ich auch, komm.« Sie hielt die Flasche über sein Glas. Fabio schüttelte den Kopf. Samantha gab auf, goß einen kräftigen Schuß in ihr Glas, nahm einen Schluck und seufzte.
    »Das Beste gegen Heimweh. Was ist deine Arbeit?«
    »Schreiben.«
    »Verstehe, das geht nic ht besoffen.«
    »Was ist deine?«
    »Tanzen.«
    »Das geht doch auch nicht besoffen?«
    »Ein bißchen besoffen ist besser. Es ist Tanzen mit Ausziehen.«
    »Ach so.«
    Sie zeigte auf die Wäsche auf dem Bett. »Verreist

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