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Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Titel: Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Bein aufgeschürft, als er letzte Nacht von seinem Motorrad runterfiel.«
    »Die Kirchenglocken läuten hier alle 15 Minuten. Es ist grauenhaft.«
    »Ich hab in all die Schiffe reinsehen können. Lauter alte Trunkenbolde waren an Bord. Manche hatten junge Frauen dabei, die Stiefel anhatten. Andere hatten junge Männer. Richtig alte betrunkene Lustmolche.«
    Wenn ich nur Vickis Fähigkeit hätte, Informationen zu sammeln, dachte ich, dann könnte ich wirklich was schreiben. Ich muß immer rumsitzen und darauf warten, daß was kommt. Wenn ich was habe, dann kann ichs ausquetschen und manipulieren, aber selber suchen kann ich mirs nicht. Alles, worüber ich schreiben kann, ist Biertrinken, zum Pferderennen gehen und im Radio Sinfonien anhören. Das ist zwar kein völlig inhaltsloses Leben, aber es ist eben noch lange nicht das ganze. Wie ist mir das bloß so zusammengeschrumpft? Ich hatte mal Mumm. Was ist daraus geworden? Ist es wirklich so, daß Männer alt werden?
    »Als ich wieder an Land war, sah ich einen Vogel. Ich redete mit ihm. Hättest du was dagegen, wenn ich den Vogel kaufe?«
    »Nee, nichts dagegen. Wo ist er denn?«
    »Nur einen Block von hier. Können wir hingehen und ihn uns ansehen?«
    »Klar, warum nicht?«
    Ich zog mir was an, und wir gingen hin. Der Vogel war so ein grünes Etwas mit ein paar roten Tintenspritzern drauf. Selbst für einen Vogel stellte er nicht viel dar. Aber er schiß nicht alle drei Minuten so wie die anderen. Das war ganz angenehm.
    »Er hat überhaupt keinen Hals. Genau wie du. Darum will ich ihn. Er ist ein süßes kleines Turteltäubchen.«
    Wir trugen das süße kleine Turteltäubchen in einem Käfig zurück ins Hotel. Wir stellten ihn auf den Tisch, und sie taufte ihn »Avalon«. Vicki setzte sich hin und sprach ihn an.
    »Avalon, hallo Avalon … Avalon, Avalon, hallo Avalon … Avalon, oh Avalon …«
    Ich stellte den Fernseher an.
     
    Die Bar war ganz ordentlich. Ich saß mit Vicki drin und sagte zu ihr, ich würde Kleinholz daraus machen. Früher ging ich in Bars und machte Kleinholz daraus; inzwischen redete ich nur noch davon.
    Es gab eine Band. Ich stand auf und tanzte. Diese modernen Tänze waren sehr leicht. Man schlenkerte einfach seine Arme und Beine in alle Richtungen, und den Hals hielt man dabei entweder steif oder man ließ ihn wie verrückt rotieren, und schon fanden sie einen großartig. Die Leute ließen sich leicht was vormachen. Ich tanzte und machte mir Sorgen wegen meiner Schreibmaschine.
    Ich setzte mich wieder zu Vicki und bestellte uns nochmal zwei Drinks. Ich packte Vicki am Kopf und drehte sie herum, Richtung Barkeeper. »Schau her, Mann, sie ist ’ne Schönheit! Ist sie nicht schön?«
    Dann kam Ernie Hemingway mit seinem weißen angefressenen Bart zu uns an den Tisch.
    »Ernie«, sagte ich, »ich dachte, du hast es mit einer Jagdflinte gemacht?«
    Hemingway lachte.
    »Was möchtest du trinken?« fragte ich.
    »Die Drinks gehen auf mich«, sagte er.
    Ernie zahlte für unsere Drinks und setzte sich. Er wirkte ein bißchen abgemagert.
    »Ich hab dein letztes Buch besprochen«, erzählte ich ihm. »Es wurde ein Verriß. Sorry.«
    »Macht nichts«, sagte Ernie. »Wie gefällt euch die Insel hier?«
    »Das ist was für die anderen«, sagte ich.
    »Wieso?«
    »Das Publikum hier hat es gut. Denen gefällt alles: Eiskrem, Rock-Konzerte, Singen, Swingen, Liebe, Haß, Onanie, Hot Dogs, Volkstanz, Jesus Christus, Rollschuhlaufen, Spiritualismus, Kapitalismus, Kommunismus, beschnittene Pimmel, Comicstrips, Bob Hope, Skilaufen, Angeln, Mord, Kegeln, Debattieren, alles. Sie erwarten nicht viel, und sie kriegen nicht viel geboten. Sie sind ein prächtiger Haufen.«
    »Das war ein beachtlicher Vortrag.«
    »Na ja, bei dem Publikum …«
    »Du redest wie eine Figur aus einem frühen Huxley-Roman.«
    »Ich glaube, da irrst du dich. Ich bin ein verzweifelter Mensch.«
    »Aber«, sagte Hemingway, »Männer werden zu Intellektuellen, damit sie nicht verzweifeln müssen.«
    »Männer werden zu Intellektuellen, weil sie Angst haben, nicht weil sie verzweifelt sind.«
    »Und der Unterschied zwischen Angst haben und verzweifelt sein …«
    »Bingo!« rief ich, »ein Intellektueller! … Wo ist mein Drink?«
    Eine Weile später erzählte ich Hemingway von meinem purpurroten Telegramm, und dann standen Vicki und ich auf und gingen zurück zu unserem Vogel und unserem Bett.
     
    »Es hat keinen Zweck«, sagte ich, »mein Magen ist wund, und er enthält neun Zehntel von

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