Ein Quantum Blut - Biting the Bullet
auf Anvaris Dach zu suchen?«
Ich räusperte mich und verlagerte unbehaglich das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Plötzlich wollte ich meine Waffe ziehen. Nicht, um sie auf jemanden anzulegen. Einfach nur wegen der beruhigenden Wirkung, die sie auf mich hatte. Aber hey, wenn Cole einen Ersatz für Kaugummi finden konnte, konnte ich mir sicher einen Ersatz für das Kartenmischen ausdenken. Irgendetwas, das sowohl etwas Repetitives an sich hatte als auch ein beruhigendes Geräusch erzeugte, wenn ich es machte. Ich hatte einen Geistesblitz. Doch sofort verwarf ich die Idee wieder. Wie sollte ich eine Gitarre in meine Jackentasche kriegen?
Als mir klar wurde, dass ich das Geständnis nicht länger
hinauszögern konnte, hob ich in gespielter Unterwürfigkeit die Hände. »Okay, ich gebe zu, dass ich dich vielleicht ein wenig im Auge behalten wollte. Aber ich hatte wirklich nur die besten Absichten«, versicherte ich ihm, als sein Gesicht sich zu seiner ganz persönlichen Oh-Mann-du-hast-wirklich-Scheiße-gebaut-Grimasse verzerrte. »Ich habe Zarsa nicht getraut und wollte sichergehen, dass du okay bist …« Ich beendete den Satz nicht. Es klang so dämlich, wenn ich es laut sagte.
»Also bist du mir da auch gefolgt?«
Ich nickte. Vorsichtig.
»Jasmine, reden wir hier von Stalking?«
Ich schloss die Augen. Oh, warum sind in diesen furchtbar peinlichen Momenten nie irgendwelche außerirdischen Entführungskommandos unterwegs, um einen auf den Neptun zu befördern? »Stalking ist so ein hartes Wort«, protestierte ich schwach und starrte auf Vayls Schuhe, da ich es nicht über mich brachte, den Blick weiter zu heben.
»Wie würdest du es denn nennen?«, fragte er mit harter Stimme. Er packte mich am Kinn und zwang mich, seinem unnachgiebigen Blick zu begegnen. Und mehr brauchte es nicht. Mein Temperament, das nie lange ruhte, erwachte aus seinem kleinen Nickerchen, streckte sich wie eine hungrige Löwin und stürzte sich ohne Umschweife auf meinen Boss.
»Wie wäre es mit Babysitting?«, schlug ich vor und zuckte nur leicht zusammen, als seine Augen sich gefährlich verengten. »Ich meine, obwohl du mir immer wieder gesagt hast, wie wichtig dir meine Meinung ist und wie sehr du mir vertraust, weshalb du mir Cirilai ja überhaupt gegeben hast, hast du mir überhaupt nicht zugehört. Du bist einfach hinter Zarsa hergerannt wie ein Kind hinter
einer leckeren Süßigkeit. Offen gesagt war es eine meiner geringsten Sorgen, dass ich dich verfolgt habe. Ich dachte schon, ich würde sie töten müssen.«
Vayls Hand sank kraftlos herab. »Hättest du das getan?«, fragte er.
Ich konnte an seinem Gesicht nicht ablesen, welche Antwort er hören wollte. Also bekam er die Wahrheit: »Ja. Denn Cassandra hat mir gesagt, dass moralisch einwandfreie Seherinnen keine Bezahlung für ihre Dienste verlangen, außer vielleicht eine gute Geschichte für das Enkyklios. Von Asha wusste ich bereits, dass sie ihre Kräfte missbraucht. Also, ja, wenn ich keinen anderen Weg gefunden hätte, um dich aus ihren Fängen zu befreien … Und …«
»Was?«
Verdammt nochmal, Jaz, warum kannst du nicht einfach die Klappe halten, bevor sie dich in Schwierigkeiten bringt? »Nichts.« Ich hoffte, dass er es dabei belassen würde, aber irgendwie wusste er es.
»Nein, sag es mir.«
Verdammte Scheiße. »Und ich hätte sie getötet, weil ich gespürt habe, dass ein tiefer Bruch zwischen uns entstehen würde, wenn du sie verwandelst.« An sich kein guter Grund für einen Mordanschlag, aber zusammen mit dem ersten reichte er mir. Selbst wenn ich dann den Rest meines Lebens mit Schuldgefühlen hätte kämpfen müssen.
Vayl trat einen Schritt auf mich zu. Erwartungsvoll leckte ich mir über die Lippen. Dann klingelte sein Telefon. Was hieß, dass er - da wir beide unsere geheimen Superbrillen trugen - einfach einen geistesabwesenden Blick bekam und anfing, mit unsichtbaren Leuten zu reden.
»Was?«, fragte er kurz angebunden. Ungefähr fünf Sekunden lang hörte er zu, dann sagte er: »Wir sind gleich da.« Er nahm meine Hand, ohne jegliche Romantik, verdammt, und ging zurück Richtung Haus.
»Was ist los?«, wollte ich wissen.
»Das war Cole. Er sagte, wir sollten sofort zurückkommen. Soheil Anvari ist gekommen. Er schreit rum wie ein Wahnsinniger. Und er hat eine Waffe.«
24
A ls wir am Haus ankamen, blieb nur eine knappe halbe Stunde bis zum Sonnenaufgang. Keine angenehme Art, um Vayls Tag zu beenden, besonders, wenn man bedachte, dass
Weitere Kostenlose Bücher