Ein perfektes Leben
– belaufen sich auf eine Menge Dollars, die genaue Aufstellung zeig ich dir gleich. Es gibt da so was wie ’n Schlüssel, nach dem die Kosten in Relation zu den abzuschließenden Verträgen berechnet werden. Aber guck mal, Rafael hat sich die doppelte Summe bewilligt, so als würde er mehr arbeiten und repräsentieren oder länger wegbleiben. Das ist schon ’n Ding, aber richtig dramatisch wirds bei den Spesen, Mayo! Es fehlen die Vordrucke, die er für die drei Reisen ausfüllen musste. Dafür taucht unerklärlicherweise eine Spesenabrechnung für eine Reise nach Panama auf. Die Reise wurde storniert, aber das Geld hat er eingestrichen. Ich versteh das nicht! Jeder Buchprüfer hätte nämlich sofort drauf stoßen müssen.«
»Ja, sehr merkwürdig … Aber ihr habt doch noch mehr, oder?«, fragte der Teniente, als er sah, dass seine Kollegin die Blätter auf den Tisch legte. Seine Freude verflog mehr und mehr. Nein, diese Stümpereien trugen nicht Rafaels Handschrift.
»Immer langsam, Mayo, ich bin noch nicht fertig.«
»Los, China, zeig mir, dass du besser bist als Chan-Li-Po!«
»Sofort. Jetzt kommts, das hier ist die Lunte der eigentlichen Bombe: Das Unternehmen für Export-Import hat ein Konto bei der Banco Bilbao Vizcaya, und zwar unter dem Namen einer Aktiengesellschaft, die in Panama ein Postfach hat und vermutlich in Kuba durch eine Niederlassung vertreten wird. Sie heißt Rosal und ist so was Ähnliches wie eine Körperschaft. Sieht so aus, als wär sie gegründet worden, um das US-Embargo zu umgehen. Für das Bankkonto in Spanien sind drei Leute unterschriftsberechtigt: Vizeminister Fernández-Lorea, Freund Maciques und natürlich Rafael Morín. Zwei von den dreien müssen aber immer unterschreiben … Verstehst du mich?«
»Ich bemühe mich nach besten Kräften.«
»Dann halt dich jetzt gut fest, Junge! Wenn die Unterlagen, die ich hier habe – es muss nämlich noch weitere geben, die nicht da sind, wo sie sein sollten, aber ich will nichts unterstellen – wenn diese Unterlagen also mich nicht täuschen, dann wurde im Dezember eine große Summe abgehoben, die mit keinem Geschäft aus der Zeit etwas zu tun haben kann.«
»Und wer hat das Geld abgehoben?«
»Tu nicht so naiv, Mayo! Das weiß natürlich nur die Bank.«
»Ich bin aber naiv, China, also klär mich auf: Was ist eine hohe Summe?«, fragte Mario, auf alles gefasst.
»Einige Tausend. Mehr als hunderttausend, mehr als zweihundert, mehr als … «
»Leck mich am Arsch!«, rief Manolo, der gerade nach der nächsten Zigarette suchte. »Und wofür hat er die gebraucht?«
»Was für ’ne Frage, Manolo! Wenn ich hellsehen könnte, wär ich nicht hier und würd Staub schlucken.«
»Komm, China, mach weiter«, flehte Mario sie an. Er sah Tamara vor sich, Rafael auf dem Rednerpodest am ersten Schultag der Oberstufe, den Lagerleiter mit der Glocke in der Hand, den Wohnblock an der Calle 10 de Octubre, das unvermeidliche selbstsichere Lächeln des Mannes, der zurzeit vermisst wurde, und er lachte und lachte …
»Ich bin überzeugt davon, dass das alles mit Mitachi zusammenhängt«, sagte Teniente Wong. »Mayo, die Japaner sollten nicht vor Februar kommen, und vorher sollte Rafael noch einmal nach Barcelona fliegen, um mit einer spanischen Aktiengesellschaft Verhandlungen zu führen. Ich habs noch nicht überprüfen können, aber ich gehe jede Wette ein, dass sie japanisches Kapital hat. Und falls das stimmt, dann wette ich noch einmal, um den doppelten Betrag, dass das Kapital von Mitachi stammt.«
»Langsam, China, langsam, red kubanisch mit mir!«
»Verdammt, Mayo, du bist wirklich zu naiv!«, schimpfte Patricia, doch ihre Augen wurden wieder vom Lächeln verschluckt. »Ist doch sonnenklar: Rafael Morín hat Geschäfte mit Mitachi gemacht, als Privatmann, aber mit dem Geld des Unternehmens, oder genauer gesagt, mit dem von Rosal. Kapierst du jetzt?«
»Jetzt hats bei mir geklingelt«, sagte Manolo, dem der Mund vor Staunen offen stand.
»Und es fehlen Unterlagen, sagst du, China?«
»Es fehlen Unterlagen.«
»Vielleicht befinden sie sich in anderen Archiven?«
»Vielleicht, Mayo, aber das glaube ich nicht. Wenn es nur eine Unterlage wäre … «
»Dann hat man sie also verschwinden lassen?«
»Schon möglich. Aber das Seltsame daran ist, dass nicht alle Unterlagen verschwunden sind. Einige sind vorhanden, sogar die Spesenabrechnungen, die Morín manipuliert hat.«
»Einige fehlen, und andere sind fehl am Platze?«
»So
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