Ein Quantum Tod: Roman (German Edition)
rausfinden, worum es hier geht. Ich hasse es, etwas nicht zu wissen! Eddie, kannst du diesen goldenen-Finger-Trick nicht noch einmal benutzen?«
»Selbstverständlich«, sagte ich. »Aber nochmal, die seltsame Materie so nah an den Protagonisten zu benutzen würde wohl so ziemlich jeden Alarm auslösen, den es hier gibt. Ich glaube, wir erledigen das besser auf die altmodische Weise.«
Ich zog einen einzelnen goldbraunen Knochenschlüssel aus der Tasche, den der Waffenmeister aus echtem menschlichen Knochen gemacht hatte. (Ich hatte ihn nicht gefragt, wessen Knochen das gewesen war. Man lernt beim Waffenmeister einfach, solche Fragen nicht zu stellen.) Molly und Isabella stellten sich rasch so hin, dass sie mich verdeckten, während ich das Schloss bearbeitete, und lenkten so die Blicke all jener, die vielleicht zufällig vorbeikamen, von mir ab. Obwohl dieses Ende des Korridors beunruhigend still und leer war. Der Knochenschlüssel hatte das Schloss in einem Augenblick geöffnet. Ich steckte ihn weg, bevor ich vorsichtig die Klinke niederdrückte. Isabella starrte mich böse an.
»Ich will auch so einen! Das ist nicht fair! Ihr Droods habt immer die besten Sachen.«
Ich bedeutete ihr, still zu sein, und schob die Tür ein paar Zentimeter auf. Ich wartete ab, ob vielleicht ein Alarm oder ein Angriff erfolgte, aber nichts passierte. Ich spähte durch den engen Spalt. Der Hauptkonferenzraum war groß genug, um als Empfangshalle zu dienen, und war von Wand zu Wand mit Stuhlreihen vollgepackt. In jedem einzelnen saßen reiche, mächtige und berühmte Leute. Namen und Gesichter, die man kannte, zusammen mit einer ganzen Reihe von Leuten, die nur jemand wie ich kannte. Sie alle sahen mit voller Konzentration auf den Mann, der auf dem Podium vor ihnen stand und den Raum mit grimmiger Autorität beherrschte. Jeder schien absolut fasziniert von dem, was er hörte, und hing mit jedem Wort an seinen Lippen. Aber da war auch etwas an ihnen, das nahelegte, dass sie Angst hatten – entweder vor dem Mann auf dem Podium oder vor dem, was er sagte.
Wovon sprach er? Was konnte so extrem sein, dass es selbst hartgesottene Satanisten erschreckte? Ich schob die Tür etwas weiter auf und als niemand reagierte, zwängte ich mich durch den Spalt hindurch und stellte mich an die hintere Wand des Saals, hinter die Stuhlreihen. Molly und Isabella kamen hinter mir herein und ließen die Tür ein wenig offen, nur für den Fall. Wir standen sehr still und atmeten kaum, aber keiner sah sich um. Die ganze Aufmerksamkeit war auf den Mann auf dem Podium gerichtet.
Groß, dunkel und unwiderstehlich schlenderte er selbstsicher auf dem Podium hin und her. In seinem teuren Maßanzug sah er aus und klang auch wie einer dieser geübten Motivationstrainer, der sich durch seine Stichworte und Aufzählungen bis zu dem Punkt vorarbeitete, an dem wir alle reich werden sollen. Er lächelte häufig und zeigte dabei perfekte Zähne, und seine regelmäßigen, hübschen Züge hatten dieses etwas gedehnte Aussehen, das Schönheitsoperationen hinterlassen. Sein Haar war schwarz und verdächtig dunkel für einen Mann Mitte vierzig. Aber seine Stimme war voll und fest und überaus einnehmend. Er hatte sein Publikum in der Hand. Ich beugte mich dicht zu Molly und Isabella und murmelte eine Frage in ihr Ohr. »Kennt ihr den Typen?«
Molly runzelte die Stirn. »Das Gesicht kommt mir bekannt vor.«
»Das sollte es. Das ist der berühmte Alexandre Dusk. Ein großer Mann in der Computerbranche. Er war mit zwanzig schon Millionär und mit einundzwanzig dann Milliardär. Keiner weiß, wie reich er jetzt ist, aber wenn er etwas sagt, dann hören Regierungen zu. Wenn sie wissen, was gut für sie ist. Aber er ist in der Öffentlichkeit schon seit Jahren nicht mehr gesehen worden. Die Leute müssen Millionen ausgeben, nur um ihm ein paar Fragen per Telefon zu stellen. Die meisten müssen sich mit E-Mails zufriedengeben. Also was macht er persönlich hier?«
»Wenn du die Klappe hältst und uns zuhören lässt, finden wir’s vielleicht raus«, erwiderte Molly.
Also hielten wir die Klappe und hörten zu. Dusk konnte reden, auch wenn er eher wie ein Politiker klang als ein Selfmade-Computerfritze. Er sprach gut und flüssig und bannte das Publikum in den Sitzen. Er verkaufte ihnen eine Vision. Er hatte ganz klar schon einige Zeit gesprochen und die Zuhörer gingen mit. Sie wollten wirklich, was er wollte. Dusk tänzelte vor ihnen vor und zurück, seine Stimme wurde lauter
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