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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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angeboten habe, und zeigte ihm die Passage der schriftlichen Kündigung: »Falls meine Nachfolge vor diesem Datum geregelt ist, bin ich selbstverständlich auch mit einem früheren Termin einverstanden.«
    Als Kompromiß bot er ihm an, die Differenz zu teilen.
    Fabio regte an, die Frage prüfen zu lassen, ob ein Unfall die Kündigungsfrist nicht überhaupt bis zur Genesung außer Kraft setzte. Man einigte sich auf die Auszahlung des Gehalts bis zum regulären Termin, Ende August.
    Als dieser Punkt geregelt war, kam Nells Einsatz. Bei ihm ging es um offene Spesenabrechnungen, für die Fabio keine Belege hatte. Fabio willigte wutschnaubend ein, daß diese mit dem Restgehalt verrechnet würden.
    Zum Schluß legte Nell vier Belege auf den Tisch. Eine Bahnfahrt nach Rimbühl und zurück, ein Mittagessen im Speisewagen, zwei Taxiquittungen, eine von Rimbühl zu POLVOLAT und eine von POLVOLAT nach Rimbühl. Alle vier trugen das Datum vom 22. Mai und waren mit Fabios Kürzel abgezeichnet.
    »Ich kann sie keinem Thema zuordnen, vielleicht können Sie mir helfen.«
    »Herr Nell«, sagte Fabio, lauter, als normalerweise in diesem Raum gesprochen wurde. »Ich leide unter einer retrograden Amnesie, die am achten Mai beginnt und ungefähr am dreiundzwanzigsten Juni endet. Wie zum Teufel soll ich da wissen, was ich am zweiundzwanzigsten Mai in Rimbühl zu tun hatte?«
    Nell sah hilfesuchend zu Koller. Dieser sprang ihm zur Seite:
    »Kein Grund, laut zu werden, Herr Rossi. Es ist nur so, daß sich in der Redaktion niemand erklären kann, was Sie dort machten. Wir dachten, es handle sich vielleicht um etwas Privates. Nicht, daß Sie sich an den Tag erinnern, aber es hätte ja sein können, daß Sie dort Verwandte haben oder sonst irgendeine Beziehung.«
    »Ich rechne meine Beziehungen nicht mit Ihnen ab. Wenn Sie einen Spesenbeleg haben, dann, weil es sich um Arbeit handelte.«
    »War nur eine Frage. Ist ja auch kein Vermögen, hundertvierundachtzig dreißig.« Er nahm die Belege und visierte sie mit einem seiner großkotzigen Federstriche.
    Bevor er das Haus verließ, ging Fabio in der Redaktion vorbei. Er fand Sarah in ihrem Büro. »Wie ist es gegangen?« erkundigte sie sich.
    »Er hatte seinen Kettenhund dabei. Ich weiß nicht, wer von beiden schlimmer ist. Die wollten mir Spesen vom zweiundzwanzigsten Mai abziehen. Hast du eine Ahnung, was ich in Rimbühl bei einer Firma POLVOLAT verloren hatte?«
    Sarah schüttelte den Kopf. »Vielleicht die große Sache.«
    »In Rimbühl? Kannst du mal nachsehen?«
    Sarah tippte »POLVOLAT« ein. Adresse und Telefonnummern erschienen auf dem Bildschirm. Und der Zusatz »Sprühmilchpulver und Spezialpulver«.
    »Vielleicht hast du recht«, sagte Fabio, »vielleicht war es doch die große Sache.«
    Sarah gab ihm zwei Briefe. Beide stellten sich als an ihn persönlich und handschriftlich adressierte Pressecommuniqués heraus. »Soll ich dir deine Post in Zukunft nachschicken?«
    Sie schrieb seine neue Adresse in ihre Agenda. »Nette Gegend« war alles, was sie dazu bemerkte.
    »Was passiert eigentlich mit den Mails, die noch für mich kommen?«
    »Die werden automatisch auf deinen privaten Server weitergeleitet.«
    »Da kommt aber nichts an.«
    Sarah schaute nach. »Doch, geht alles an [email protected]
    »Kenne ich nicht, diese Adresse.«
    Sarah blätterte in ihren Unterlagen. »Du hast sie mir angegeben.«
    »Wann?«
    »Am fünfzehnten Juni.«
    Fabio notierte sich die E-Mail-Adresse und verabschiedete sich.
    An der Lifttür hing ein Schild: »Außer Betrieb, Revision.« Fabio ging zu Fuß. Im zweiten Stock kam ihm jemand entgegen. Lucas. Er ging mit gesenktem Kopf die Stufen hinauf. Fabio blieb auf dem Treppenabsatz stehen.
    Lucas ging weiter. Er sah Fabios Füße, blickte auf, blieb stehen und wurde rot.
    »Ciao«, sagte er.
    »Ciao«, antwortete Fabio. Er stand drei Stufen über ihm und hätte ihn bequem in die Visage kicken können. Weshalb tat er es nicht? Er hatte Lucas in Gedanken schon hundertmal auf jede erdenkliche Weise niedergemacht, und jetzt, wo er vor ihm stand, konnte er nicht einmal genug von diesem Haß mobilisieren, um ihm ins Gesicht zu spucken. Lucas sah aus wie immer. Eine vertraute Erscheinung. Der Lucas, den er haßte, war ein anderer als der, der hier zu ihm hochblickte.
    »Wie geht's?« fragte Lucas.
    »Es geht. Und dir?«
    »Durchzogen.«
    »Und Norina?« hörte Fabio sich fragen.
    »Arbeitet viel. Hör mal, wollen wir nicht reden?«
    »Worüber?«
    »Über

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