Ein Ring aus Asche
doch unter einer Reihe Virginia-Eichen sahen wir ein paar andere Autos stehen. Nan fuhr neben ihnen vor. »K önnt ihr zwei euer Zeug aus dem Kofferraum nehmen? Ich möchte nach Ouida Ausschau halten«, sagte sie, als sie den Motor abstellte.
»K lar«, erwiderte Thais. Nan stieg aus und ließ uns allein im Wagen zurück.
»W ie geht’s dir?«, fragte ich.
Thais drehte sich zu mir um. »I ch bin nervös. Ich will ihn nicht sehen.«
Es gefiel mir, dass wir so oft auf einer Wellenlänge waren und dasselbe dachten. Eins unserer Zwillingsdinger. Mit Racey ging es mir genauso, aber Thais und ich kannten einander noch nicht so gut.
»I ch weiß«, sagte ich. »A ber ich will ihm auch zeigen, dass es mir gut geht und ich nicht total fertig mit der Welt bin, verstehst du? Ich will ganz normal aussehen, als würde mir das alles nichts ausmachen, mich gar nicht betreffen.«
Thais nickte. »D as wird schwer.«
»J a.« Ich würde auch Richard begegnen müssen. Jedes Mal, wenn ich daran dachte, wie ich seinen Kuss zugelassen hatte, war mir wieder komisch zumute.
»A ußerdem ist da ja immer noch diese ganze Jemand-versucht-uns-zu-töten-Sache«, fuhr Thais fort, während sie ihren Kopf gegen das Fenster lehnte. »V ielleicht jemand von hier.«
Ich seufzte. »W ie auch immer, wir können nicht die ganze Nacht im Auto bleiben. Die Zeremonie muss kurz vor der Dämmerung begonnen werden. In einer Minute werden sie uns holen.«
Thais’ Seufzen hörte sich exakt wie meins an. »O kay. Lass uns gehen.«
7
Direkt hinter den Bäumen lag eine weite, natürlich entstandene Lichtung. Das wilde Gras reichte mir bis zur Wade. Auf der einen Seite waren Tische aufgestellt worden. Einige Mitglieder der Treize deckten sie mit Tellern und Gläsern ein.
»I ch werde nichts essen und trinken, bevor ich nicht gesehen habe, wie jemand anders probiert«, murmelte Thais, während wir Nans Brot hinübertrugen.
Ich lächelte grimmig und nickte. Nan stand neben Ouida. Nicht weit davon entfernt sah ich Sophie und diese mädchenhafte Hexe, Manon, zusammenstehen und sich unterhalten. Sophie war immer so ernst– das ließ sie viel älter wirken, als sie eigentlich war.
Ach ja. Gott, diese ganze Unsterblichkeitsgeschichte war echt nicht so leicht zu verdauen.
»H ier ist der Quinoa-Salat«, sagte Thais und stellte ihn auf den Tisch.
»D anke«, antwortete Nan.
»U nd das Brot.« Ich legte es auf ein hölzernes Schneidebrett, das schon bereit gestellt worden war.
»W ie geht’s euch beiden?«, fragte Ouida teilnahmsvoll.
»G anz gut: Viel besser, seit Nan wieder da ist.«
»D arauf wette ich. Ist noch irgendetwas Gefährliches passiert?«
»D u meinst, abgesehen davon, dass wir das Haus in Brand gesteckt haben?«, fragte ich trocken. »N ö. Ach doch, Thais wurde vom Blitz getroffen.«
»I ch wollte euch schon davon berichten«, sagte Nan, als Ouidas Augen immer größer wurden. Sie begann zu erzählen, wie Thais ihr wahres Element entdeckt hatte.
»H ast du den Wein mitgenommen?«, fragte ich Thais mit Blick auf den Tisch.
»N ein, da steht schon welcher.«
»A ber Nan hat auch ein bisschen was dabei. Auf dem Rücksitz, glaube ich.« Ich hoffte, Thais würde sich anbieten, den Wein zu holen, doch das tat sie nicht. Also lief ich selbst zum Wagen zurück, der zum Glück in Sichtweite stand.
Ich war gerade dabei, mit dem Kopf voran auf den Rücksitz zu schlüpfen, als ich fühlte, wie mich jemand beobachtete. Schnell schnappte ich mir die zwei Flaschen Wein von Nan und dachte: Luc.
Doch es war Richard, der am Auto lehnte, Richard, der mich aus diesen dunklen braunen Augen ansah. »H allo«, sagte er. »N etter bouvre.« Er selbst trug zerschlissene grüne Kampfhosen im Military-Look und ein weißes T-Shirt mit abgerissenen Ärmeln.
»S ind bei irgendeinem von deinen Shirts die Arme noch dran?«, fragte ich.
Er grinste leicht. »I m Winter schon.« Mit diesen Worten nahm er das T-Shirt am Saum und zog es sich über den Kopf, sodass er von der Taille aufwärts nackt war. Auf seiner glatten Brust sah ich ein weiteres, dorniges Tribal-Tattoo. Dann lehnte er sich durch ein offenes Autofenster und zog seinen eigenen bouvre hervor. Er war aus Wildseide und genau wie sein Haar braun und mit goldenen Strähnen durchsetzt. Richard streifte ihn über und er schmiegte sich wunderbar an seinen Körper. Dann, als wäre ich gar nicht da, griff er unter den Talar, und ich hörte, wie die Knöpfe seiner Hose aufsprangen. Sofort drehte ich mich
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