Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music
Tapas-Bar, während die Frau neben ihm wissen wollte, wann die beste Zeit sei, um bei IKEA in Ruhe einzukaufen; ein Pfeifenraucher plädierte für die vollständige Unabhängigkeit Schottlands, während sein hörbar englischer Nachbar witzelte, dass der Süden nur zu froh über die Trennung wäre – »und ohne einen Penny Unterhalt!«.
»Das Nordseeöl ist der einzige Unterhalt, den wir brauchen werden«, sagte der Pfeifenraucher.
»Das wird schon jetzt weniger. In zwanzig Jahren kommt ihr ja doch wieder angekrochen.«
»In zwanzig Jahren sind wir Norwegen.«
»Entweder das, oder Albanien.«
»Die Sache ist doch die«, unterbrach ein anderer Raucher, »wenn Labour ihre schottischen Sitze in Westminster verlieren würde, hätte sie südlich der Grenze nie wieder was zu melden.«
»Da ist was dran«, meinte der Engländer.
»Direkt nach Ladenöffnung oder kurz vor Ladenschluss?«, fragte die Frau weiter.
»So Tintenfischstückchen und Tomate«, erklärte ihr Nachbar. »Nicht schlecht, wenn man erst auf den Geschmack gekommen ist …«
Rebus trat seine Zigarette aus und ging wieder hinein. Die Getränke warteten samt seinem Wechselgeld auf ihn. Colin Tibbet war aus dem Nebenraum an den Tresen getreten, um ihm tragen zu helfen.
»Sie können ruhig den Schlips abnehmen«, spöttelte Rebus. »Wir sind nicht im Büro.«
Tibbet lächelte, sagte aber nichts. Rebus steckte das Wechselgeld ein und stemmte die zwei Gläser. Es gefiel ihm, dass Phyllida Hawes ihr Bier pintweise trank. Tibbet hielt sich an O-Saft, während Clarke bei ihrem Weißwein blieb. Sie saßen am Tisch ganz hinten. Clarke hatte ihr Notizbuch vor sich liegen. Hawes prostete Rebus mit ihrem frischen Pint wortlos zu. Er quetschte sich wieder auf seinen Stuhl.
»Am Tresen hat’s länger gedauert, als ich dachte«, sagte er in entschuldigendem Ton.
»Dafür hat’s für eine schnelle Kippe gereicht«, spöttelte Clarke. Er beschloss, sie zu ignorieren.
»Also, was haben wir?«, fragte er stattdessen.
Nun, sie hatten einen Abriss der letzten zwei bis drei Stunden von Todorows Leben. Sie hatten eine immer länger werdende Liste von Dingen, die man beim Toten nicht gefunden hatte – weil sie ihm vermutlich abgenommen worden waren. Sie hatten einen neuen Tatort, das Parkhaus.
»Spricht irgendwas dafür«, meldete sich Tibbet zu Wort, »dass wir es nicht lediglich mit einem besonders brutalen Raubüberfall zu tun haben?«
»Eigentlich nicht«, meinte Clarke, aber dann fing sie Rebus’ Blick auf. Irgendetwas stimmte nicht; es war nur ein Gefühl, aber auch Clarke spürte das: Es stimmte einfach irgendetwas nicht. Sein Handy, das er vor sich auf den Tisch gelegt hatte, fing an zu vibrieren. Er griff danach und entfernte sich vom Tisch, zum einen in der Hoffnung auf einen besseren Empfang, zum anderen, um dem Stimmengewirr zu entkommen. Sie waren im Nebenzimmer nicht allein: Drei Touristen saßen irritiert in einer Ecke und verrieten erheblich zu viel Interesse an den verschiedenen Artefakten und Werbeplakaten an den Wänden. Zwei Männer in Geschäftsanzügen steckten an einem anderen Tisch die Köpfe zusammen und stritten sich nahezu lautlos über etwas. Im Fernsehen lief eine Quizsendung.
»Wir sollten uns als Viererteam anmelden«, sagte Tibbet. Hawes fragte, wovon er redete. »Das Hauptquartier veranstaltet eine Woche vor Weihnachten ein Pubquiz«, erklärte er.
»Bis dahin«, erinnerte ihn Clarke, »werden wir lediglich ein Dreierteam sein.«
»Schon was über die Beförderung gehört?«, fragte Hawes sie. Clarke schüttelte den Kopf. »Lassen sich ja Zeit«, schob Hawes nach; Salz in die Wunde. Rebus kam an den Tisch zurück.
»Äußerst merkwürdig«, sagte er, während er sich wieder setzte. »Das war Howdenhall mit einer Neuigkeit. Untersuchungen haben ergeben, dass unser russischer Dichter irgendwann im Lauf des Tages ejakuliert hatte. Offenbar Flecken in der Unterhose.«
»Vielleicht war er in Glasgow zum Schuss gekommen«, spekulierte Clarke.
»Vielleicht«, pflichtete Rebus ihr bei.
»Bei diesem Typ vom Tonstudio?«, schlug Hawes vor.
»Todorow hatte eine Frau«, erklärte Clarke.
»Bei Dichtern kann man allerdings nie wissen«, fügte Rebus hinzu. »Könnte natürlich auch irgendwann nach dem Curry passiert sein.«
»Wann auch immer – bis hin zu dem Augenblick, als er überfallen wurde.« Clarke und Rebus tauschten wieder einen Blick.
Tibbet rutschte auf seinem Stuhl hin und her. »Oder es könnte auch … Sie wissen
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