Ein Ring aus Asche
beinahe jeden Preis. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das Richtige getan habe. Aber du musst mir glauben, dass ich nie die Absicht hatte, dir wehzutun.«
»A ber das ist ja noch nicht alles«, fuhr ich fort. »N achdem alles herausgekommen ist und du mir kaum etwas erklärt hast, bist du einfach so abgereist. Und dann erfahre ich von dieser ganzen Treize-Geschichte. Es ist… unglaublich. Und noch dazu erfahre ich sie von einem Haufen Fremder. Es stimmt doch, was sie erzählt haben, oder?«
»S o ziemlich«, sagte Nan leise.
Ich stieß den Atem aus. Ein Teil von mir hatte die Sache bis jetzt, da sie mir bestätigt wurde, nicht wahrhaben wollen. »D u bist gar nicht meine Großmutter. Wir sind über so viele Generationen miteinander verwandt, dass ich es nicht mal nachrechnen kann!«
»Ü ber dreizehn Generationen«, sagte Nan. Ihre langen, schmalen Finger schlangen sich um das Glas. »A ber wir sind trotzdem verwandt. Neben Thais bin ich immer noch deine nächste Angehörige. Und ich wollte es dir so oft erzählen, aber ich wusste wirklich nicht, wie. Ich wollte einfach nicht, dass die Treize in dein Leben tritt.«
»Z u spät«, sagte ich.
»I ch weiß. Und ich weiß auch, dass sie ihren großen Plan in die Tat umsetzen wollen. Du, ich und Thais müssen uns entscheiden, wo wir diesbezüglich und auch in anderer Hinsicht stehen.«
»J a, zum Beispiel ob wir für immer leben wollen«, sagte ich. Bestürzung zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Ich erzählte ihr von Axelle, wieso wir über den Ritus Bescheid wussten und wie wir uns mit den anderen getroffen und einen Zirkel mit ihnen abgehalten hatten.
»U nd da hast du Luc kennengelernt, nicht wahr?«, fragte Nan, als hätte sie irgendetwas an mir wahrgenommen.
Ich zuckte die Achseln. Ich berichtete ihr nie von meinen Ausflügen in den Dating-Dschungel und im Moment fühlte ich mich ihr noch weniger nah als sonst, vertraute ihr weniger.
»C lio… Hat Luc dir wehgetan? Und Thais?«
Auf keinen Fall würde ich irgendjemandem gegenüber zugeben, wie schlimm die ganze Sache gewesen war. Es war zu peinlich und würde mir das Gefühl geben, mein pumpendes, blutendes Herz hinge für jeden sichtbar vor meiner Brust.
Ich zuckte erneut die Achseln und begegnete Nans Blick. »N icht wirklich.« Ich seufzte. »A ber was für ein Idiot! Er ist sowohl mit mir als auch mit Thais ausgegangen. Zum Glück haben wir es fast unmittelbar danach herausgefunden. Wir haben ihn beide angeschrien, und als wir mitbekommen haben, dass er auch Teil der Treize ist, haben wir ihn eiskalt geschnitten.«
Nan sah mich an und schien meine Worte sorgfältig abzuwägen. Ich fragte mich, ob sie von irgendjemandem etwas anderes gehört haben konnte, und entschied dann, dass es mir egal war. Dies hier war meine Version der Geschichte und ich würde daran festhalten.
»A lso war es nicht schlimmer als das?«
»N ein. Ich meine, wir sind immer noch wahnsinnig sauer. Aber wir kommen klar.«
»M hm.«
Ich musste das Thema wechseln. »A lso, wo warst du die ganze Zeit über? Warum hast du nicht angerufen?«
»I ch war in Connecticut und habe Michel Allards Testament korrigiert.«
Ich runzelte die Stirn. »D as von Thais’ Dad?« Ich hielt inne und verspürte ein seltsames Gefühl in der Magengegend. »V on meinem Dad?«, fügte ich hinzu, und die Worte klangen sonderbar. »W arum? Was meinst du mit ›korrigieren‹?«
»I rgendwie ist es Axelle oder Daedalus direkt nach Michels Tod gelungen, sein Testament dahingehend zu verändern, dass Axelle das Sorgerecht für Thais bekommt.«
»O h, ach so.«
»J a. Also bin dieses Mal ich selbst hochgefahren, um das Testament zu verändern.«
In meinem Kopf drehte sich alles. »U nd in Connecticut gibt es keine Telefone? Ich hatte ja keine Ahnung, wie rückständig die dort sind.«
Nan warf mir einen schiefen Blick zu. »I ch hatte die ganze Zeit über extrem viel zu tun und wollte keinen Kontakt mit euch aufnehmen, bevor nicht alles geklärt war. Ich wusste, dass ihr jede Menge Fragen haben würdet… Das Telefon erschien mir dafür nicht besonders passend.«
»D u hast das Testament wieder in seine ursprüngliche Form zurückgeändert? Fährt Thais jetzt nach Connecticut zurück, um bei ihrer Nachbarin zu leben?«
»N ein. Ich habe das Testament verändert, damit ich künftig das Sorgerecht habe«, sagte Nan. Ihre klaren, ruhigen Augen blickten direkt in meine. »I ch bin jetzt Thais’ gesetzlicher Vormund und sie wird bei uns leben.«
Ich
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