Ein Rezept für die Liebe: Roman (German Edition)
unerträglich für einen alten Mann wie ihn, weiterleben zu müssen, wenn die beste Freundin und Gefährtin nicht mehr an seiner Seite war. Sie hatten Kinder großgezogen, waren zusammen alt, dick und behäbig geworden. Er vermisste sie so sehr, als fehle ihm der zweite Teil seiner Seele. Er konnte sie nicht einfach verpacken und wegschließen.
Er griff in die Schachtel und zog einige der Alben heraus, ehe er sie langsam wieder zurücklegte. Grace Sutter war an diesem Abend auf ein Bier vorbeigekommen, während Katie beim Billard gewesen war. Sie hatten gelacht und sich über ihre Gemeinsamkeiten
unterhalten, wie zum Beispiel ihre Liebe zu Filmen mit John Wayne und Tex-Ritter-Western, zu Glenn Miller und zum Kingston Trio.
Und nun, da Grace fort war, hatte er ein schlechtes Gewissen, weil er diese Erinnerungen mit jemand anderem als Melba, seiner Frau, geteilt hatte. Ein schlechtes Gewissen, weil er ihre Schallplatten in eine Schachtel gelegt hatte. Er hatte gedacht, er könnte einige ihrer Sachen wegpacken – nichts Wichtiges wie ihre Hauskleider und Hausschuhe, sondern ein paar Kleinigkeiten, derentwegen Katie ihm bereits in den Ohren gelegen hatte. Er hatte gedacht, er könnte es.
Stanley ließ die Platten los und stellte die Schachtel auf den Boden. Er mochte Grace. Abgesehen von Melba mochte er sie lieber als jede andere Frau seit langer, langer Zeit. Sie drängte ihn nicht und war keine Klatschbase. Mit ihr zu reden war so einfach gewesen, und ihr Lächeln löste das Bedürfnis in ihm aus zurückzulächeln.
Mit dem Fuß schob er die Schachtel unters Bett. Na schön, also hatte er es doch nicht über sich gebracht, sich von Melbas Alben zu trennen. Stattdessen hatte er sie einfach nur irgendwo anders hingestellt. Irgendwo, wo er sie nicht sehen konnte, aber er hatte sie nicht endgültig weggeräumt.
Er drehte das Licht ab und kroch unter die Decken. Als er die Augen schloss, stellte er sich Melbas Gesicht vor, umrahmt von ihrem grauen Haar, und entspannte sich. Grace Sutter war eine gute Freundin. Er mochte sie, aber niemand würde jemals den Platz seiner toten Frau in seinem alten, einsamen Herzen einnehmen können.
ACHT
Am Montag nach dem Ärger in der Buckhorn Bar zwang Kate eine böse Erkältung, zu Hause zu bleiben. Sie saß auf ihrem Bett, zappte sich durch die Fernsehkanäle und suhlte sich im Selbstmitleid. Ihr ganzer Körper schmerzte. Ihr war so langweilig, dass sie am liebsten laut geschrien hätte, doch das ging nicht, weil ihre Brust viel zu sehr wehtat.
Statt sich ihrer schlechten Laune hinzugeben, zog sie das Kabel für die Internetverbindung hervor, die ihre Großmutter vor einigen Jahren hatte legen lassen und ihr Großvater noch immer regelmäßig bezahlte, obwohl er sie niemals nutzte. Dann holte sie ihr Notebook aus dem Schrank und verbrachte die nächste Stunde damit, das Netz nach spannenden Dingen wie Software für den Einzelhandel, besonders für kleine Lebensmittelgeschäfte, zu durchforsten. Wenn sie die Namen von Beratern, mehr Informationen oder sogar Broschüren aufstöberte, könnte sie ihrem Großvater zeigen, dass sein Leben um so vieles einfacher wäre, wenn er den Schritt ins neue Jahrtausend vollzöge. Es war doch verrückt, die Technologie nicht zu nutzen, die einem gleichzeitig einen Überblick über den Gewinn und die Bestände im Laden verschaffte. Es war schlicht und einfach dickköpfig, sich zu weigern, auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden.
Sie markierte mehrere Seiten mit einem Lesezeichen und schickte eine E-Mail mit der Bitte um weitere Informationen, und da sie krank und unerträglich gelangweilt war, brachte sie
sich mit einer kleinen Einkaufstour im Internet wieder in eine bessere Stimmung. Sie erstand Höschen und BHs bei Victoria’s Secret und Jeans und Pullis bei Neiman Marcus und Banana Republic. Bei Nordstrom’s kaufte sie ein Paar Schuhe, ehe sie sich zu einem silbernen Armband von Tiffany’s hinreißen ließ. Am Ende war sie zwar um tausend Dollar ärmer, fühlte sich aber trotzdem nicht viel besser. Sie war immer noch krank, und ihre Langeweile war auch nicht verflogen.
Sie legte die Hände an das Notebook, um den Deckel zu schließen, doch eine leise Stimme in ihrem Kopf ließ sie innehalten. Es wäre so einfach , sagte sie. Sie kannte die Autonummer von Rob Sutters Hummer, und mit wenigen Mausklicks könnte sie seinen Geburtstag und seine Sozialversicherungsnummer herausfinden. Und dann könnte sie sich selbst davon überzeugen, ob
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