Ein Pirat zum Verlieben
dran! Kommen Sie, Pater Jacob.« Sie versuchte, sich zwischen den Pferden durchzuschieben, aber die Reiter schlossen den Kreis enger um sie. Dann hörte sie ein unverwechselbares Klicken. Sie fuhr zu der Kutsche herum und sah einen Pistolenlauf aus dem verdunkelten Inneren auftauchen. Beringte Finger schlossen sich um die Waffe.
»Einsteigen.«
»Tun Sie es nicht, Kind.«
»Bestimmt nicht, Pater Jacob«, versicherte sie ihm und sagte dann: »Hören Sie, Freundchen, Sie haben offensichtlich die Falsche erwischt. Ich habe keine Ahnung, wer Sie sind, aber ich werde ganz sicher nicht mit Ihnen …«
Er schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Sie zwingen mich zu einem entschiedeneren Vorgehen, junge Dame. Tötet den Priester.«
Die beiläufig gesprochenen Worte ließen Tess’ Herz stillstehen. Einer der Reiter warf geschickt ein Seil über Pater Jacobs Oberkörper, zog es straff an und riss ihn von Tess’ Seite. Im nächsten Moment presste sich ein Pistolenlauf an die Schläfe des Priesters.
»Bitte … tun Sie ihm nichts!«, flehte sie und lief zu dem Wagen. »Ich komme mit, Sie elender Feigling! Ich komme mit!«
»Um der Liebe Gottes willen, Mistress, tun Sie es nicht!«, schrie Pater Jacob, der sich verzweifelt gegen seine Fesseln wehrte. »Gehen Sie nicht! Laufen Sie weg! Schnell!«
»Ich möchte Sie davor warnen, weitere Beleidigungen gegen mich auszustoßen, Madame.« Tess schluckte angesichts der unverhohlenen Drohung. »Und jetzt beeilen Sie sich bitte.« Die juwelengeschmückte Hand schwenkte ungeduldig die Pistole, und sie erhaschte einen Blick auf Spitzenmanschetten und blutroten Brokat, Sie stieg auf den Wagentritt und duckte sich leicht.
»Nein!«, schrie der Priester.
Ein Schuss fiel, und die Kugel zischte so dicht an ihr vorbei, dass ihr die Ohren klangen und ihr geflochtenes Haar versengt wurde. Tess fuhr scharf herum und wedelte hektisch die weiße Rauchwolke weg. Der Priester sackte mit einem dumpfen Laut auf den Boden. Aus dem, was von seinem Kopf geblieben war, strömte ein Blutschwall in den Straßenschmutz. Ihre Beine zitterten, Übelkeit stieg in ihr auf, und den Bruchteil einer Sekunde war sie wie gelähmt.
»Sie Bastard!«, schrie sie und stürzte sich auf den Mörder. Sie schlug mit beiden Händen nach ihm und zerkratzte ihm das Gesicht. »Warum zum Teufel haben Sie das getan?« Ihre Fingernägel rissen seine Wange blutig, und doch machte er keine Anstalten, sie abzuwehren. »Ich habe doch gesagt, dass ich mitkomme, um Himmels willen!« Das Blut, das über ihre Finger lief, verschaffte ihr kaum Genugtuung.
»Keine Zeugen, meine Hübsche«, sagte er. Tess erstarrte. Sein Ton war sanft, weich, viel zu beherrscht für das, was er gerade getan hatte.
Ein ohrenbetäubender Krach zerriss die Nacht, unter dessen Wucht die Erde bebte. Der Mann packte sie am Arm, zerrte sie in die Kutsche und schleuderte sie auf den Boden. Über ihrem Kopf schob er mit dem Pistolenlauf einen kurzen roten Vorhang zurück. Immer wieder kam es in kurzen, unregelmäßigen Abständen zu heftigen Explosionen. Das grelle Licht gelber Flammen zuckte über den tiefschwarzen Himmel und erhellte einen Moment lang sein Gesicht. Seine Finger schlossen sich um ihren Arm. Es war seine einzige Reaktion. Die Bewohner der Stadt rannten aus ihren Häusern. Der Mann ließ den Vorhang zurückfallen und wandte den Blick langsam in ihre Richtung. Sein Gesicht war völlig ausdruckslos. Ich bin so gut wie tot, schoss es ihr durch den Kopf, als sie sich in seinem Griff wand und versuchte, seine Finger von ihrem Arm zu lösen. Gleichzeitig verteilte sie kräftige Fußtritte. Er gab ein kurzes Grunzen von sich, um dann kaltblütig zurückzuschlagen, indem er den Griff der Pistole auf ihre Schläfe hieb. Ein jäher Schmerz detonierte in ihrem Kopf, und alles ringsum schien in sich zusammenzuschrumpfen. Seine dunkle Silhouette schob sich in ihr Blickfeld, und sie sah scharfe, hübsche, von blonden Locken umrahmte Gesichtszüge. Sein Blick fiel auf das Blut, das über ihr Gesicht lief, und er lächelte – eiskalt, ein langsames Entblößen von weißen Zähnen. Dann verlor sie das Bewusstsein und sackte auf den Boden der Kutsche.
***
Holz schwelte, um dann hell aufzulodern; Flammen züngelten wie dünne Fähnchen aus orangeroter Seide. Schießpulver zischte und rauchte, und die Schwefelspuren zogen einen brennenden Pfad zu den Pulverfässern. Dane hielt den Feuerstein an den Stoff und warf die letzte Flasche in das Lagerhaus, riss
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