Ein reizvolles Angebot
Liegestuhl zurück und zog ihren Sonnenhut tiefer über die Augen. Dieser Mann mochte komplizierter sein als der junge, lebenslustige Bursche, der er damals war. Aber dafür war er auch noch um einiges attraktiver.
„Gerade erst angefangen und schon ein bezahlter Urlaub – nicht schlecht.“
Tara sah verwundert von ihrem Laserdrucker auf, an dem sie stand. Sie wusste nicht, was sie von Mitchs bissigem Kommentar halten sollte. Sie hatte früher nie Schwierigkeiten mit ihm gehabt. Mitch hatte eine freundliche, verbindliche Art und mehr als ein Mal Frieden gestiftet, wenn zwischen Everett und Rand wieder einmal die Fetzen geflogen waren. Seitdem Rand und sie von dem Karibiktrip zurück waren, war Rands Bruder jedoch auffallend reserviert.
„Halt dich zurück, Mitch“, erklang Rands Stimme von der anderen Seite. Er war gerade aus seinem Büro getreten und hatte Mitchs Bemerkung gehört. „Wenn du Kritik an meinen Entscheidungen üben willst, kommst du damit bitte zu mir und lässt Tara in Ruhe.“
Einen Moment lang standen die beiden sich gegenüber, und es war erstaunlich, festzustellen, wie ähnlich sie sich sahen: derselbe athletische Körperbau, dasselbe Profil, selbst die dichten dunklen Augenbrauen unterstrichen ihre Ähnlichkeit, die Tara zuvor nie so stark aufgefallen war.
„Du verschwindest hier einfach, ohne ein Wort zu sagen, bist nicht übers Handy erreichbar. Ich habe mich schon gefragt, ob du wieder nach Kalifornien zurückgegangen bist.“
„Deine Assistentin wusste, dass wir nur für ein paar Tage weg sind. Wenn die Kommunikation zwischen euch nicht klappt, ist das nicht mein Problem. Und ans Handy konnte ich nicht gehen, weil wir uns außerhalb des Netzbereichs befanden.“
Mitch befriedigte diese Antwort nicht. „Außerdem war ein Urlaub in Dads Testament nicht für dich vorgesehen.“
„Wir haben keinen Urlaub gemacht. Wir waren geschäftlich unterwegs, und ich hatte meine Gründe, das vorher nicht an die große Glocke zu hängen.“
Eine Erholungsreise war es weiß Gott nicht gewesen, dachte Tara. Rand hatte zwar jede Nacht mit ihr geschlafen. Aber außer in der ersten Nacht hatte sie nicht den Eindruck gehabt, dass er wirklich mit dem Herzen dabei war. Es gab kein zärtliches Nachspiel. Rand hatte sich sofort zurückgezogen, oder wenn er dann neben ihr im Bett lag, schien es ihr, als ob er in Gedanken meilenweit weg wäre, so als täte er gerade das Nötigste, die Vereinbarung zu erfüllen, die Tara ihm abgerungen hatte. Auch als er an diesem Morgen den Vorschlag gemacht hatte, zusammen ins Büro zu fahren, war es ihm offenbar mehr darum gegangen, dass sie beide möglichst frühzeitig zur Arbeit kamen.
„Darf man erfahren, was der Anlass dieser sogenannten Geschäftsreise war?“, erkundigte sich Mitch.
„Dazu gehen wir besser in mein Büro.“ Rand sah zu Tara. „Du kommst mit. Sag in der Zentrale Bescheid, sie sollen die Anrufe für die nächste Viertelstunde annehmen, und bring deinen Block und die Bilanzen mit.“
Damit drehte Rand sich um und ging mit Mitch in sein Büro. Tara suchte schnell die Sachen zusammen, sprach mit der Telefonzentrale und folgte ihnen.
Rand begab sich hinter seinen Schreibtisch und bedeutete Mitch und Tara, auf den Besuchersesseln Platz zu nehmen. Dann eröffnete er die Besprechung mit den Worten: „Wir haben einen dreitägigen Trip auf der Abalone unternommen. Tara, erzähle Mitch doch bitte, was wir dort erlebt haben.“
Mitch hob die Hand. „Moment mal.“ Er sah forschend zu Rand hinüber. „Du bist auf eine Kreuzfahrt gegangen? Freiwillig? Das glaube ich ja nicht. Rand kann Kreuzfahrten nicht ausstehen“, fügte er, an Tara gewandt, hinzu.
Sie wunderte sich.
„Es ließ sich nicht vermeiden“, unterbrach Rand knapp und gab Tara das Zeichen anzufangen.
Sie schlug ihren Block auf. „Ich habe während der Kreuzfahrt drei Dutzend Passagiere befragt. Die interessantesten Auskünfte bekam ich indes von einer Reisegruppe von sechs jungen Männern, die seit fünf Jahren regelmäßig mit der Rendezvous Line einen Kurzurlaub machen. Was Alter und Einkommen betrifft, entsprechen sie genau der Zielgruppe der Schifffahrtslinie. Sie berichteten übereinstimmend, dass sich in den letzten zwei Jahren der Service und das Angebot an Bord deutlich verschlechtert hätten. Die Qualität des Essens hätte nachgelassen, ebenso die der Getränke an der Bar. Für ihre nächste Kreuzfahrt überlegen sie ernsthaft, sich einen anderen Anbieter zu
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