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Ein Quantum Blut - Biting the Bullet

Titel: Ein Quantum Blut - Biting the Bullet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rardin
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Brust drückte und mit Erinnerungen kämpfte, die vielleicht - vielleicht auch nicht - eine Tränenflut auslösen würden, standen wir so
nah beieinander, dass wir uns ungestört unterhalten konnten, wenn wir alle flüsterten. Was wir taten. Zumindest zu Beginn.
    »Du siehst ziemlich erschrocken aus«, meinte ich. »Was ist los?«
    »Ich habe hundert Leben gelebt. Ich denke, da ist es unausweichlich, dass ein paar dabei sind, die ich lieber vergessen würde.«
    Bergman trat in unseren Kreis. »Ihr müsst nicht flüstern. Meine Wanzenstörer sind keine Prototypen.« Bergmans neue Erfindungen hatten die Tendenz, unerwartet den Geist aufzugeben oder zu explodieren.
    Cassandra seufzte. »Das ist nicht …« Sie schüttelte den Kopf und lächelte ihn an. »Du bist ein echtes Original.« Dann schaute sie über die Schulter zu Dave, der allein und irgendwie verloren mitten im Raum stand. »Komm«, sagte sie nach einem Moment. »Komm zu uns.«
    Er nickte und verschmolz mit unserer Gruppe als wäre er das letzte Kind, das beim Fangenspielen einen sicheren Hafen findet.
    Cassandra sah ihm tief in die Augen. Als sich ihre mit Tränen füllten, schaute sie zu Boden. »Im fünfzehnten Jahrhundert habe ich auf einer Insel in der Nähe von Haiti gelebt. Sie war sehr klein. Privatbesitz eines Kaufmanns und Plantagenbesitzers namens Anastas Ocacio.« Ihr Unterkiefer zuckte, als müsste sie die Worte über ihre Zunge schieben. »Ocacio hielt sich für einen Aristokraten. Trotz der Hitze trug er Strümpfe mit Sockenhaltern und bodenlange Gewänder. Er ölte sein Haar, das voller Schuppen war und so schlimm stank, dass wir immer Strohhalme zogen, um zu entscheiden, wer ihn beim Abendessen bedienen musste. Als ich das erste Mal zu ihm an den Tisch trat, zog er mich zu sich herunter und flüsterte mir
ins Ohr: ›Ich muss dich haben.‹ Der Gestank seiner fauligen Zähne ließ mich fast das Bewusstsein verlieren.«
    Sie zuckte mit den Schultern, als wollte sie sich von der Erinnerung befreien, doch sie ließ sie nicht los. »Da die Umstände nun einmal so waren, hatte ich in dieser Sache keine Wahl.« Sie schwieg und gab uns die Zeit, die Verbindung herzustellen. Es dauerte eine Weile. Selbst vor vierhundert Jahren konnte eine Frau manchmal einem schleimigen Kerl ein Glas Wein ins Gesicht schütten und ihn vor die Tür setzen. Aber eine schwarze Frau? Ich konnte mir nur eine Situation vorstellen, in der ihre Möglichkeiten so extrem eingeschränkt gewesen wären.
    »Cassandra«, flüsterte ich, »warst du etwa eine Sklavin?«
    Ihr Nicken erinnerte mich an Vayl. Kaum als Bestätigung wahrnehmbar.
    Sofort griff Dave nach ihrer Hand. Die Qualen in seinem Gesicht schienen sie zu verblüffen. »Es tut mir so leid«, sagte er.
    »Du hattest doch nichts damit zu tun«, erwiderte sie.
    »Wir sind weiß«, erklärte ich ihr grimmig. »Wir können nichts dafür, dass diese Arschlöcher die gleiche Hautfarbe hatten wie wir. Aber wir schämen uns trotzdem dafür.«
    Cassandra sah uns einen Moment lang der Reihe nach an, bevor sie schließlich nickte. »Nach dieser ersten Nacht schwor ich mir: Ich würde eher sterben als zulassen, dass er mich noch einmal anfasste.« Selbst jetzt, Jahrhunderte später, nahmen diese Erinnerungen sie noch mit. Cole streckte eine Hand aus, um sie zu stützen, und sie schenkte ihm einen dankbaren Blick. »Ich wusste, wie man Dämonen beschwört. In Seffrenem … meinem Heimatland«, fügte sie für Dave hinzu, »hatten wir oft dämonische
Kulte bekämpft. Man kann sie nicht erfolgreich bekämpfen, wenn man ihre Methode nicht kennt.«
    »Was hast du getan?«, fragte Bergman.
    »Ich habe mir einige Zutaten zusammengesucht, ganz alltägliche Dinge, die man in jeder Küche findet. Als das Ganze angerührt und fertig war, ähnelte es einer kleinen Schüssel mit ziegelrotem Zement. Ich setzte mich in einen Schutzkreis und zog das Zeichen um meine Augen. Dann stach ich mir in den Finger und ließ das Blut um mich herum zu Boden tropfen, während ich die Worte der Anrufung sprach.«
    »Was ist erschienen?«, fragte ich und hatte schon fast den Verdacht, sie würde gleich den Richter beschreiben.
    »Ein weiblicher Dämon. Selten habe ich solch eine Schönheit gesehen. Und doch jagte sie mir eine Riesenangst ein. Ergibt das einen Sinn?«
    »O ja.«
    Cassandra schloss also einen Pakt mit dem Teufel, der Anastas einen langen, rauen Ritt verpasste, bei dem er schließlich um Gnade bettelte. »Es dauerte drei Tage, bis sie alle seine

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