Ein reizvolles Angebot
Tasche und förderte schließlich eine Flasche Sonnencreme zutage. Im Gegensatz zu Rand gehörte sie zu den Menschen, die mit ihrer empfindlichen Haut aufpassen mussten, sich keinen Sonnenbrand zu holen.
Als Rand sah, was sie vorhatte, stand er auf und kam zu ihr herüber. Tara rutschte ein Stück nach vorn und beugte sich vor, sodass er hinter ihr sitzen konnte. Wie auf dem Jetski, dachte sie. Aber er schien zu ihrem Bedauern darauf zu achten, sie dieses Mal nicht mit den Beinen zu berühren. Sie hörte das Klicken des Verschlusses und roch das Kokosaroma der Sonnencreme.
Sorgfältig verteilte er die angenehm kühlende Creme auf Rücken und Schultern. Als er sich dem Rand ihres Bikinihöschens näherte, spürte sie, wie sie erschauerte. Für einen Moment stockte ihr der Atem. Er fuhr mit dem Zeigefinger unter dem Gummizug entlang. „Hier kann man sich besonders leicht verbrennen“, sagte er.
Tara war in Versuchung, sich an ihn zu lehnen, damit er mit der Vorderseite und ihren Beinen weitermachen konnte, aber sie hatten zu viele Zuschauer in der Nähe. Als kleine Entschädigung streichelte sie ihm die Knie und genoss das Gefühl der drahtigen Haare auf seinen Beinen.
Sofort ließ Rand von ihr ab, machte die Flasche zu und reichte sie ihr zurück. Tara war enttäuscht. „Den Rest schaffst du auch allein“, sagte er, erhob sich und kehrte auf seinen Platz zurück. Immerhin konnte Tara an seinen Shorts erkennen, dass ihre kurze Begegnung ihn nicht ganz unbeeindruckt gelassen hatte. Sie überlegte kurz, ob sie die Situation nutzen und vorschlagen sollte, aufs Schiff und in ihre Kabine zurückzukehren. Aber sie wollte noch etwas anderes. Sie wollte versuchen, ob es nicht noch einmal möglich war, die heitere, unbeschwerte Seite an ihm hervorzulocken. Auf dem Jetski war es so schön mit ihm gewesen. Da war der alte Rand plötzlich wieder da gewesen, von dem Tara schon befürchtet hatte, dass es ihn gar nicht mehr gab.
„Soll ich dir auch den Rücken einreiben?“, fragte sie.
„Nein danke.“
Doch so leicht ließ Tara sich nicht entmutigen. Sie beschloss, abzuwarten und ein unverfängliches Thema anzuschneiden. „Wenn ich mir vorstelle: eine private Insel … Es muss doch als Junge toll für dich gewesen sein. Bist du mit Mitch und Nadia oft hier gewesen?“
„Wenn wir hier waren, dann nicht zu unserem Vergnügen“, erklärte Rand.
„Sondern?“
„Zum Arbeiten. Mitch hat sich ums Jetski-Fahren und Parasailing gekümmert und Nadia um die Schnorchel- und Kajak-Kurse.“
„Und du?“
„Alles Mögliche. Müllentsorgung, Reparaturen. Dad hat die dreckigsten Jobs immer für mich aufgehoben. Das einzige Mal, wo ich eine Arbeit hatte, bei der man sich auch Trinkgelder verdienen konnte, war als Kabinensteward. Am liebsten sah Dad es, wenn ich die Toiletten putzte.“
Tara war erschüttert. Das war nicht das Bild, das sie von Everett gehabt hatte, als sie noch für ihn arbeitete. „Warum sollte er dir das antun wollen?“
„Er war der Ansicht, dass derjenige, der die Reederei eines Tages leitet, sich für nichts zu schade sein durfte. Und das hat er mir auch eindrucksvoll vermittelt.“
„Oh, das ist grausam“, sagte sie, erschrocken über Rands Bitterkeit.
„Finde ich nicht.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich verstehe mein Geschäft heute besser als die meisten anderen Firmenchefs. Mein Vater hat sich zwar alle Mühe gegeben, mir das Rückgrat zu brechen, aber geschafft hat er es letztendlich nicht. Heute müsste ich ihm dafür sogar dankbar sein.“
Tara schwieg betroffen. Wie sie Everett Kincaid kennengelernt hatte, war er unerbittlich und skrupellos, wenn es um seine Konkurrenten ging. Aber seinem eigenen Sohn gegenüber? Sie konnte kaum glauben, dass Rand über denselben Mann sprach, der sich ihr gegenüber immer so anständig verhalten hatte. Oder war dieser Eindruck nur das Ergebnis ihrer verklärten Sichtweise, weil sie den Aufstieg von einer kleinen Angestellten zur persönlichen Assistentin des obersten Chefs geschafft hatte?
Und wie war es mit Rand? War ihr Urteil über ihn vielleicht auch getrübt? Nein, sie hatte Rand geliebt – das stand unumstößlich fest. Allerdings musste sie zugeben, dass sie in den letzten zehn Tagen mehr über ihn erfahren hatte als in den ganzen Monaten, in denen sie fünf Jahre zuvor zusammen gewesen waren. Sie hatte erst jetzt die Erfahrung machen müssen, wie widersprüchlich und komplex dieser Mann in Wirklichkeit war.
Seufzend lehnte sich Tara in ihrem
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