Ein Quantum Blut - Biting the Bullet
töten.«
Für einen Moment lüftete ich den Schleier und gewährte ihm einen Blick auf die kaltblütige Mörderin, die ich vor meiner Familie, meiner Crew und die meiste Zeit sogar vor mir selbst verborgen hielt. Sie ist nicht hübsch oder begehrenswert. Eigentlich ist sie verdammt furchteinflößend. Aber ich brauche sie. Sie sorgt dafür, dass ich und mein Land stark bleiben. Solange ich sie an der kurzen Leine halte. Bisher hat das gut funktioniert. Aber ich weiß, dass ich mit Dynamit spiele. Ich hoffe nur, dass ich schlau genug bin, sie auszutreiben, bevor sie explodiert.
Cam wich einen Schritt zurück, doch dann realisierte er, was er gerade getan hatte, und blieb eisern stehen. Er nickte kurz und presste die Lippen zu einer für ihn untypisch grimmigen Grimasse zusammen. »Grace wird keine Probleme machen.«
»Gut.«
»Ich sage es den anderen.«
»Was den Zauberer betrifft, werden wir uns weiterhin an den ursprünglichen Plan halten«, erklärte Vayl ihm.
»Cassandra und Bergman haben allerdings eine neue Aufgabe zugewiesen bekommen. David muss von ihr ferngehalten werden, während sie arbeitet. Eure Crew muss sicherstellen, dass er keinen Verdacht schöpft, er würde absichtlich von ihr getrennt.«
»Kein Problem.« Cam sah mich an, und in seinem Blick lag so viel Betroffenheit, dass sie jeden anderen Gedanken zu überschatten schien. Ich konnte sehen, dass er gerne gefragt hätte, ob mein Plan funktionieren konnte. Aber er war schon zu lange dabei und hatte zu viel gesehen, um zu glauben, dass ich ihm eine tröstende Antwort geben konnte. Also nickte er nur, drehte sich um und ging.
Als wir wieder allein im Zimmer waren, fragte Bergman leise: »Würdest du Grace wirklich umbringen?« Ich ließ den Vorhang fallen und wandte mich ganz meiner Crew zu. Sah jedem von ihnen in die Augen.
Bergman, die Schultern vorgezogen, um sich gegen jede Angst zu schützen, die er je empfunden oder sich eingebildet hatte, musterte mich durch die Gläser seiner Brille, als könnten diese ihn vor jeglicher Wahrheit schützen, die ich ihm entgegenschleudern könnte. Cassandra, mit ihrer klassischen Knochenstruktur und der reinen dunklen Haut, würde nie älter aussehen als achtundzwanzig. Doch die Belastungen jahrhundertelanger Schmerzen und Prüfungen hatten ihr irgendwie die Ausstrahlung einer antiken Göttin verliehen. Cole sah mich voll offener Akzeptanz an, die einen süchtig machen konnte. Vayl stand neben mir, berührte mich aber nicht. Und trotzdem spürte ich die verlässliche Stärke seiner Unterstützung. Nachdem ich sie verloren hatte, wenn auch nur kurz, war mir nun bewusst, wie viel sie mir bedeutete. Das machte mir Angst. Aber nicht genug, um sie aufzugeben.
Ich richtete meine Worte an Bergman, auch wenn sie für
alle bestimmt waren: »Ja, ich würde sie umbringen, wenn ich der Meinung wäre, dass sie eine Gefahr darstellt. Ich würde das Gleiche tun, wenn ich glaubte, dass irgendjemand eine Gefahr für euch wäre. Ich habe durch meine Helsinger eine harte Lektion gelernt. Und ich will sie nicht wiederholen. Ich bin bereit, alles zu tun, um zu verhindern, dass ich noch einmal auch nur ein Crewmitglied verliere. Und damit meine ich wirklich alles.«
Plötzlich tauchte Raoul vor meinem inneren Auge auf, wie er in seinem schwarzen Ledersessel saß und darauf wartete, dass ich anfing zu träumen, während er meine letzten Worte hörte. »Hm. Alles?« Er würde auf die Liste schauen, die er auf dem Notizblock angelegt hätte, der in seinem Schoß liegt, noch ein paar Anmerkungen hinzufügen, das Blatt umdrehen und dann ernsthaft anfangen zu schreiben.
O Mann.
23
I ch fasse es nicht, dass ich nicht schlafen kann!« Ich wollte auf irgendetwas einschlagen. Die Fassade des Geschäftes, an dem ich gerade vorbeiging, schien mir ein guterKandidat dafür zu sein, alles Glas und Ziegel. Hinter seinen großen, schmutzigen Fenstern war eine riesige schwarze Maschine zu sehen, die offenbar von ein paar Männern mit Baseballschlägern attackiert worden war. Mir kam das vor wie ein guter Plan, doch Vayls Hand, die kühl in meinem Nacken ruhte, hielt mich davon ab, meinen Teil zu dieser Zerstörung beizutragen.
»Das hilft auch nicht weiter.«
»Ich bin einfach so genervt!«
Er nickte. Es war eine grauenvolle Stunde gewesen. Da meint man, sein Plan schreite voran wie eine Blaskapelle in einem Stadion, alle Elemente nehmen zur vorgeschriebenen Zeit ihre angewiesenen Plätze ein. Dann fällt irgendwer auf den Hintern,
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