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Ein perfektes Leben

Ein perfektes Leben

Titel: Ein perfektes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonardo Padura
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geworden, diese Wohnung ist ein Eisschrank, so nah am Meer, außerdem hab ich Kopfweh, wahrscheinlich hab ich zu viel geschlafen … Also, ich glaube, ich kenne Rafael ziemlich gut, stellen Sie sich vor, ich arbeite jetzt schon fast neun Jahre für ihn, ja, klar, ich hab im Zentrallager des Ministeriums angefangen, er hat mir die Stelle als Stenotypistin verschafft, ich hatte ja überhaupt keine Erfahrung, aber er hat mir sehr geholfen, das war, als der Vater meines Kindes abgehauen ist, von Mariel aus, ich habs erst erfahren, als er schon drüben war, so was Verrücktes, ohne mir vorher was zu sagen, einfach so, zack! Nach Miami ist er gegangen, zusammen mit seinem Onkel, hat hinter meinem Rücken alles vorbereitet, nicht mal mir hat er sich anvertraut, und von seinem Sohn hat er sich auch nicht verabschiedet, ganz schrecklich, was soll ich dazu sagen … Und weil ich etwas Schreibmaschine konnte und Abitur hab … aber mit dem Kleinen und so, na ja, Familiengeschichten eben, ich weiß nicht, meine Mama hatte sich noch nicht damit abgefunden, dass ich schwanger geworden war, bevor ich geheiratet hatte, und da sagte ein Nachbar, einer vom Comité, der sagte zu mir, da wo er arbeitet, im Lager, würde eine Tippse gesucht, keine schwere Arbeit, nur Tabellen und Preislisten und so was. Ach, ich verlier immer den Faden, na ja, ich hab also da angefangen, und weil das Verhältnis zu meiner Mutter besser wurde, konnte ich einen Abendkurs für Sekretärinnen belegen, und Rafael hat mir sehr geholfen, jeden Samstag hat er mir freigegeben, damit ich mich um meine Sachen kümmern konnte, um meinen Sohn, weil … jeden Tag zur Arbeit und dann die Abendschule, und das zwei Jahre lang … Und als ich die Prüfung hatte, hab ich die Stelle als Sekretärin gekriegt, die war schon ’ne ganze Weile frei gewesen, aber Rafael hat sie für mich freigehalten, ich hatte die Arbeit ja sowieso schon vorher die ganze Zeit gemacht. Rafael. Sie müssen sich vorstellen, ich habe in ihm immer einen richtigen Freund gesehen, ich weiß nicht, ob Sie was mit meinem Gerede anfangen können, aber für mich ist er ein guter Freund, glauben Sie mir, ich kann mir keinen besseren Chef wünschen, liebenswürdig und mitfühlend und so und verantwortungsbewusst, kümmert sich um alles und jeden, vorher schon und jetzt auch hier in der Firma, weil, klar, das Problem war, er hat mich gebeten, mit ihm zur Firma zu kommen, und hier ist alles viel komplizierter, er brauchte Leute, auf die er sich verlassen kann, bei der Riesenverantwortung, die er hat, fast alles mit Dollars und mit ausländischen Firmen und so, Sie wissen ja … eine Riesenverantwortung, aber er hat alles im Griff, wie man so sagt, immer, wirklich immer, sehen Sie, er hatte nie Probleme, soweit ich mich erinnern kann, mit keinem der Angestellten, fragen Sie García, den von der Gewerkschaft, der wird es Ihnen bestätigen. Nein, nein, und deswegen kann ich mir gar nicht erklären, was da passiert ist, alles war wie immer, in den letzten Wochen hatten wir natürlich viel Arbeit mit der Planung für 89, und weil wir bis spät in die Nacht gearbeitet haben, hat er mich im Wagen nach Hause bringen lassen oder hat mich selbst nach Hause gefahren, ich weiß gar nicht, was ich denken soll, Rafael einfach so von der Bildfläche verschwunden, ich kanns noch gar nicht glauben … Es muss ihm was passiert sein, oder? Sehen Sie, als Alfredito sechs Jahre alt war, Alfredito ist mein Sohn, mit sechs Jahren bekam er schreckliches Fieber, ich dachte schon, er würde mir sterben, wie Rafael sich da mir gegenüber verhalten hat, besser als wär er der leibliche Vater, eine Extraration Fleisch, ein Wagen fürs Krankenhaus, einen ganzen Monat Vorschuss, na ja, ist auch nicht so wichtig, aber wie er sich verhalten hat, und nicht nur bei mir, immer hat er sich so verhalten, allen gegenüber, ich weiß Bescheid, fragen Sie García, den von der Gewerkschaft. Der Ärmste … Einen Anruf? Am Ersten? Nein, nein, das letzte Mal, dass ich ihn gesehen hab, das war am Dreißigsten, weil am Einunddreißigsten wurde nicht gearbeitet, er hat mich nach Hause gebracht, bis vor die Tür, und dann ist er noch mit raufgekommen auf einen Kaffee, er sei sehr müde, hat er gesagt, »hundemüde«, hat er gesagt, wir haben uns nämlich noch etwas unterhalten, und er hat mir was geschenkt … eine Kleinigkeit, hat er gesagt, »eine kleine Aufmerksamkeit für Neujahr«, Sie wissen ja, wenn man so lange zusammenarbeitet, ganz eng zusammen,

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