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Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben

Titel: Ein Profi. Stories vom verschütteten Leben
Autoren: Charles Bukowski
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drehe ich garantiert durch!
    O mein Herr und Gott, von diesem Tage an will ich aus deiner Hand demütig und willig den Tod annehmen, den du mir nach deinem unerforschlichen Ratschluß auferlegen magst, mit all seinen Kümmernissen, Leiden und Ängsten. (Einmal täglich zu sprechen; vollständige Absolution unter den üblichen Bedingungen.)
    Schließlich, um 1.30 Uhr morgens, konnte ich es nicht länger aushalten. Ich hatte mir’s seit dem frühen Morgen des vergangenen Tages, 7 Uhr, ununterbrochen angehört. Ich fand, daß ich in diesen achtzehneinhalb Stunden genug für das Kreuz gebüßt hatte. Ich schaffte es, mich umzudrehen.
    »Herb! Um Gottes willen, Mann! Ich kriege gleich einen Anfall! Ich bin am Durchdrehen! Herb! ER-BARMEN! ICH HALTE DIESES FERNSEHEN NICHT AUS! ICH HALTE DIE MENSCHLICHE RASSE NICHT AUS! Herb! Herb!«
    Er schlief. Im Sitzen.
    »Du dreckiger Mösenschlecker«, sagte ich.
    »Was’n … was?«
    »WARUM STELLST DU DAS DING NICHT AB?«
    »Ab … abstellen? Ach so … klar, na klar … warum sagst du das nicht gleich, Kid?«
12
    Herb schnarchte auch. Und er redete im Schlaf. Ich schlief so gegen 3.30 Uhr ein. Um 4.15 Uhr weckte mich etwas auf, das sich anhörte, als würde ein Tisch den Korridor entlanggezogen. Plötzlich gingen die Lichter an, und an meinem Bett stand eine große Schwarze mit einer Liste. Nichts gegen Martin Luther King und Rassengleichheit, aber das war vielleicht ein dumpfer häßlicher Brocken von einem Weib! Sie hätte mich mit Leichtigkeit grün und blau schlagen können. Vielleicht wäre ich dann endlich zu meinem Stuhlgang gekommen? Oder war es vielleicht die Letzte Ölung? War ich womöglich erledigt?
    »Also Baby«, sagte ich, »würden Sie mir vielleicht mal sagen, was hier läuft? Geht’s mit mir zu Ende, oder was?«
    »Sind Sie Henry Chinaski?«
    »Fürchte, ja.«
    »Sie sind hier für die Kommunion vorgemerkt.«
    »Nein! Augenblick! Da hat er sich vertan! Ich hab zu ihm gesagt: keine Kommunion. «
    »Ach so.« Sie zog den Vorhang wieder auf und knipste das Licht aus. Ich hörte, wie der Tisch (oder was immer es sein mochte) weiter den Korridor hinunter gezogen wurde. Der Papst würde sehr unzufrieden mit mir sein. Der Tisch machte einen Höllenlärm. Ich konnte hören, wie die Kranken und Sterbenden aufwachten, husteten, etwas fragten, was im leeren Raum verhallte, nach den Schwestern klingelten.
    »Was war das, Kid?« fragte Herb.
    »Was denn?«
    »Der ganze Lärm und das Licht?«
    »Das war dem Batman sein Schwarzer Ruppiger Engel, der den Leib Christi austeilen wollte.«
    »Was?«
    »Schlaf weiter.«
13
    Am Morgen kam mein Arzt, schaute mir den Arsch rauf und sagte, ich könne nach Hause. »Aber, mein Junge, daß Sie mir ja nicht auf einem Pferd reiten, ya?«
    »Ya. Aber was ist mit ner heißen Pussy?«
    »Was?«
    »Geschlechtsverkehr.«
    »Oh, nein, nein! Vor sechs bis acht Wochen werden Sie keinerlei … öh … gewohnte Tätigkeiten wieder aufnehmen können.«
    Er ging, und ich begann mich anzuziehen. Der Fernseher störte mich jetzt nicht mehr. Auf dem Bildschirm sagte jemand: »Ob meine Spaghetti wohl schon fertig sind?« Er steckte seine Rübe in den Kochtopf, und als er wieder hochkam, hatte er das ganze Gesicht mit Spaghetti verkleistert. Herb lachte. Ich schüttelte ihm die Hand. »So long, Baby«, sagte ich. »Hat mich gefreut«, sagte er. »Yeah«, sagte ich. Ich wollte gerade gehen, da passierte es. Ich rannte aufs Klo. Blut und Kacke. Kacke und Blut. Es tat so weh, daß ich die gekachelten Wände anschrie. »Oooh, Mama! Ihr abgewichsten Dreckärsche, o Shit, Shit, o ihr geilen Mißgeburten, o ihr elenden Dickdarmficker, ihr Himmelärsche! Aufhören! Shit, Shit, Shit, AUA!!«
    Endlich hörte es auf. Ich putzte mich ab, zurrte die Mullbinde fest, zog mir die Hosen hoch, ging zurück zu meinem Bett, nahm meine Reisetasche in die Hand.
    »So long, Herb, Baby.«
    »So long, Kid.«
    Richtig geraten. Ich rannte wieder rein.
    »Ihr mistigen Mutterschänder, ihr Katzenficker! Oooooo shitshitshitSHIT!«
    Ich kam wieder heraus und setzte mich eine Weile hin. Es gab nochmal ein bißchen was, und dann hatte ich das Gefühl, daß ich reisefertig war. Ich ging nach unten und unterschrieb eine monströse Rechnung. Ich konnte nicht entziffern, was alles draufstand. Sie bestellten mir ein Taxi, und ich wartete draußen vor dem Eingang zur Ambulanz. Ich hatte meine kleine Sitzbadewanne bei mir; eine Spülschüssel, in die man reinscheißt, nachdem man sie mit warmem
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