Ein Quantum Blut - Biting the Bullet
sofort, wovon wir reden. Es müsste ja zu einer Zeit gewesen sein, als er zumindest verletzt war, oder? Ich meine, man kann ja nicht einfach jemanden umbringen und ihn dann zurückholen, ohne irgendeine Spur zu hinterlassen.«
»Das ist es!«, rief ich. »Cam hat uns die Geschichte doch gerade erst erzählt! Wie sie zwei Anhänger des Zauberers erwischt haben. Wie einer von ihnen Dave an die Kehle gegangen ist, überall literweise Blut hinterlassen hat und Dave danach tagelang nicht sprechen konnte.«
»Stimmt!«, meinte Cole. »Und wenn man mal drüber nachdenkt: Kratzt er sich nicht ziemlich oft am Hals?« Die Zeichen, nach denen wir laut Bergman Ausschau halten sollten. Sie waren die ganze Zeit direkt vor unserer Nase gewesen. Ich hatte Davids Besonderheit nicht gespürt, weil ich sie von Anfang an akzeptiert hatte. Ich hatte gedacht, er sei genau wie ich einer von Raouls Kämpfern. Und ich hatte keine verräterischen Anzeichen bemerkt, weil er dadurch, dass er den Verdacht hinsichtlich eines Maulwurfs selbst aufgebracht hatte, diese Zweifel völlig von sich selbst abgelenkt hatte.
»Also schön.« Vayl nickte langsam. »Ihr habt mich
überzeugt. Und trotzdem frage ich mich: Warum? Was kann man dabei gewinnen, wenn man es so einfädelt, dass zwei CIA-Agenten darauf angesetzt werden, einen umzubringen?«
Wir präsentierten ihm unsere Theorien, doch er weigerte sich, eine davon zu schlucken. »Ich glaube nicht, dass er sterben will. Besonders nicht durch unsere Hand. Das wäre für ihn die größte Ehrlosigkeit. Gehen wir also davon aus, dass er leben will.«
»Vielleicht will er reinen Tisch machen?«, schlug Cole vor. »Es so aussehen lassen, als sei er getötet worden, während er in Wirklichkeit irgendwo anders ein neues Leben beginnt?«
»Und deshalb hat er uns so manipuliert, dass wir wen umbringen? Sein Double?«, fragte Vayl.
Wir nickten. Das passierte immer wieder. Die bösen Jungs schickten ein treudoofes Schäfchen in die eine Richtung und liefen selbst in die entgegengesetzte, in der Hoffnung, dass ihre Verfolger dem Schäfchen nachsetzten.
Ich fischte das Bild des Zauberers aus meiner Tasche, starrte darauf und wurde noch deprimierter, als ich die Frauen betrachtete, die darauf zu sehen waren. Der Mann, der sie in den Armen hielt, würde niemals freiwillig sein Familienleben aufgeben. Was bedeutete, dass er dazu gezwungen wurde. Mist. Jetzt konnten wir ihn nicht nur nicht töten, wir mussten auch noch seine Familie retten, bevor die Anhänger des Zauberer herausfanden, dass wir ihr Spiel durchschaut hatten. Und gleichzeitig mussten wir immer noch den Zauberer selbst aufspüren.
Es wurde Zeit, dass Bergman und Cassandra sich einklinkten.
Es war nicht leicht, Cassandra von David loszueisen. Sie waren irgendwie unteilbar geworden. Wie Primzahlen. Was mir das Herz brach.
Letztendlich erzählte Cole Cassandra, ich hätte irgendwelche Mädchenprobleme, und niemand in der Küche wollte mehr darüber hören. Er lockte Bergman aus dem Raum, indem er behauptete, Pete habe mich über meine Superbrille angerufen wegen irgendeiner Störung in seiner Übersetzungshardware, durch die bei einem Agenten die Haare in Flammen aufgegangen seien.
Als wir schließlich alle im Schlafzimmer der Männer versammelt waren und Cole die Tür gegen Schnüffler sicherte, teilte ich unseren Neulingen die schlechten Nachrichten mit. Bergman nahm es gelassen. Cassandra taumelte ein wenig, lehnte aber jede Hilfe von uns ab, als sie zur Bank ging, sich setzte und dann still vor sich hinstarrte. Ich setzte mich neben sie und sprach schnell auf sie ein: »Ich werde mich so bald wie möglich mit Raoul in Verbindung setzen«, versprach ich ihr. »Ich werde das schon hinkriegen.«
»Falls das möglich ist«, erwiderte sie mit einer seltsam ruhigen, distanzierten Stimme. Sie musste wohl tief graben, um diese Stärke zu finden. Fast bis zum anderen Ende der Welt.
»Du solltest mehr Vertrauen in mich haben, Cassandra«, sagte ich. Ich klang gelassen, aber innerlich zitterte ich. Sollte ich versagen, wären die Konsequenzen so verheerend, dass ich den Gedanken daran kaum ertrug. Also dachte ich natürlich gar nicht erst daran. »Habe ich dir bei unserer letzten Mission nicht das Leben gerettet, obwohl du bereits eine Vision von deinem Tod gehabt hattest?«
Kurze Pause. »Doch.«
»Dann sollte das doch jetzt ein bisschen zählen, besonders,
da du keine einzige Vision mehr hattest, seit du vor ungefähr zweiunddreißig Stunden
Weitere Kostenlose Bücher