Ein prickelndes Spiel (German Edition)
aufschloss. Natürlich hatte sie nie daran gedacht, dass er ihren Blick, als sie hinter dem Spion stand, erwidern würde, geschweige denn, dass er die Frechheit besitzen würde, an ihre Tür zu klopfen und nach einem Handtuch zu fragen, obgleich er noch nicht einmal in seinem Zimmer gewesen war. Das bestätigte allerdings ihren Verdacht.
Sie nippte am Champagner. Das war sicher Dom Perignon. Die Theismans wussten, was sie ihren Gästen schuldig waren. Vor allem an ihrem ersten Hochzeitstag. Was für ein Paar! Mrs Theisman konnte höchstens Anfang zwanzig sein, während Mr Theisman von “Theismans Telecommunications” bestimmt nahe an siebzig war. Seine wievielte Frau das wohl war? Doch sicher Nummer drei, vielleicht auch schon Nummer vier.
Nicole nickte einer Frau freundlich zu, die auf sie zukam. “Ein reizendes Paar, finden Sie nicht?”, sagte die Frau.
Nicole sah sie fragend an. Also, von reizend konnte hier nun wirklich keine Rede sein. So lächelte sie nur und verschwand in der Menge.
Ihre Füße schmerzten in den teuren Pumps. Im Grunde stand es ihr gar nicht zu, die Partnerwahl anderer Menschen zu kritisieren. Wenn sie sich ihre Freunde nicht nur nach dem Aussehen aussuchen würde, dann würde sie nicht regelmäßig in denselben Schlamassel geraten. Wenn sie mehr auf den Charakter ihrer Bettpartner achten würde als auf ihr Aussehen, dann müsste sie vielleicht nicht in Zukunft befürchten, eines Morgens aufzuwachen und festzustellen, dass der Kerl den gestohlenen Schmuck gefunden und bereits die Polizei informiert hatte.
Eine Kellnerin ging an ihr vorbei, und Nicole sah, dass ein Tattoo aus dem weißen gestärkten Kragen hervorguckte. Wenn sie sich nicht sehr täuschte, würden die Diebe heute Nacht zuschlagen. Das Alarmsystem war sicher ausgeschaltet, und es war leicht, sich unter die Gäste zu mischen. Oder die Diebe heuerten bei der Cateringfirma an, ein beliebtes und erprobtes Mittel, Zugang zu solchen Partys zu bekommen. Das war diesmal umso einfacher, da die junge Mrs Theisman nicht auf die alte bewährte Firma zurückgegriffen, sondern ein neues Unternehmen engagiert hatte. Damit wollte sie wahrscheinlich beweisen, dass sie in der Lage war, eine solche Gesellschaft zu geben. Stattdessen bot sie sich als leichte Beute an.
Nicole blickte auf die geschwungene Treppe zu ihrer Linken. Sie hatte von dem geplanten Raubüberfall Wind bekommen, einen Tag, bevor sie mit Sebastian oder er mit ihr Schluss machte. Einzelheiten kannte sie nicht, und sie wusste auch nicht, wer den Diebstahl begehen würde, aber da klar war, dass an die Ware leicht heranzukommen war, würde der Diebstahl auch stattfinden. In den letzten drei Tagen hatte sie sich genauer über die Theisman-Villa informiert. In dem 12-Zimmer-Haus gab es drei Safes. Einer befand sich im Büro im Parterre, einer in dem Bad, das an das Schlafzimmer der Theismans anschloss. Und der dritte war unter dem Perserteppich versteckt, der in dem dritten Gästezimmer unter dem Doppelbett lag.
Vermutlich waren dort die ungeschliffenen Rubine im Wert von mehr als zweihunderttausend Dollar versteckt, die Mr Theisman seiner jungen Frau zum Hochzeitstag gekauft hatte.
Die Frage war, ob die Diebe sie schon gefunden hatten.
Nicole blickte auf ihre mit falschen Diamanten besetzten Uhr und verschüttete scheinbar versehentlich ein bisschen Champagner auf ihrem Kleid. Während sie sich bei den Gästen entschuldigte, die um sie herumstanden, wandte sie sich dem hinteren Teil des Hauses und damit auch der Küche zu, obwohl sie auch die Toilette gleich neben dem Foyer hätte benutzen können. Wenige Minuten später stieg sie mit den Schuhen in der Hand die rückwärtige Treppe hoch. Die Leute in der Küche hatten von ihr kaum Notiz genommen, aber Nicole war aufgefallen, dass ein Mitglied der Cateringcrew fehlte. Das war ihr dann auch von der Frau bestätigt worden, die am Herd stand und ganz entnervt gefragt hatte, ob denn keiner Mike gesehen habe.
Im ersten Stock stellte Nicole fest, dass sämtliche Zimmer nicht abgeschlossen waren. Der lange Flur war nur schwach erleuchtet, gold gerahmte Drucke, die Städteansichten zeigten, schmückten die Wände, das krasse Gegenteil zu den erbsengrünen Wänden des “Commodore”, deren Farbe stellenweise abblätterte, aber irgendwie fühlte Nicole sich in diesen schäbigen Hotels sicherer als in teuren. Sie waren weniger auffällig, und man konnte leicht verschwinden. Die Leute, die dort wohnten, hatten Schwierigkeiten, das
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