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Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Titel: Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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wieder.
    Ich gehe hinter ihnen den Hügel rauf. Meine sagenhaft schöne Freundin geht neben mir. Ich fange an zu kotzen. Schlechten Rotwein, Salat, Suppe, Ravioli. Ich kotze immer vor einer Lesung. Es ist ein gutes Zeichen. Ich bin auf Draht. Ich spüre die Messerklinge in den Eingeweiden, während ich hinter ihnen den Hügel raufgehe.
    Sie stecken uns in ein Zimmer und lassen uns ein paar Flaschen Bier da. Ich sehe meine Gedichte durch. Sie treiben mir den Angstschweiß aus den Poren. Ich kotze in den Ausguß, in die Kloschüssel, auf den Fußboden. Okay, kann losgehn.
     
    Die größte Menschenmenge seit der Lesung von Jewtuschenko … ich steige auf die Bühne. Hot shit. Hot shit, Chinaski. Hinter mir steht ein Kühlschrank voll Bier. Ich fasse rein und nehme mir eine Flasche. Ich setze mich hin und beginne zu lesen. Sie haben alle 2 Dollar Eintritt bezahlt. Sehr nett von den Leuten. Manche zeigen gleich von Anfang an, daß sie gegen mich sind. Ein Drittel von ihnen haßt mich, ein Drittel von ihnen liebt mich, das restliche Drittel weiß noch nicht so recht. Ich habe ein paar Gedichte auf Lager, von denen ich weiß, daß sie den Haß noch anheizen werden. Es ist gut, wenn einem Haß entgegenschlägt. Man behält einen klaren Kopf.
    »Würde Laura Day bitte aufstehen? Würde sich meine große Liebe bitte erheben?«
    Sie tut es und wedelt mit beiden Armen.
    Langsam interessiere ich mich mehr für das Bier als für meine Gedichte. Ich rede zwischen den einzelnen Gedichten, trockenes und banales Zeug, müde Soße. Ich bin H. Bogart. Ich bin Hemingway. Ich bin eine heiße Nummer.
    »Lies deine Gedichte, Chinaski!« schreien sie.
    Sie haben recht. Ich versuche mich an den Text zu halten. Aber einen großen Teil der Zeit beschäftige ich mich auch mit dem Kühlschrank. Es macht die Arbeit leichter, und bezahlt haben sie ja eh schon. Ich höre, daß John Cage einmal auf die Bühne kam, einen Apfel aß und wieder abtrat. Und dafür kriegte er tausend Dollar. Ich schätze, da kann ich mir auch ein paar Biere leisten.
    Na, dann ist es vorbei. Sie drängen sich um mich. Autogramme. Sie sind aus Oregon hergekommen, aus L. A., aus Seattle. Sehr hübsche Girls darunter. Das ist es, was Dylan Thomas umgebracht hat.
    Zurück in das Apartment, Bier trinken, sich mit Laura und Joe Krysiak unterhalten. Unten hämmern sie an die Tür. »Chinaski! Chinaski!« Joe geht runter und versucht sie abzuwimmeln. Ich bin ein Rock Star. Schließlich gehe ich nach unten und lasse ein paar von ihnen rein. Einige kenne ich. Hungerleidende Poeten. Herausgeber von kleinen Zeitschriften. Es drängen sich auch noch einige rein, die ich nicht kenne. All right, all right – verrammelt die Tür!
    Wir trinken. Wir trinken. Wir trinken. Al Masantic rutscht in der Toilette aus und hat ein Loch im Kopf. Ein hervorragender Dichter, dieser Al.
    Na ja, alles redet durcheinander. Wieder mal so eine Biersauferei, wo sich jeder gehen läßt. Der Herausgeber einer kleinen Zeitschrift beginnt auf einen Schwulen einzuschlagen. Das gefällt mir nicht. Ich versuche, die beiden zu trennen. Eine Fensterscheibe geht dabei zu Bruch. Ich stoße sie die Treppe runter. Ich stoße alle die Treppe runter, mit Ausnahme von Laura. Die Party ist vorbei. Na ja, noch nicht ganz. Laura und ich kriegen uns in die Haare. Meine große Liebe und ich haben mal wieder Krach. Sie hat ein schlimmes Temperament. Ich auch. Es ist wieder wegen nichts, wie üblich. Ich sage ihr, sie soll machen, daß sie rauskommt. Sie tut es.
    Stunden später wache ich auf, und da steht sie mitten im Zimmer. Ich bin mit einem Satz aus dem Bett und schreie sie an. Sie geht auf mich los.
    »Ich bring dich um, du Saukerl!«
    Ich bin blau. Wir liegen auf dem Küchenboden, sie auf mir. Mein Gesicht blutet. Sie beißt mir ein Loch in den Arm. Ich will nicht sterben. Nichts gegen Leidenschaft, aber ich will nicht sterben! Ich renne zum Küchenschrank und schütte mir eine halbe Flasche Jod auf den Arm. Sie wirft meine Unterhosen und Hemden aus ihrem Koffer und schnappt sich ihr Flugticket. Sie ist mal wieder fertig mit mir. Es ist mal wieder aus zwischen uns beiden, für immer. Ich lege mich wieder ins Bett und höre zu, wie sich das Klappern ihrer hohen Absätze draußen entfernt.
     
    Auf dem Rückflug, und die Kamera läuft. Die Jungs von Channel 13 wollen sich vom Leben nichts entgehen lassen. Die Kamera macht eine Großaufnahme von dem Loch in meinem Arm. Ich habe einen doppelstöckigen Drink in der

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