Ein Ring von Tiffany - Roman
Frau verbrächte -, aber sie konnte sich nicht dazu durchringen, ihn zu beruhigen. Selbst wenn Jesse seine Frau nie erwähnte (und bisher hatte Leigh noch nicht den kleinsten Beweis
dafür entdeckt, dass sie tatsächlich existierte), blieb die Tatsache bestehen, dass Jesse verheiratet und Leigh verlobt war und sie neben ihrer Arbeitsbeziehung mittlerweile eine nette Freundschaft pflegten. Eine nette platonische Freundschaft - etwas, das es laut Russell zwischen Männern und Frauen nicht geben konnte. Eine Ansicht, die Leigh auf die Palme brachte.
Sie seufzte. »Er ist wirklich nicht so, Russell. Er ist kein Säufer, er ist bloß... anders. Nicht ganz so reglementiert wie wir.«
Verdammt. Das war definitiv der falsche Ansatz. Wann immer die Sprache auf Jesse kam, artete die Unterhaltung in Streit aus, was trotz all ihrer Anstrengungen in letzter Zeit sehr häufig der Fall zu sein schien.
»Reglementiert?«
»Du weißt, was ich meine.«
»Es klingt, als fändest du, er wäre der gechillte Zen-Meister, und ich wäre total gestresst und... und... reglementiert.«
» Wir sind anders, Russell. Und meiner Meinung nach leben wir wie verantwortungsbewusste Erwachsene, wohingegen er völlig verloren und orientierungslos ist, okay?« So hatte Leigh noch vor einem Monat gedacht; sie verriet Russell nicht, dass Jesses Lebensweise ihr mittlerweile nicht mehr ganz so abwegig erschien. »Hör zu, warum reden wir überhaupt über ihn? Wen kümmert es schon? Ich habe angerufen, um zu fragen, was bei dir so los ist. Wie war das Post-Production-Meeting heute?«
»Gut. Nichts Besonderes.«
»Russell, hör auf zu schmollen. Das steht dir nicht.«
»Danke für die Etikettelektion, Liebes . Ich werde es mir merken.«
»Warum führst du dich bloß so auf?« Leigh seufzte. Sie hatte sich einfach nur kurz melden, ein paar nette Worte wechseln und sich dann wieder ihrem Buch widmen wollen, aber ihr schwante, dass Russell der Sinn nach einem Grundsatzgespräch über ihre Beziehung stand. Das war seine Spezialität - und ihr größter Albtraum.
»Leigh, was ist los mit uns beiden?« Seine Stimme wurde weicher, sanfter. »Ganz im Ernst, ich finde, wir sollten darüber reden.«
Leigh holte tief Luft und atmete geräuschlos aus. Sie bemühte sich, ruhig zu bleiben, obwohl ihr Inneres schrie: Nein, nein, nein! Ich bin es leid, darüber zu reden. Lass uns nicht über alles reden. Können wir uns nicht einfach was vom Tag erzählen und dann weitermachen? Bitte tu mir das nicht an! Sie sagte: »Was meinst du damit, Russ? Mit uns ist doch alles in Ordnung.«
Er schwieg eine Weile. »Empfindest du das wirklich so? Kommt es dir nicht vor, als wäre zwischen uns sehr viel Abstand? Und was soll ich sagen, wenn mich die Leute fragen, warum wir noch keine Verlobungsparty gegeben haben? Dass meine Braut dafür offenbar keine Zeit hat, obwohl wir schon seit fünf Monaten verlobt sind?«
O lieber Gott, bitte nicht das schon wieder. »Du weißt doch, was das hier für eine große Sache ist - wieso hast du dafür kein Verständnis?«
»Tja, also, halt mich meinetwegen für verrückt, aber ich dachte eben, dass Heiraten für dich auch eine große Sache sei.«
»Natürlich ist es das. Deswegen will ich ja warten, bis alles wirklich perfekt sein kann.«
Das war nicht mal komplett gelogen. Leigh wusste, dass sie die ganze Planung schleifen ließ. Zum Teil lag es daran, dass sie einfach grundsätzlich kein Interesse für alles aufbrachte, was mit Hochzeit zu tun hatte - sie war nicht die Sorte Mädchen, die sich mit zwölf schon ihr Brautkleid aussucht -, und zum Teil daran, dass es ihr davor graute, sowohl mit ihrer eigenen als auch mit Russells Mutter fertig zu werden. Aber wenn sie vor sich selbst ganz ehrlich war, musste Leigh zugeben, dass es tiefere Gründe hatte.
Eine Weile konnte sie sich noch einreden, dass alles viel zu schnell ging. Schließlich kam es ihr vor, als wäre es erst gestern
gewesen, als sie sich auf einer Bank am Union Square zum ersten Mal küssten. Und Russell hatte ihr damals auch wirklich sehr gefallen - sie fand ihn süß und gut aussehend und fühlte sich geschmeichelt, dass er sich für sie interessierte. Sie hoffte, dass sie sich häufiger treffen und die Beziehung sich weiterentwickeln oder auf natürliche Weise auflösen würde. Entweder kommen zwei Menschen sich näher und blühen auf, oder die Verbindung welkt allmählich dahin, und es wird Zeit, sie zu beenden. Sie wollte die Zeit mit Russell genießen und sich
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