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Ein perfekter Freund

Ein perfekter Freund

Titel: Ein perfekter Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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sie nicht bringt.«
    »Gib's auf, Fabio.«
    »Hörst du? Er hat sich kaufen lassen!« schrie er.
    Sie hatte das Gespräch beendet.
    Das Cafe Boulevard war bis auf den letzten Tisch besetzt. Fabio stellte sich an und wartete, bis etwas frei wurde.
    Plötzlich entdeckte er Bianca. Sie saß mittendrin an einem Tisch und winkte. Er drängte sich zwischen den Tischen durch und setzte sich zu ihr. In ihren weißen Bermudas und der fast klassischen hellblauen Sommerbluse sah sie aus wie eine höhere Tochter. Wäre die Reihe Goldringe in der rechten Augenbraue nicht gewesen.
    »Ich hab dich schon lange gesehen, aber ich mußte den Tisch verteidigen«, erklärte sie aufgeregt. »Ich war zu früh.«
    Die nächsten zehn Minuten waren sie damit beschäftigt, die Aufmerksamkeit des zuständigen Kellners zu erhaschen. Als sie bestellt hatten - Eis und Espresso, wie in Pesaro -, fragte Bianca:
    »Privat oder als Journalist?«
    »Als Journalist.«
    Bianca versuchte sich nicht anmerken zu lassen, daß sie auf eine andere Antwort gehofft hatte. »Dann darf ich nur über das Wetter reden. Steht neuerdings im Vertrag.«
    »Du hast einen neuen Vertrag, der dir verbietet, mit Journalisten zu sprechen?«
    »Glaubst du, es wird endlich Regen geben?«
    »Sieht nicht so aus. Gibt es noch andere Änderungen im Vertrag?«
    »Das ist jetzt die vierte Woche ohne Regen.«
    Der Kellner brachte das Eis und die Espressi. »Darf ich das gleich kassieren?« fragte er.
    Fabio bezahlte. »Ich war in Amalfi.«
    »Ist es so schön, wie alle erzählen?«
    »Ja. Ich habe dort die Witwe von Doktor Barth getroffen.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie scheint darüber hinwegzukommen.«
    »In Amalfi.«
    Sie aßen schweigend ihr rasch schmelze ndes Eis.
    »Du hast gesagt, Barth habe an einem Nachweisverfahren für Prionen in Lebensmitteln gearbeitet. Könnte es sein, daß er Erfolg hatte?«
    »Ich habe nicht mit dir gesprochen. Klar?«
    »Klar.«
    »Ich werde schwören, daß ich dich nie gesehen habe.«
    »Das wird nicht nötig sein.«
    »Eine Weile hatte ich gedacht, er hätte etwas gefunden. Er wirkte euphorisch und arbeitete nächtelang. Aber dann, von einem Tag auf den anderen, hörte er auf. Er war sehr deprimiert. Da dachte ich: War wohl nix.«
    »Wann war das?«
    »Die letzten Wochen vor seinem Tod.«
    »Und in der Zeit davor, hat er da immer allein gearbeitet?«
    »Ich habe ihm manchmal geholfen. Selten. Es waren unbezahlte Überstunden.«
    »Dann müßtest du doch einiges wissen über das Projekt.«
    Bianca schüttelte den Kopf. »Ich bin Chemielaborantin. Hier ging es um Immunologie und Antikörper. Davon habe ich keine Ahnung. Doktor Barth tat auch sehr geheimnisvoll. Er sagte mir nur, er arbeite an der Entwicklung von Antikörpern, die auf Prionen ansprechen.«
    Ein paar Tische weiter standen zwei Leute auf, und zwei andere setzten sich. Es waren Marlen und das Latino-Bärtchen. Sie schaute kurz herüber und sofort weg, als sie ihn erkannte.
    Fabio wandte sich wieder Bianca zu: »Es muß doch Aufzeichnungen geben über die Experimente.«
    »Wenn es eine Fehlanzeige war, hat er sie vielleicht weggeschmissen.«
    »Wäre das normal?«
    »Normal nicht, aber menschlich. Willst du wissen, was ich glaube?«
    Fabio nickte.
    »Doktor Barth wußte, daß ihm Schnell die Forschung und Entwicklung wegnehmen würde. Seine Chance war, rechtzeitig einen Knüller zu finden. Als das schiefging, resignierte er.«
    »Klingt plausibel«, sagte Fabio.
    »Aber du glaubst es nicht.«
    »Ich habe eine andere Theorie.«
    »Da bin ich aber gespannt.«
    »Das mußt du noch eine Weile bleiben.«
    Aus dem Augenwinkel beobachtete Fabio, wie Marlens Begleiter aufstand und ins Lokal hineinging. Sie blieb allein am Tisch sitzen. Er spürte, wie sie herüberschaute.
    »Ich kann dir nicht mehr sagen«, fuhr Fabio fort, »als daß ich nicht ganz sicher bin, daß er die Lösung nicht doch gefunden hatte.«
    »Aber weshalb sollte er sich dann umbringen? Er wäre ein gemachter Mann gewesen.«
    »Wie gesagt, ich kann dir vorläufig nicht mehr sagen. Vielleicht, wenn wir das nächste Mal wieder nicht miteinander sprechen.«
    In diesem Moment begann sein Handy Ravels Bolero zu spielen. Er tat, als hörte er es nicht.
    »Antwortest du nicht?« fragte Bianca. Er klaubte es aus der Tasche. »Ja?«
    »Stehst du jetzt auf Piercing?« fragte Marlens Stimme. Er schaltete das Gerät aus und murmelte: »Falsch verbunden.«
    Am Sonntag ging Fabio zum erstenmal seit dem Ereignis schwimmen. Nicht in den See,

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