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Ein perfektes Leben

Ein perfektes Leben

Titel: Ein perfektes Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonardo Padura
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stattfindet, werden Ungeheuerlichkeiten entdeckt, die sich niemand vorstellen konnte und sich niemand erklären kann. Aber es gibt sie einfach. Hast du den Geschäftsführer von Ward schon vergessen, der Millionär geworden ist, oder den von Pío-Pío oder den von … «
    »Ist ja gut, Mario, ist ja gut! Aber ich kann doch wohl noch überrascht sein, ja? Unsereiner neigt immer zu der Ansicht, dass die Leute nicht gar so korrupt sind. Wie du schon sagst, Rafael Morín war ein Kader, der vollstes Vertrauen genoss, und da siehst du, was er getrieben hat … Aber lass uns darüber später reden. Was mich im Augenblick interessiert, ist, wo dieser Kerl steckt. Ich will dem Industrieminister den Fall auf dem Silbertablett servieren.«
    El Conde betrachtete die ausgetrocknete, unappetitliche Popular mit dem verwischten Markenstempel, dem an beiden Enden ausgefransten Tabak, die schlecht geklebte, in Auflösung begriffene Schachtel. Aber es war seine letzte Zigarette, und als er sie anzündete, spürte er genüsslich die Kraft, die in dem Rauch steckte.
    »Brauchst du mehr Leute?«, fragte der Mayor.
    »Nein, lass mich nur machen. Schau, alles deutet darauf hin, dass Rafael die Bombe während seiner Reise nach Barcelona jetzt im Januar platzen lassen wollte. Er hatte vor, sich mit der ganzen Kohle aus dem Staub zu machen. Einen Teil davon hat er bereits sicher investiert. Da er wusste, dass seine Abrechnungen in der Firma im Moment nicht überprüft würden, war er sich vielleicht zu sicher und hat mit den kleinen Schweinereien angefangen, mit den Spesen und den Ausgaben für Repräsentation und so. Einfach nur, um noch mehr rauszuschlagen, ja? Einer der Informanten vom Dicken, ich meine von Capitán Contreras, ein gewisser Yayo El Yankee, der sagt, dass ihn das Foto an irgendwen erinnert. Er müsse ihn aber direkt vor sich sehen, um sicher zu sein. Es ist also auch denkbar, dass Rafael Dollars in Pesos umgetauscht hat, für seine Ausgaben hier in Kuba. Und das waren laut Zoilita keine geringen.«
    »Und die Grenzpolizei hat sich immer noch nicht gemeldet?«
    »Nein, nichts, bis jetzt jedenfalls. Und ich glaube inzwischen, dass da auch nichts mehr kommt. Es erscheint einleuchtender, dass Rafael Äger gekriegt hat und ins Jenseits befördert wurde … Auf jeden Fall steckt Maciques dahinter, da bin ich mir sicher. Denn warum sonst hat Rafael die Unterlagen von Maciques bei sich zu Hause aufbewahrt? Wie dem auch sei, so richtig eng wurde es, als er gehört hat, dass die Leute von Mitachi früher als angekündigt kommen wollten. Hier, das Telefax vom Dreißigsten morgens. Das Geschäft schien sie wohl mächtig interessiert zu haben, und bei guten Geschäften vergessen diese Chinesen Silvesterpartys und Weihnachtsbäume. Rafael wusste, dass bei den Gesprächen auch der Vizeminister und vielleicht sogar der Minister und Leute von anderen Unternehmen anwesend sein würden. Ihm war klar, sag ich dir, dass er auffliegen würde, und er hat sich versteckt oder wurde aus dem Verkehr gezogen. So gesehen ist die Möglichkeit, dass er auf illegalem Weg das Land verlassen hat, mehr als eine Möglichkeit. Andererseits jedoch ist es unwahrscheinlich, dass er das Land verlassen hat, sonst hätte man bis hier das Geschrei gehört. Stell dir vor, Chef, ein richtiger Wirtschaftsmagnat aus Kuba! Und wenn ich eins sicher weiß, ganz sicher, dann dass Rafael bestimmt nicht versucht hat, auf einem Floß mit zwei Lastwagenreifen loszupaddeln und seinen Arsch zu riskieren! Er hätte einen sichereren Weg gesucht und gefunden und wä inzwischen schon in Miami … Nein, Rafael Morín ist in Kuba.«
    »Und wenn er keinen Staub aufwirbeln wollte, damit sein Guthaben in Spanien nicht eingefroren wird?« Mayor Rangel rieb sich die Augen und zappelte unruhig auf seinem Sessel hin und her, was sonst gar nicht seine Art war.
    »Ich glaube, auch wenn er es nicht gewollt hätte, hätte man in Miami Staub aufgewirbelt. Und außerdem hatte er genug Zeit. Er war ein Kader, der größtes Vertrauen genoss, oder?«
    »Das sagtest du schon.«
    »Schön, er wusste, dass niemand so etwas für möglich halten würde. Jede Bank in Miami hätte ihm das Geld binnen einer halben Stunde auf den Tisch geblättert. Er hat damit gerechnet, dass niemand vor Ablauf von ein paar Tagen Verdacht schöpft und niemand auf den Gedanken kommt, dass ein Mann, der acht- bis zehnmal pro Jahr ins Ausland reist, das Land mit einem Boot verlassen könnte.«
    »Ja, ja, so kann es gelaufen sein

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