Ein Quantum Blut - Biting the Bullet
irgendwie abschirmt. Dann könntet ihr doch vielleicht diese Abschirmung spüren.«
Cole und ich sahen uns zweifelnd an. In der kurzen Zeit, die wir uns jetzt kannten, hatten wir schon herausgefunden, dass die Formen unserer Gabe sich voneinander unterschieden. Wir konnten beide Vampire aufspüren. Aber nur ich konnte sagen, wann Schröpfer in der Nähe waren. Cole war besser darin, Hexen und Tiermenschen zu entdecken. Und die Kräfte, die unser Gespür uns verlieh, waren ebenfalls unterschiedlich. Die Tatsache, dass
bisher keiner von uns irgendetwas Ungewöhnliches bei Davids Crew bemerkt hatte, sprach nicht gerade für Bergmans zweite Theorie. »Ich schätze, es kann nicht schaden, es zu versuchen«, meinte ich zu Cole.
»Was machen wir also?«, wollte er wissen. »Stellen wir uns vor sie und schnüffeln an ihnen?«
Sicher , dachte ich und drehte das Kartenspiel in meiner Hand, drei perfekt ausgebildete Typen von der Sondereingreiftruppe werden auch bestimmt nicht misstrauisch, wenn wir anfangen, in ihren Angelegenheiten herumzuschnüffeln. Ganz besonders, wenn sie sich erst mal untereinander austauschen. Ich hatte gerade die Schachtel geöffnet, um die Karten herauszuholen, als ich einen Geistesblitz hatte. Der perfekte Weg, um unsere Verdächtigen zu belauern, ohne dass sie sich fragten, warum wir sie beobachteten. »Hey, Cole, warum schaust du nicht mal, ob jemand Lust hat auf eine Runde Poker?«
11
I m Iran saß man beim Essen auf dem Boden, so dass wir keinen Tisch hatten, an dem wir pokern konnten; stattdessen saßen wir auf dem Teppich vor dem Kamin im Wohnzimmer. Das erinnerte mich irgendwie ans Pfadfinderlager, wo wir nach dem Marshmellow-Rösten und den Liedern am Lagerfeuer in unseren Zelten Mau-Mau gespielt hatten. Wir bildeten einen Kreis, die meisten von uns im Schneidersitz. Nur Dave und Cassandra fehlten. Sie hatten es vorgezogen, den Nachmittag in der Küche zu verbringen, wo sie Tee tranken und tratschten wie zwei Friseusen.
In jeder anderen Situation hätte ich so lange auf Dave herumgehackt, bis er ausgesehen hätte wie ein Kokainabhängiger. Doch in Anwesenheit seiner loyalen Mannschaft verkniff ich es mir und hob es mir zur späteren Verwendung auf. Irgendwann würde er Weihnachten mal wieder nach Hause kommen, und dann: Seht nur, wie der Junge sich winden kann!
»Okay, was haltet ihr davon?«, fragte ich, während ich mein Kartenspiel aus seiner schlaffen und ausgebleichten Verpackung holte. »Der Geber benennt das Spiel und die Wildcards. Einsatz siebentausendneunhundert Riyal.« Wir hatten alle massenweise iranisches Geld bekommen, bevor wir abgereist waren. Ich hatte den Jungs gerade gesagt, dass es sie ungefähr einen Dollar pro Spiel kosten würde, um einzusteigen. Sie befanden sich schon lange
genug in diesem Teil der Erde, um genau zu wissen, was ich meinte.
Alle schienen einverstanden, also teilte ich den Stapel und bog die Hälften um, schob die Kanten ineinander, wie ich es schon tausendfach getan hatte. Die Karten flogen mir aus den Händen, als hätten sie Sprungfedern bekommen.
»Sehr witzig«, sagte Cam, doch das Funkeln in seinen Augen nahm dem Sarkasmus die Schärfe. »Sag mal, Jaz, wie genau gewinnt man eigentlich beim 52-heb-Auf?«
Alle lachten. Außer mir. Okay, keine Panik. Du hattest wahrscheinlich nur einen Krampf in den Fingern. Vielleicht nimmst du nicht genug Kalium zu dir. Ich sammelte die Karten ein und stapelte sie auf.
Okay, konzentrier dich. Tu so, als würdest du es gerade erst lernen. Großmama May sitzt neben dir und führt dir sorgfältig jede Bewegung vor. Ich beobachtete, wie meine Finger zu den vertrauten Bewegungen ansetzten, die ein Balsam für mich geworden waren, ein seltenes und kostbares Beruhigungsmittel für meine geschundene Seele. Sie erstarrten ungefähr bei Schritt drei, mitten in der Bewegung. Als hätten sie einen schweren Muskelschaden erlitten, während ich gerade nicht hingesehen hatte.
Wenigstens lachten meine Pokerkumpel diesmal nicht. Vielleicht bemerkten sie meinen Gesichtsausdruck. Ich versuchte, möglichst unbewegt auszusehen, doch die nervige Schlampe in meinem Inneren ließ nicht zu, dass ich die schreckliche Wahrheit verleugnete, die sich gerade herauskristallisierte. Sie saß auf ihrem Stammplatz an der Bar, einen Whiskey Sour in der Hand, überprüfte jede Minute ihr Spiegelbild und bewegte das Bein mit dem schwarzen Nylonstrumpf gerade so weit, dass die Männer
um sie herum hofften, ihr roter Lederminirock würde
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