Ein Ring aus Asche
brauchte einen Moment, um das zu verarbeiten. Noch eine riesige Veränderung in meinem Leben. Kurz fühlte ich Freude in mir aufwallen, weil Thais nicht zurück in den Norden zog, aber dennoch…
»M uss ich mein Zimmer mit ihr teilen?«
Nan lächelte mir zu, wie sie es immer tat, und ich fühlte, wie erleichtert ich war, dass sie zurück war, auch wenn ich mich über sie ärgerte. »N ein«, sagte sie mit amüsiertem Gesichtsausdruck. »I ch habe darüber nachgedacht und mich entschlossen, in die kleine Nische unter der Treppe zu ziehen. Thais bekommt mein Zimmer. Ich brauche sowieso nicht viel Platz. Das wird schon klappen.«
Im Moment diente uns der kleine Raum unter der Treppe als Abstellkammer.
»N a ja, wenn du meinst. Ich helfe dir, da auszumisten«, sagte ich.
»D anke.«
Und jetzt kam wieder die typische Clio zum Vorschein: Wenn Thais hier wohnte, so fiel mir ein, würde ich sehr viel mehr an ihrem Leben teilhaben und immer darüber informiert sein, was sie gerade tat. Zum Beispiel ob sie Luc traf. Ich schämte mich angesichts dieses Gedankens, aber ich wusste, dass es stimmte.
»O h mein Gott… Ein paar Sachen hab ich dir ja noch gar nicht erzählt«, sagte ich, und mein Herz schlug schneller. »I rgendjemand hat versucht, Thais und mich umzubringen, und irgendetwas stimmt mit Thais’ Magie nicht.«
Nans Augen weiteten sich. Ich erzählte ihr alles über die Angriffe auf uns, über die Wespen, und wie Melysa, eine meiner Lehrerinnen, uns gerettet hatte. Ich listete ihr alle unsere derzeitigen Theorien auf, sowie die, die wir bereits ausgeschlossen hatten. Während ich fortfuhr, sah Nan zunehmend besorgt aus. Sie presste die Lippen zusammen, wie sie es sonst nur tat, wenn sie böse auf mich war.
Schließlich nickte sie langsam und blickte nachdenklich drein. »O kay. Jetzt bin ich ja wieder da und werde der Sache auf den Grund gehen. Aber was meinst du damit, dass etwas mit Thais’ Magie nicht stimmt?«
Ich erzählte ihr von den Zaubersprüchen, die wir ausprobiert hatten und die völlig außer Kontrolle geraten waren, und von dem Zauber, der unsere Kräfte vereinen sollte und uns quer durch den Raum geschleudert hatte. Nan hatte erst zustimmend genickt, doch als ich den Handgranaten-Effekt beschrieb, wirkte sie erstaunt.
»W as?«, sagte sie, als habe sie nicht richtig gehört.
»W ir wurden aus dem Kreis und durch das ganze Arbeitszimmer geschleudert«, sagte ich erneut. Ich erzählte ihr, wie ich den Zauber vorbereitet und jedes noch so kleine Detail bedacht hatte. »I ch kam mir vor wie eine Stoffpuppe. Dann hatte ich gedacht– das war erst heute Morgen–, wir könnten den révéler la griffe ausprobieren, um herauszufinden, wer uns etwas antun will.«
Nan nickte. Das alles war vollkommen nachvollziehbar.
»W ir haben den Zauber bei Racey durchgeführt, weil mir hier irgendwie komisch zumute war. Und ich habe alles sehr umsichtig vorbereitet, vier Schutzsteine verwendet und bla, bla, bla. Ich habe mein Lied gesungen, Racey hat, wie schon eine Million Mal vorher, eingestimmt, und dann kam Thais mit ihrem Lied dazu. Es klang gut, weißt du? Als würde sie wissen, was sie tut. Zumindest war das, was aus ihrem Mund kam, korrekt.«
Mir fiel auf, dass ich Thais gar nicht gefragt hatte, woher sie gewusst hatte, was sie singen sollte. Das würde ich nachholen.
»W as ist dann passiert?«
»W ir wurden quer durch den Raum geworfen. Alle miteinander. Das war ein beschissenes Gefühl. Thais hat sich den Kopf an einem Schrank angehauen und hat jetzt ein blaues Auge.«
Nan sah mich an, als hätte ich soeben verkündet, dem Friedenskorps beitreten zu wollen.
»I ch fasse es nicht«, sagte sie. »U nd Racey wurde wirklich auch aus dem Kreis geworfen?«
Ich nickte. »A zura hat es gefühlt und kam gleich angerannt. Es war wie eine gigantische magische Erschütterung im Inneren des Hauses. Sie sagte, wir sollten nicht mehr damit herumspielen, bis du wieder da bist.«
Nan schüttelte den Kopf. »I hr wurdet physisch durch einen geschlossenen Kreis katapultiert.«
»J a, durch den Raum geschleudert halt«, wiederholte ich.
»U nd Thais hat ein blaues Auge? Wo ist sie jetzt?«
Ich zuckte die Achseln. »S ie hat ein paar Schulfreunde getroffen und wollte mit ihnen abhängen. Azura hat sie recht gut zusammengepflastert. Morgen sollte man eigentlich nicht mehr viel davon sehen. Aber hast du irgendeine Ahnung, was so etwas verursachen könnte?«
Nan antwortete nicht.
Kapitel 10
Das Mädchen mit
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