Ein Pony mit Herz
Wochen redet sie davon.“
„Dann ist sie also tatsächlich abgehauen“, murmelte Christine verstört. „Ich wette, sie will sich ohne Geld bis nach Amerika durchschlagen. Mini ist so ’n Typ. Die bringt das!“
„Was meinst du damit?“ fragte Bode und sah Christine durchdringend an.
„Na, sie ist wahnsinnig mutig und geschickt. Sie ist eben ein typisches Artistenkind. Schon überall auf der Welt rumgekommen. Sie hat einfach keine Angst. Vor nichts!“
„Hm“, machte der Beamte und kratzte sich nachdenklich hinter dem rechten Ohr. „Klingt logisch. Gut, ich danke auch für eure Hilfe. Dann werden wir mal sehen, wie wir die Ausreißerin wieder einfangen.“
Bode berichtete Direktor Hütter kurz über den Brief, den er in Minis Schrank gefunden hatte, dann kehrte er in sein Büro zurück und startete eine umfangreiche Suchaktion. Alle Polizeidienststellen der Umgebung bis zur Hamburger Hafenpolizei wurden vom Verschwinden des Mädchens Mini unterrichtet.
Die hockte inzwischen in einem guten Versteck, nur ein paar Kilometer von Wedenbruck entfernt. Eine Tankstelle weit außerhalb eines Ortes und in der Nähe einer Autobahn-Auffahrt schien Mini der geeignete Platz für ihren Plan. Die dichte Tannenhecke, die das angrenzende Grundstück von dem Parkplatz der Tankstelle abschirmte, bot ihr ausreichend Sichtschutz. Von hier aus konnte sie genau beobachten, welche Lastwagen auf dem Parkplatz hielten, wie die Fahrer aussahen und ob sie zum Imbißraum hinübergingen.
Mini mußte lange warten, ehe ein Wagen hielt, der ihr geeignet schien. Die meisten waren fest verschlossen, und die Kennzeichen ließen vermuten, daß sie nicht in die richtige Richtung fuhren. Was sollte sie in Frankfurt oder Mannheim! Sie mußte einen Wagen mit einer Plane finden, unter der sie hindurchschlüpfen konnte, und er mußte in eine Hafenstadt fahren, von der aus sie sich auf ein Schiff schleichen konnte.
Stundenlang hatte Mini gewartet, bis das geeignete Fahrzeug erschien. Es hatte ein Hamburger Kennzeichen, war nicht allzu groß und hatte eine Plane, die mit ein paar Lederschnallen verschlossen war. Der Kleinlaster schien einer Transportfirma zu gehören, er sah ziemlich schäbig aus. Die beiden Fahrer waren eifrig ins Gespräch vertieft und schienen es mit ihrem Gefährt nicht allzu genau zu nehmen. Sie sperrten das Führerhaus nicht ab und gingen, ohne sich noch einmal umzuschauen, zum Imbißraum hinüber.
Das war ihre Chance! Mini löste sich aus ihrem Versteck und schlenderte scheinbar gleichgültig in die Nähe des Wagens. Dann sah sie sich aufmerksam um. Als sie sicher war, von niemandem beobachtet zu werden, löste sie blitzschnell die unterste Schnalle der Plane, zog sich zum Laderaum hoch und war gleich darauf im Wagen verschwunden.
Ihre Augen mußten sich erst an das Dunkel gewöhnen. Der Kleinlaster schien nicht viel geladen zu haben, ein paar Kanister und Kartons, zwischen denen sie es sich leicht bequem machen konnte. Sie suchte sich eine Stelle, an der sie vor den Blicken der beiden Fahrer verborgen war, falls diese vor der Weiterfahrt doch nach der Ladung sehen würden.
Die beiden Männer kamen erst zurück, als es bereits dämmerte. Mini war bereits kurz davor aufzugeben und sich eine andere Transportmöglichkeit zu suchen. Außerdem hatte sie nun tatsächlich stechende Kopfschmerzen, denn den Kanistern entströmte ein beißender Geruch nach scharfen Chemikalien, der ihr Übelkeit verursachte. Doch gerade, als sie sich schwerfällig erhob, um wenigstens etwas Luft zu schnappen, ging die Fahrt los.
Sie blieben nicht lange auf der Autobahn. Schon nach wenigen Kilometern bogen sie ab und fuhren auf einer Landstraße weiter. Abrupt blieb der Wagen stehen, Mini stieß sich heftig den Ellbogen und unterdrückte mit Mühe einen Schmerzenslaut. Im Führerhaus wurde gestritten.
„Was ich dir sage, du bist vorbeigedüst!“ schimpfte der ältere der beiden Männer.
„Na wenn schon, der kleine Umweg! Man kann auch hinten rum über Schönhaide fahren, bei Bisenhoop rechts rein und dann vor bis zum Waldweg“, widersprach der andere.
„Damit uns in Schönhaide auch möglichst jeder sieht!“ murrte der erste.
„Ach was. Ich hab doch das Nummernschild ausgetauscht, was soll schon sein.“
Schönhaide , überlegte Mini. Das kannte sie doch! In Schönhaide gab es ein kleines Gestüt und einen privaten Reitstall. Zu einem Turnier war sie mal dort gewesen, als Helfer für Bille und Tom. Aber warum wollten die Männer
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