Ein Ring aus Asche
ein Teelicht auf dem Tisch? Hast du vielleicht damit herumgespielt?«, fragte Petra.
Ich dachte nach. »N ein. Oh, aber wisst ihr, da hat ein kleiner elektrischer Zimmerspringbrunnen im Fenster gestanden, so einer, den man auch auf einem Tisch platzieren kann. Ich weiß noch, dass ich damit gespielt und meine Finger hineingetaucht habe.«
»H mm.« Petra lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Sie sah nachdenklich und gleichzeitig zufrieden aus.
»W as?«, fragte ich.
»I ch glaube, ich habe jetzt etwas verstanden. Etwas, das mir vorher nicht aufgefallen war«, erwiderte sie. »I ch bin überrascht, aber jetzt ergibt natürlich alles einen Sinn.«
» Was?«, fragte ich erneut.
»J a, was?«, wiederholte Clio.
»D ein Element«, antwortete Petra. »W ir sind davon ausgegangen, dass es wie bei Clio und mir Feuer ist. Aber jetzt scheint mir doch sonnenklar, dass dein Schutzzauber deshalb so perfekt funktioniert und sich so gut angefühlt hat, weil du von deinem wahren Element umgeben warst. Wasser.«
Clio und ich saßen einen Moment einfach nur sprachlos da. Endlich fand ich meine Stimme wieder.
»W asser! Aber warum sollte Wasser mein Element sein?«
»W eil es das Gegenteil von Feuer ist«, erklärte Petra. »I hr beide seid keine Klone, ihr spiegelt einander!«
»D as erklärt deinen Sinn für Mode«, sagte Clio belustigt, und ich versetzte ihr einen Tritt. »A ua!«
»H m. Wasser.« Ich hatte Schwierigkeiten, die Neuigkeit zu verdauen. Ich hatte noch nicht lange Magie angewandt, aber wenn, dann war ich ganz und gar auf das Feuer-Element fokussiert gewesen. »U nd was heißt das jetzt?«
»W ahrscheinlich ist die Magie, die du zu praktizieren versucht hast, deshalb immer nach hinten losgegangen«, sagte Petra. »U nd war deswegen immer so schwer und irgendwie unnatürlich.«
»I ch dachte, das kommt daher, weil Magie eben einfach schwer und unnatürlich ist«, meinte ich.
Petras Lächeln wurde breiter. »G laubst du das immer noch?«
Ich dachte daran, wie ich den Schutzzauber hinausgeschrien, wie belebt ich mich gefühlt hatte und wie einfach alles gewesen war. In diesem einen Moment hatte meine ganze Welt einen Sinn ergeben, nur eine kurze Sekunde lang. Meine Magie hatte perfekt funktioniert, war übergangslos aus mir heraus und in die Welt geflossen. Tränen traten mir in die Augen, als ich mir das wunderschöne, ekstatische Gefühl in Erinnerung rief.
»N ein.« Ich lächelte. Jetzt wusste ich es. Mein Element war Wasser. Und wenn ich mit meinem wahren Element arbeitete, fühlte sich die Magie so an wie nichts sonst auf der Welt, wie pure Perfektion. Sie war zum Greifen nahe.
Petra langte über den Tisch, nahm meine Hand und tätschelte sie leicht. »W asser«, murmelte sie, während sie mich ansah. »D as hätte ich nie gedacht…«
Kapitel 30
Clio
» Und wir machen jetzt was?«, fragte Thais verwirrt. »W elcher Tag ist heute?«
»R écolte«, antwortete ich. Ich erhob mich von der Stelle, an der ich gerade noch gehockt und ein Muster aus Körnern auf den Boden gestreut hatte. Mit seinen versengten Pflanzen, den kaputten Blumentöpfen und dem aufgestapelten Baumaterial, das von der Fassadenreparatur übrig geblieben war, sah der Hintergarten noch immer wie eine entmilitarisierte Zone aus. Wir mussten bald zur Zeremonie unseres Zirkels aufbrechen. Weil sie nur draußen abgehalten werden konnte, würde sie in Covington auf der anderen Seite des Sees stattfinden. Wir brauchten ungefähr vierzig Minuten dorthin.
»D ie Herbst-Tagundnachtgleiche«, fügte Nan erklärend hinzu. »I n unserer Religion gibt es acht heilige Tage, acht jours sacrés. Ich habe dir schon davon erzählt, erinnerst du dich?«
Thais blickte verlegen drein. »N icht so richtig.«
»N un, Récolte ist einer der weniger bedeutsamen Tage«, sagte Nan. »E s ist das zweite der drei traditionellen Erntefeste und findet jedes Jahr zum Herbstäquinoktium statt.«
»D as heißt, heute sind Nacht und Tag genau gleich lang«, erläuterte ich. »B is zur Wintersonnenwende werden nun alle Tage kürzer und die Nächte länger. Es geht praktisch darum, die Ernte einzufahren, sich für den Winter bereit zu machen.«
»U nd warum die Körner?«, fragte Thais.
»A us denen habe ich die Rune seige gelegt«, sagte ich und kniete mich wieder hin, um meine Arbeit zu beenden. »D ie Rune, welche die Sonne symbolisiert. Und Energie. Heute macht die Sonne dem Winter Platz. Im Frühling werden wir sie wiedersehen.«
»M -hmm.« Thais klang
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