Ein Rezept für die Liebe: Roman (German Edition)
den Verstand verloren.
»Niemand hier isst diese affigen Dinge.«
»Aber bei Triangle Grocery gibt es sie«, wandte sie ein. Triangle Grocery war der zweite Lebensmittelladen in der Stadt.
»Genau. Wenn die so was haben, wieso sollte ich es dann auch noch anbieten?«
Zumindest in der Frage der Preisetiketten gelangten sie zu einem Kompromiss. In Zukunft würde es keine Preisschilder mehr auf Waren geben, die bereits vom Hersteller ausgezeichnet waren. Ihr Großvater stimmte ihr zu, dass dies nicht nur eine Geld-, sondern auch eine Zeitverschwendung war.
Es war nur ein kleiner Sieg für Kate, aber ein wichtiger. Denn er bewies, dass ihr Großvater nicht gänzlich unnachgiebig war, sondern in manchen Fragen durchaus auf sie hörte. Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen war, stünde er möglicherweise ihren Ideen offen gegenüber, die Bestandskontrolle und die Buchführung des Ladens zu modernisieren. Auf diese Weise könnte sie ihm letzten Endes doch helfen, sein Leben einfacher zu machen. Im Grunde war die Lage gar nicht so übel.
Zumindest dachte sie das bis zu der Sekunde, als die Ladentür aufging und ein leicht zerzaust aussehender Rob eintrat.
Aus den Stereolautsprechern drang Toms Interpretation von Otis Reddings »Try a Little Tenderness«. Sie hatte Rob seit der Schlägerei im Buckhorn nicht mehr gesehen, und trotz allem, was sie seither über ihn herausgefunden hatte, wäre sie bei seinem Anblick am liebsten vor den Spiegel gelaufen und hätte ihren Lipgloss aus der Tasche gezogen.
Sie stand hinter einem Korb mit Orangen und Grapefruits, und er sah vom Ende von Gang zwei zu ihr herüber, als hätte er ihre Anwesenheit gespürt. Er trug ein dunkelgrünes Kapuzen-Sweatshirt, das perfekt zur Farbe seiner Augen passte. Auf seinem Kiefer prangte ein bläulich schimmernder Bluterguss, die lebhafte Erinnerung an den Abend, als er sich ihretwegen eine Prügelei mit den Worsleys geliefert hatte.
»Wie geht’s?«, fragte er mit leicht heiserer Stimme, als hätte er in letzter Zeit nicht viel gesprochen.
»Mir geht’s gut.«
Seine Lippen teilten sich, als wollte er etwas sagen, doch stattdessen wanderte sein Blick zu den zwei kleinen Jungen, die hereingekommen waren, um sich einen Schokoriegel zu kaufen.
Es war halb vier Uhr nachmittags, und im Laden war wenig los. Die einzigen Kunden waren Adam Taber und Wally Aberdeen, die sich darüber stritten, wer der härtere Kämpfer war – Spiderman oder Wolverine aus X-Men . Rob packte Adam im Genick und zerzauste ihm das Haar.
»Wirst du diesen Sommer wieder bei mir arbeiten?«, fragte er den Jungen.
»Ja.« Adam lachte und befreite sich aus Robs Griff. »Kann Wally auch bei Ihnen arbeiten?«
Während Rob vorgab, über die Frage nachzudenken, ließ Kate den Blick über sein Sweatshirt wandern, vorbei an dem aufgestickten Rossignol-Etikett auf der Brust und über die Ärmel bis zu seinen ausgewaschenen Jeans. Die Säume waren
ausgefranst, und auf seinen Knien prangte ein Schmutzfleck. »Wenn du glaubst, du kriegst das hin«, meinte er.
»Werde ich«, versicherte Wally eifrig.
»Gut. Vielleicht habe ich nächsten Monat etwas für euch beide zu tun.« Die drei vollzogen irgendein männliches Fingerknöchel-Abschlagritual, ehe Rob auf die Ladentheke zuging, wo ihr Großvater gerade Zigarettenschachteln nachfüllte.
»Wie geht es deiner Mutter?«, erkundigte sich Stanley.
»Gut. Ich war gerade bei ihr und habe ein paar alte Rosensträucher ausgegraben.«
»Sag ihr, ich lasse sie schön grüßen, wenn du sie siehst.«
»Mache ich«, versprach Rob, lehnte sich mit der Hüfte an den Tresen und stellte einen Fuß vor den anderen. »Könntest du mir etwas Leinsamen bestellen?«
Leinsamen? Kate legte ein paar Orangen in die Auslage und mimte großes Interesse an den Äpfeln, obwohl sie mit den Gedanken ganz woanders war. Sie fragte sich, ob Rob häufig über seine Vergangenheit nachgrübelte. Ob er das Eishockey wohl vermisste oder besorgt wegen des Tages war, an dem Stephanie Andrews entlassen werden würde. Sie jedenfalls wäre besorgt deswegen, so viel stand fest. Und sie rätselte, ob er seine Lektion im Hinblick auf Untreue gelernt hatte und ob es sich bei seinem Kind um einen Jungen oder ein Mädchen handelte.
Schließlich griff sie nach dem leeren Orangenkorb und trug ihn zum Tresen, hinter dem eine Tür ins Hinterzimmer führte. Auf dem Weg warf sie Rob aus den Augenwinkeln einen Blick zu und musterte einen kurzen Augenblick lang den Bluterguss auf seinem
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