Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
wissen Bescheid.«
»Schlägerei, ja?«
»Diebstahl«, korrigierte ihn Wills. »Aber das ist zwanzig Jahre her.«
»Was ist mit Ihrem Auto? Sie meinten vorhin, Sie hätten einen Blechschaden gebaut?«
Aber Wills spähte durchs Fenster nach draußen. »Da kommt Gary.« Ein hellfarbenes Auto hatte vor dem Kabuff gehalten, und der Fahrer schloss es jetzt ab.
Die Tür flog auf. »Was, zum Teufel, ist unten los, Joe?« Der Parkwächter namens Gary war noch nicht ganz in Uniform. Rebus vermutete, dass die Jacke, zusammen mit einer Sandwichbox, in seiner Plastiktüte steckte. Er war ein paar Jahre jünger als Wills, ein ganzes Stück schlanker und gut fünfzehn Zentimeter größer. Er ließ zwei Zeitungen auf die Arbeitsfläche fallen, weiter kam er nicht hinein – dank Rebus war Platz jetzt Mangelware. Der Mann wand sich aus seinem Mantel: darunter ein blütenweißes Hemd, aber kein Schlips – wahrscheinlich hatte er einen zum Anstecken irgendwo in der Tasche.
»Ich bin Detective Inspector Rebus«, stellte Rebus sich vor. »Letzte Nacht wurde ein Mann brutal zusammengeschlagen.«
»Auf Ebene null«, fügte Wills hinzu.
»Ist er tot?«, fragte der Neuankömmling mit aufgerissenen Augen. Wills zog sich den Daumen quer über die Gurgel und machte dazu das entsprechende Geräusch. »Verdammter Mist. Weiß Sensenmännchen schon Bescheid?«
Wills schüttelte den Kopf und sah, dass Rebus eine Erklärung erwartete. »So nennen wir einen der Bosse«, sagte er. »Bossin eigentlich. Sie ist die Einzige, die wir überhaupt zu sehen kriegen. Trägt immer einen langen schwarzen Mantel mit einer spitzen Kapuze.«
Daher also der Name. Rebus nickte. »Ich brauche Ihre Aussage«, erklärte er dem Neuankömmling. Wills schien es plötzlich sehr eilig zu haben, sammelte seine Habseligkeiten zusammen und stopfte sie in eine Einkaufstüte.
»Ist während deiner Schicht passiert, Gary«, sagte er und schnalzte mit der Zunge. »Sensenmännchen wird gar nicht erfreut sein.«
»Na, das ist ja ein Ding.« Gary hatte das Kabuff wieder verlassen, damit Wills den Raum verlassen konnte. Rebus, der frische Luft brauchte, ging ebenfalls nach draußen.
»Wir unterhalten uns noch!«, rief er der sich entfernenden Gestalt nach. Wills winkte zum Abschied, ohne sich umzudrehen. Rebus richtete seine Aufmerksamkeit auf Gary. Man hätte ihn »schlaksig« nennen können. Er ließ die Schultern hängen, als wäre ihm seine Körpergröße peinlich. Ein langes Gesicht mit einem kantigen Unterkiefer und ausgeprägten Jochbeinen, dazu eine dunkle Mähne. Du solltest mit einer Band auf der Bühne stehen, hätte Rebus fast laut gesagt, nicht in diesem aussichtslosen Job stecken. Aber vielleicht war das für Gary ganz o.k. Gut sah er schon aus, was seine »scharfe Braut« erklärte. Andererseits konnte Rebus nicht einschätzen, wie hoch Joe Wills’ ästhetische Maßstäbe sein mochten …
Zwanzig Minuten später war er nicht viel schlauer als zuvor: vollständiger Name Gary Walsh; kleine Wohnung in Shandon; seit neun Monaten im Parkhaus beschäftigt; hatte es vorher als Taxifahrer versucht, war aber nicht gern nachts gefahren; hatte vergangenen Abend nichts Ungewöhnliches gesehen oder gehört.
»Was passiert um elf?«, hatte Rebus gefragt.
»Da machen wir den Laden dicht – an Ein- und Ausfahrt werden Metallrollläden runtergelassen.«
»Dann kann niemand mehr rein oder raus?« Walsh hatte den Kopf geschüttelt. »Sie vergewissern sich, dass niemand eingeschlossen ist?« Ein Nicken. »Parkten auf Ebene null noch irgendwelche Autos?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Parken Sie immer hier neben dem Wärterhäuschen?«
»Ja.«
»Aber raus fahren Sie immer auf Parkebene null?« Wieder ein Nicken. »Und Sie haben nichts gesehen?«
»Auch nichts gehört.«
»Auf dem Boden musste Blut sein.«
Ein Achselzucken.
»Sie hören gern Musik, Mr. Walsh.«
»Und wie.«
»Machen es sich auf Ihrem Stuhl bequem, die Füße hoch, Kopfhörer auf, Augen zu … Prima Wächter, kann man nur sagen.«
Rebus hatte sich wieder den Monitoren zugewandt, ohne Walshs bitterbösem Blick Beachtung zu schenken. Ebene null wurde von zwei Kameras überwacht. Die eine war an der Ausfahrtschranke befestigt, die andere in die entgegengesetzte Ecke gerichtet. Da hätte schon ein Kamerahandy bessere Bilder geliefert.
»Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht besser helfen kann«, hatte Walsh gesagt, ohne sich im Mindesten zu bemühen, es glaubhaft klingen zu lassen. »Wer war der Mann
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