Ein Rezept für die Liebe: Roman (German Edition)
ihre Blicke begegneten. Für den Bruchteil einer Sekunde sahen sie einander in die Augen, eher er die Hand sinken ließ und wegsah. Eine feine Röte überzog seine Wangen, und er räusperte sich.
Ihr Großvater mochte Grace. Mehr als nur als Freundin. Mehr als die anderen Witwen im Ort. Wann war denn das passiert?
Kate naschte ein paar Oliven, ehe sie vor die Regale trat, in denen zahllose Fotos standen. Wie fand sie es, dass ihr Großvater mit Robs Mutter ausging? Sie war immer davon ausgegangen, sie würde sich freuen, wenn er sein Leben wieder in die Hand nahm. Wieder lebte. Tat sie das? Wenn sie ehrlich war, konnte sie es nicht sagen.
Die Fotos standen in Dreier- und Viererreihen in dem Regal, und ganz vorn befand sich eines von einem nackten Baby auf einem Lammfell. Daneben stand eine vergilbte, leicht verblasste Aufnahme eines weiteren Babys, das auf dem Schoß eines Mannes saß. Kate nahm an, dass es sich bei dem Mann um Robs Vater handelte. Sie schob sich eine weitere Olive in den Mund und betrachtete das Foto, auf dem Rob als Schulanfänger zu sehen war. Er trug einen Bürstenhaarschnitt, und in seinen Augen lag ein argwöhnischer Ausdruck. Sein Foto vom Schulabschlussball zeigte ihn in einem zartblauen Smoking, während seine Begleiterin ein Kleid aus Silberlamé mit Schulterpolstern anhatte, die ihr beinahe bis zu den Ohren reichten. Dieses Mal trug er sein Haar in einer Art Duran-Duran-Ananasfrisur mit langen Ponyfransen. Doch auf den meisten Bildern war Rob bei irgendwelchen Eishockeyturnieren zu sehen.
Auf einigen Fotos war er noch so klein, dass ihm das Trikot bis über die Hände reichte, doch auf sämtlichen Aufnahmen strahlten seine grünen Augen vor Aufregung und Begeisterung. Es gab einige Fotos, die ihn in Aktion zeigten, wie er auf das Tor schoss oder mit dem Puck übers Eis flitzte. Auf anderen hatte er den Helm tief ins Gesicht gezogen, und in seinen Augen lag ein drohender Ausdruck, während er seinen Gegnern nach allen Regeln der Kunst eins überbriet. Auf dem Titelblatt
einer Zeitschrift war er in Siegerpose zu sehen, die Hände mit dem Eishockeyschläger gereckt und mit einem breiten Lächeln auf dem Gesicht. Das Testosteron drang förmlich aus dem Fotopapier und stand in krassem Gegensatz zu den Spitzenvorhängen und dem rosa bezogenen Rattansofa.
Kate griff nach einer jüngeren Aufnahme von Rob. Er hielt ein nacktes Baby an seine Brust und hatte die Lippen auf das dunkle Köpfchen gedrückt – die zarten Züge seiner Tochter gegen die raue Männlichkeit seiner Gestalt.
Die Haustür wurde geöffnet, und Kate stellte das Foto ins Regal zurück. Sie drehte sich genau in der Sekunde um, als Rob den Raum betrat und die Tür hinter sich schloss. Er trug ein weißes, langärmeliges Hemd, das er in seine Khakihose mit messerscharfer Bügelfalte gesteckt hatte, und hatte eine Flasche Wein in der Hand. Beim letzten Mal, als sie im selben Raum gewesen waren, hatte er sie geküsst und ihre Hand auf seinen Schoß gelegt. Sie spürte, wie ihre Nervenenden zu vibrieren begannen, und ärgerte sich darüber, weil sie fand, sie sollte viel wütender und empörter sein, als sie es in Wahrheit war.
Grace durchquerte den Raum und trat vor ihn. »Du bist spät dran.«
»Ich musste den Laden noch so lange offen lassen«, erklärte er und drückte seine Mutter kurz an sich. »Hallo, Stanley«, sagte er, ehe er über den Kopf seiner Mutter hinweg in Kates Augen blickte. »Hallo, Kate.«
»Hallo«, sagte sie und stellte erleichtert fest, dass ihre Stimme nichts von der Anspannung ihrer Nerven verriet.
»Das Essen ist gleich fertig«, meinte Grace, nahm die Weinflasche und warf einen Blick auf das Etikett. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst einen Merlot mitbringen. Das hier ist ein Chardonnay.«
»Du weißt doch, dass ich nur Bier trinke. Ich verstehe nicht
das Geringste von Wein. Ich habe einfach den teuersten genommen, weil ich dachte, dass er der beste ist.«
Grace gab ihm die Flasche zurück. »Bring sie in die Küche und mach sie auf. Vielleicht kann Kate dir ja zeigen, wie man einen Korkenzieher benutzt.«
Das konnte sie durchaus, aber sie wollte nicht. »Klar.« Sie folgte Rob durchs Wohnzimmer, während ihr Blick über die Bügelfalte seines Hemdes bis zu der Stelle wanderte, wo es in seiner maßgeschneiderten Hose verschwand. Der Baumwollstoff schmiegte sich um sein Hinterteil, und zwei braune Knöpfe zierten die Gesäßtaschen. Die Hosenbeine fielen in einer perfekten, geraden Linie bis
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