Ein Pony auf großer Wanderung
doch zu machen sein.“
„Das denke ich ja auch!“ Der Junge nickte heftig. „Ich habe es in unserer Schule auch vorgeschlagen, aber irgendwie bringen sie das nicht fertig. Dabei gibt es das anderswo-Reitstunden für Behinderte, meine ich. Ich gehe in so eine Spezialschule für Schwerbehinderte, wißt ihr. Sie sammeln uns morgens mit dem Kleinbus ein und bringen uns am späten Nachmittag wieder nach Hause.“
„Und hinterher?“
Der Junge zuckte resignierend mit den Achseln. „Meine Eltern sind zu beschäftigt. Nicht, daß sie nicht wollen. Aber sie haben den Hof vor ein paar Jahren in ziemlich schlechtem Zustand übernommen und dann angefangen, diese Geflügelfarm aufzubauen. Sie arbeiten wie die Verrückten, sie können sich nicht auch noch um so was kümmern.“
„Hör mal, wie heißt du eigentlich?“
„Erik. Erik Halver.“
„Also, Erik“, sagte Peter eifrig, „das müßten wir doch schaffen. Ich meine, ich will dir jetzt nichts versprechen“, Peter sah fragend zu den anderen hinüber, „aber wir werden mal darüber nachdenken. Hat einer was zum Schreiben da?“ Bettina zog einen kleinen Block und einen Kugelschreiber aus der Tasche.
„Dann schreib doch mal Eriks Telefonnummer auf. Ich finde, wir sollten das in der Schule diskutieren. Kannst du in deiner Schule abchecken, wer von deinen Mitschülern ernsthaft an Reitunterricht interessiert wäre?“
„Logisch!“
„Ich meine, versprich ihnen noch nichts. Wir müssen erst mal hören, was unsere Bosse dazu sagen, Direktor Hütter, Herr Tiedjen und Ignaz der Schreckliche.“
„Ignaz der Schreckliche?“ Erik zog in komischem Entsetzen die Augenbrauen hoch.
„Der fabelhafteste Lehrer und Reiter, den du dir vorstellen kannst“, erklärte Bille lachend. „Hier hast du auch meine Telefonnummer. Am besten abends nach acht Uhr zu erreichen — ich bin Bille Abromeit . Und das ist Bettina Henrich. Ihre Nummer schreiben wir dir auch auf, falls du mich nicht erreichen kannst. Wir gehen als Externe ins Internat.“
„Hm, das habe ich mir auch gewünscht. Aber da müßte mich jeden Tag einer hinfahren und abholen, das geht nicht. Außerdem, was soll ich in einem Reiterinternat!“
„Sag das nicht — oh...“ Peter hatte eine unvorsichtige Bewegung mit der Schulter gemacht, und der Schmerz durchfuhr ihn wie ein Messerstich. „Ich glaube, ich mache mich jetzt besser auf den Heimweg“, stöhnte er. „Mir ist nicht besonders gut.“
„Komm, stütz dich auf mich.“
Bille beugte sich zu ihm hinunter, und Beppo kam von der anderen Seite zu Hilfe.
„Du solltest jetzt Zottel reiten. Wenn’s die Situation erfordert, transportiert er einen sanft wie auf einer Krankentrage. Ich hab da meine Erfahrungen.“
„Okay, okay.“
„Bettina wird dich begleiten. Beppo und ich kommen auch allein zurecht mit der Arbeit.“
„Klar.“
„Ich muß mich dann auf den Heimweg machen“, sagte Erik. „Also, wir hören voneinander. Und nochmals vielen Dank für... für alles.“
„Alles klar. Und paß um Himmels willen auf, wenn du über die Kreuzung fährst!“
„Logisch. Ein zweites Mal wird mir das nicht passieren.“
„Hoffentlich. Tschüs, Erik!“
„Tschüs, ihr vier!“
Sie sahen ihm nach, wie er vorsichtig die Kreuzung überquerte und unter den Alleebäumen verschwand. Dann holten sie Zottel und Sternchen von der Koppel und sattelten sie. Mit zusammengebissenen Zähnen zog sich Peter auf den Rücken des Ponys. Bille und Beppo unterstützten ihn, so gut sie konnten. Bettina saß bereits im Sattel und nickte ihm aufmunternd zu.
„Ja, ja, ich weiß, ein Indianer kennt keinen Schmerz.“ Peter zwang sich zu einem Grinsen. „Also, bis später, Leute!“
„Mach’s gut, Peter!“
„Willst du wissen, was ich denke?“ fragte Beppo, als die beiden Reiter am Horizont verschwunden waren. „Dieser Peter, also, das ist einfach ein prima Kerl. Eigentlich ungerecht, daß ich jetzt ein eigenes Pferd habe und er nicht. Er hätte es viel mehr verdient.“
„Viel mehr...“ Bille lächelte. „Ich weiß nicht. Sagen wir, er hätte es wirklich verdient. Aber er wird wohl noch lange darauf warten müssen. Na komm, machen wir uns wieder an die Arbeit.“
Als Bille und Beppo am Nachmittag in Groß- Willmsdorf eintrafen, war Peter bereits vom Arzt zurück. Er saß mit den anderen im Speisesaal des Schlosses beim Tee und diskutierte. Peter hatte keine Zeit verloren, seine Idee den anderen mitzuteilen, und damit für einen brandheißen
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