Ein Rezept für die Liebe: Roman (German Edition)
hinter den Pinien im Hof ihres Hauses unterging. Sie machte ihm ein Sandwich, und er erzählte ihr, was er an diesem Tag getan hatte. Sie schenkte ihm ihr gewohntes sanftes Lächeln und nahm seine Hand. »Ich werde Melba immer vermissen«, sagte sie. »Ihr beide hattet großes Glück, einander gefunden zu haben. Mein Mann ist vor fünfundzwanzig Jahren gestorben. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass jemand anderes seinen Platz einnehmen könnte, aber ich habe festgestellt, dass es im Herzen eines Menschen Platz für mehr als eine einzige Liebe geben kann.«
Und dann küsste er sie. Zum ersten Mal in mehr als fünfzig Jahren küsste er eine Frau, die nicht Melba war. In den ersten Sekunden war es ein eigentümliches Gefühl. Für beide. Doch
dann fühlte es sich richtig an, und er wollte verdammt sein, wenn sein Herz nicht zu hämmern begann, als wäre er wieder vierzig. Er löste sich von ihr und gestand ihr, wie tief seine Zuneigung und seine Liebe für sie sei.
Sie sah ihm tief in die Augen. »Es wird auch allmählich Zeit. Ich liebe dich nämlich schon seit beinahe einem Jahr.«
Er hatte keine Ahnung gehabt. Absolut keine, und nun schien es, als könnte er nur dastehen und staunen, dass eine Frau wie Grace einen Mann wie ihn lieben konnte. Er war beinahe zehn Jahre älter als sie, und jedes einzelne davon war ihm deutlich anzusehen. Sie hingegen wirkte keinen Tag älter als fünfundfünfzig.
Sie schlang ihm die Arme um den Hals. »Bleib über Nacht hier«, flüsterte sie.
»Grace, ich respektiere dich und …«
»Still«, unterbrach sie ihn. »Natürlich respektierst du mich. Das ist eines der Dinge, die ich an dir liebe, Stanley Caldwell. Du bist ein guter und rechtschaffener Mann, aber selbst gute und rechtschaffene Männer haben Bedürfnisse, die nur im Bett befriedigt werden können. Genauso wie gute und rechtschaffene Frauen.«
Gütiger Himmel. In seinem Inneren begann es so heftig zu beben, dass er fürchtete, im nächsten Moment zu zerbersten. Er wollte mit Grace schlafen. Er war sich ziemlich sicher, dass er körperlich noch dazu imstande war, doch ein Teil von ihm hatte Angst vor dem Schritt. »Aber heute ist das alles anders. Man muss diesen safer sex haben.«
»Ich glaube nicht, dass wir uns darüber Gedanken zu machen brauchen. Ich habe keinen Sex mehr gehabt, seit ich George Bush senior gewählt habe, und du warst fast fünf Jahrzehnte mit derselben Frau verheiratet.« Sie sah ihn an, und die Falten um ihre Augen gruben sich noch eine Spur tiefer ein.
»Und nur für den Fall, dass du dir Sorgen machen solltest … ich kann auch nicht mehr schwanger werden.«
»Gütiger Gott im Himmel.«
Um halb ein Uhr früh griff Kate nach dem Telefon und wählte sieben Ziffern. Ein Knoten hatte sich in ihrem Magen gebildet, und sie fürchtete, ihr würde gleich übel werden. Ein Teil von ihr hoffte, dass er den Hörer nicht abnahm. An jenem Abend, als er aus dem M & S Market gestürmt war, hatte sie sich zutiefst gedemütigt gefühlt und war fest entschlossen gewesen, kein Wort mehr mit ihm zu wechseln. An jenem Abend war es ihm zuerst gelungen, dass sie sich so wunderbar fühlte, ehe er den Spieß umgedreht und dafür gesorgt hatte, dass sie sich umso mieser fühlte.
Das Telefon läutete fünfmal, ehe er abnahm. »Wer auch immer es ist, sollte einen guten Grund haben.« Seine Stimme klang schlaftrunken, verdammt sexy – und reichlich übellaunig.
»Rob, hier spricht Kate. Ich wecke dich nur ungern auf, aber hast du meinen Großvater heute gesehen?«
»Kate?« Er räusperte sich, und sie sah beinahe vor sich, wie er sich im Bett aufsetzte. »Nein, ich habe Stanley heute nicht gesehen, schließe aber aus deinem Anruf, dass er nicht zu Hause ist.«
Der Knoten in ihrem Magen zog sich noch ein wenig fester zusammen. »Nein, er ist heute Morgen nach Boise gefahren, und seither habe ich weder von ihm gehört noch ihn gesehen. Hast du heute schon mit deiner Mutter gesprochen?«
»Ja. Ich habe sie um die Mittagszeit gesehen. Wieso?«
»Ich habe vor zwei Stunden bei ihr zu Hause angerufen, um zu fragen, ob sie Stanley gesehen hat, aber es ist niemand ans Telefon gegangen. Eine Viertelstunde später habe ich es noch einmal versucht, aber wieder hat niemand abgehoben.«
»Bei meiner Mutter hat niemand abgehoben?« Das Geräusch von Schubladen, die aufgezogen und wieder geschlossen wurden, drang durch die Leitung. »Hast du die richtige Nummer gewählt?« Sie wiederholte Graces Nummer.
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