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Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music

Titel: Ein Rest von Schuld - Rankin, I: Rest von Schuld - Exit Music Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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hatte gescheiteltes schwarzes Haar und ein Gesicht, das immer wie frisch rasiert und parfümiert aussah. Die Leute tendierten in Anwesenheit des Polizeipräsidenten dazu, derlei Details übertriebene Aufmerksamkeit zu schenken, um zu vermeiden, auf den großformatigen Leberfleck an seiner rechten Wange zu starren. Etlichen Beamten war aufgefallen, dass er bei Fernsehinterviews immer rechts im Bild saß, so dass er die andere Gesichtshälfte im Profil zeigte. Es hatte sogar eine Diskussion über die Frage gegeben, ob der Pigmentfleck eher dem Küstenverlauf von Fife oder dem Kopf eines Terriers ähnelte. Sein ursprünglicher Spitzname »Bügelfalte« war schon bald durch den passenderen »Mole Man« ersetzt worden, was, wie Rebus sich zu erinnern meinte, auch der Name eines Comic-Superschurken war (obwohl bei dem mole nicht »Leberfleck«, sondern »Maulwurf« bedeutete). Er hatte bislang nur drei- oder viermal vor Corbyn gestanden und – bislang – noch nie, um einen Klaps auf die Schulter oder einen beglückwünschenden Händedruck in Empfang zu nehmen. Nichts von dem, was er am Telefon gehört hatte, berechtigte zu der Annahme, dass es diesmal anders ablaufen könnte.
    »Dann rein mit Ihnen«, befahl Corbyn knapp, nachdem er seine Tür gerade weit genug aufgemacht hatte, um den Kopf hinauszustrecken. Bis Rebus sich von dem einzigen Stuhl auf dem Korridor erhoben und die Tür ganz geöffnet hatte, thronte Corbyn auch schon wieder hinter seinem ebenso großen wie unglaublich aufgeräumten Schreibtisch. Ein Mann saß dem Chief Constable gegenüber. Er war massig, hatte nur noch wenige Haare auf dem Kopf und ein gemästetes, ungesund violettrosiges Gesicht. Er stand nur gerade lange genug auf, um Rebus die Hand zu geben und sich als Sir Michael Addison vorzustellen.
    »Sie arbeitet schnell, Ihre Stieftochter«, sagte Rebus zum Banker. Und Addison selbst war auch keiner von der langsamen Truppe; keine neunzig Minuten, seitdem Rebus Gill Morgans Wohnung verlassen hatte, und schon saßen sie alle drei beisammen. »Feine Sache, Freunde zu haben, nicht?«
    »Gill hat mir alles erklärt«, sagte Addison. »Offenbar ist sie in schlechte Gesellschaft geraten, aber ihre Mutter und ich werden uns darum kümmern.«
    »Ihre Mutter weiß also Bescheid?«, hakte Rebus nach.
    »Wir hoffen, dass das nicht nötig sein wird …«
    »Wär auch schade, wenn sie wieder zur Flasche greifen würde«, pflichtete Rebus ihm bei.
    Das schien dem Banker die Sprache zu verschlagen; Corbyn fasste das Schweigen als sein Stichwort auf. »Schauen Sie, John, ich kann mir wirklich nicht vorstellen, was es Ihnen einbringen würde, noch weiter auf der Sache herumzureiten.« Die vertrauliche Anrede suggerierte, dass sie hier alle auf derselben Seite standen.
    »Welche Sache meinen Sie speziell, Sir?«, fragte Rebus, ohne auf das Spielchen einzugehen.
    »Sie wissen, was ich meine. Junge Mädchen sind leicht beeinflussbar … Vielleicht hatte Gill einfach Angst, die Wahrheit zu sagen.«
    »Weil sie dann ihre Lieferantin losgewesen wäre?«, fragte Rebus betont arglos. Er wandte sich Addison zu. »Die Freundin heißt übrigens Nancy Sievewright – sagt Ihnen der Name was?«
    »Ich bin ihr noch nie begegnet.«
    »Aber einer Ihrer Kollegen durchaus – Roger Anderson heißt der Gute. Schafft’s offenbar nicht, Abstand von ihr zu halten.«
    »Ich kenne Roger«, räumte Addison ein. »Er war dabei, als der Leichnam dieses Dichters gefunden wurde.«
    »Von Nancy Sievewright gefunden wurde«, betonte Rebus.
    »Und betrifft das alles Gill wirklich in irgendeiner Weise?«, unterbrach Corbyn.
    »Sie hat in einer Mordermittlung gelogen.«
    »Und jetzt hat sie Ihnen die Wahrheit gesagt«, drängte Corbyn. »Das reicht ja doch wohl?«
    »Nicht ganz, Sir.« Er wandte sich an Addison. »Ich hab noch einen Namen für Sie – Stuart Janney.«
    »Ja?«
    »Er arbeitet ebenfalls für Sie.«
    »Er arbeitet nicht für mich persönlich, sondern für die Bank.«
    »Und verbringt seine Tage damit, mit Abgeordneten des Schottischen Parlaments zu plaudern und zickige Russen so gut es geht zu beschützen.«
    »Einen Moment mal!« Addisons bislang rosiges fleischiges Gesicht war inzwischen knallrot geworden, was die Rasurpickel am Hals gut zur Geltung brachte.
    »Gerade erst«, bohrte Rebus weiter, »habe ich mich mit meinen Kollegen darüber unterhalten, dass alles miteinander zusammenhängt. In einem Land von der Größe Schottlands, einer Stadt, die so klein wie Edinburgh ist,

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