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Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Titel: Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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»Catalina«. Na ja, mit der Rechtschreibung haperte es bei mir auch.
    Dann zeichnete sie mich und schrieb darunter: »Kein Hals, aber schlimm wie der Deibel.«
    Dann zeichnete sie eine Lady und schrieb darunter: »Henry erkennt einen guten Arsch, wenn er einen sieht.«
    Und in einer Sprechblase: »Gott allein weiß, was er mit seiner Nase macht.«
    Und: »Chinaski hat himmlische Beine.«
    Außerdem zeichnete sie noch diverse Vögel und Sonnen und Sterne und Palmen und den Ozean.
    »Meinst du, du kriegst ein Frühstück runter?« fragte sie. Meine bisherigen Frauen hatten mich nie verwöhnt. Ich ließ mich gern verwöhnen. Ich fand, daß ich es verdient hatte. Wir gingen aus und fanden ein ziemlich erschwingliches Lokal, wo man draußen essen konnte. Während des Frühstücks fragte sie mich: »Hast du wirklich den Pulitzerpreis gekriegt?«
    »Was für’n Pulitzerpreis?«
    »Du hast mir letzte Nacht gesagt, du hättest den Pulitzerpreis gekriegt. 500000 Dollar. Du hast gesagt, sie hätten dir ein purpurrotes Telegramm geschickt.«
    »Ein purpurrotes Telegramm?«
    »Ja, und du hast gesagt, du hättest Norman Mailer, Kenneth Koch, Diane Wakoski und Robert Creeley abgehängt.«
    Wir beendeten unser Frühstück und unternahmen einen Spaziergang. Fünf oder sechs Häuserblocks, und das war schon der ganze Ort. Alle waren 17 Jahre alt und saßen lustlos herum. Na gut, nicht alle. Es gab ein paar Touristen, ältere Semester, die wild entschlossen waren, einen schönen Urlaub zu verbringen. Sie sahen sich stirnrunzelnd die Auslagen der Geschäfte an, dann gingen sie weiter, stampften die Pflastersteine platt und sandten ihre Signale aus: Ich habe Geld, wir haben Geld, wir haben mehr Geld als ihr, wir sind was Besseres als ihr, uns kann keiner, alles ist Scheiße, aber wir sind nicht Scheiße, und wir wissen alles, seht uns nur an.
    Da gingen sie mit ihren rosaroten Hemden und grünen Hemden und blauen Hemden und vollgefressenen weißen halbverwesten Körpern und gestreiften Shorts und leeren Augen und nicht vorhandenen Mündern, sehr farbenprächtig, als könnten ihnen die Farben wieder Leben einhauchen. Sie waren ein Karnevalszug des amerikanischen Zerfalls, und sie hatten keine Ahnung, wie grausam sie sich selber zugrunde gerichtet hatten.
    Ich ließ Vicki allein, ging aufs Zimmer, krallte mich an der Schreibmaschine fest und sah aus dem Fenster. Es war hoffnungslos. Mein ganzes Leben lang hatte ich Schriftsteller werden wollen, und jetzt hatte ich meine Chance, und es kam nichts. Es gab keine Stierkampfarenen und keine Boxkämpfe und keine jungen Señoritas. Es gab nicht einmal tiefere Einsichten. Ich war am Arsch. Ich konnte das Wort nicht aufs Papier kriegen. Sie hatten mich in der Ecke. Na ja, man brauchte ja bloß zu sterben. Aber ich hatte es mir immer anders vorgestellt. Das Schreiben, meine ich. Vielleicht war es dieser Film mit Leslie Howard. Oder was ich über das Leben von Hemingway oder D. H. Lawrence gelesen hatte. Oder Jeffers. Es gab die verschiedensten Möglichkeiten, wie man einen Einstieg ins Schreiben finden konnte. Und dann schrieb man eine Weile. Und traf einige Kollegen. Gute und schlechte. Und alle hatten sie nicht mehr Seele als ein Zinnsoldat. Man wußte es, sobald man im gleichen Raum mit ihnen war. Einen großen Schriftsteller gab es nur alle 500 Jahre, und man selber war es nicht, und die anderen waren es eindeutig auch nicht. Wir waren alle am Arsch.
    Ich stellte den Fernseher an und besah mir einen Klüngel von Ärzten und Krankenschwestern, die ihren Liebeskummer abreagierten. Sie rührten sich nie an. Kein Wunder, daß sie Schwierigkeiten hatten. Alles was sie machten, war reden, streiten, einander schlechtmachen und aushorchen. Ich legte mich schlafen.
     
    Vicki weckte mich auf. »Oh«, sagte sie, »ich hab was ganz Herrliches gemacht.«
    »Ja?«
    »Ich sah diesen Mann in einem Boot, und ich sagte ›Wo fahren Sie hin?‹, und er sagte ›Ich hab ein Schiffstaxi, ich bringe die Leute von ihren Schiffen an Land und wieder raus‹, und ich sagte ›Okay‹, und es kostete nur fünfzig Cents, und ich fuhr stundenlang mit ihm rum, wie er die Leute zu ihren Schiffen gebracht hat. Es war wundervoll.«
    »Ich hab mir ein paar Ärzte und Krankenschwestern angesehen«, sagte ich, »und Depressionen davon gekriegt.«
    »Wir sind stundenlang Boot gefahren«, sagte Vicki, »ich hab ihm meinen Hut aufgesetzt, und er hat auf mich gewartet, als ich mir einen Abalone-Sandwich holen ging. Er hat sich das

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