Ein Ritter fuer Rosamund
eines Schafhirten, während meine Familie seit Generationen zu den besten des Landes gehört. Und jetzt verschwindet, Waliser, damit ich diese Hure so bestrafen kann, wie sie es verdient hat. Schließlich hat sie versucht, mich auszurauben.“
„Das habe ich nicht!“, rief die Frau aus, sprang vom Bett und kniete sich vor Kynan hin. Ihr Blick hatte etwas Flehendes, die Hände hielt sie demütig bittend gefaltet. „Ich schwöre bei Gott, das habe ich nicht getan. Ich bat ihn nur um den Betrag, den er mir versprochen hatte.“
Kynan verzog verächtlich den Mund, als er sich an Dominick wandte. „Ihr wollt einer Dirne den Lohn verweigern?“
„Sie hat mich nicht befriedigt. Warum sollte ich sie dann bezahlen?“
„Ich tat, was ich konnte“, schluchzte die Frau. „Es ist nicht mein Fehler. Er konnte nicht …“
Sie verstummte, weil sie Dominicks grimmigen Blick bemerkte.
Kynan betrachtete den Normannen und zog fragend eine Augenbraue hoch. „Ihr bestraft sie für Euer eigenes Unvermögen?“
Dominick griff nach seinem Obergewand, das auf einem Hocker neben dem Bett lag. „Das werdet Ihr noch bereuen, Waliser“, knurrte er, während er das Zimmer in Richtung Treppe durchquerte. „Wartet nur bis zum Turnier.“
„Es wird mir ein Vergnügen sein, Euch im Kampf gegenüberzustehen, Sir Dominick“, gab Kynan zurück. „Dann werden wir ja sehen, wie gut Ihr Euch gegen einen Mann zur Wehr setzen könnt.“
Dominick murmelte einen besonders verächtlichen Fluch und eilte die Treppe hinunter.
„Ich danke Euch, Sir“, sagte die Dirne, während sie aufstand. „Ihr seid ein wahrer Ehrenmann, im Gegensatz zu manch anderen, die das von sich behaupten.“ Sie zog ihr Hemd zurecht, so dass sie ihm einen besseren Blick auf ihr Dekolleté bieten konnte. „Wenn Ihr bleibt, werde ich Euch zeigen, wie dankbar ich Euch bin.“
Kynan wandte sich ab. „Ich muss mich um andere Dinge kümmern.“
Seine Worte entsprachen der Wahrheit, denn er musste Lady Rosamund warnen, dass Dominick ein bösartiger, brutaler Mann sei, der vermutlich nicht zögern würde, eine Frau zu schlagen, wenn er sich über sie ärgerte - wohl auch dann nicht, wenn er seine Gemahlin vor sich hatte.
Bliebe er stumm, dann trüge er selbst die Verantwortung für all ihr zukünftiges Leid.
4. KAPITEL
„Mylady, dürfte ich Euch kurz sprechen?“
Rose erschrak. Als sie den Kopf drehte, sah sie, dass Sir Kynan Morgan direkt hinter ihr stand und sehr ernst dreinschaute.
Seit dem Abend, an dem sie sich geküsst hatten, war sie ihm nicht mehr so nahe gewesen - und sie sollte ihm auch nicht so nahe sein, zumal sie hier im Saal von Bediensteten und Gästen gleichermaßen gesehen werden konnten. „Später vielleicht, Sir. Ich muss zunächst noch die Dienerschaft anweisen, welche Vorbereitungen für das Essen am heutigen Abend zu treffen sind.“
Anstatt einfach ihrem Wunsch nachzukommen, warf Sir Kynan nur einen kurzen Blick zu den Dienern, die die auf Schragen gelegten Tischplatten deckten. „Mylady, was ich Euch zu sagen habe, ist sehr wichtig“, erklärte er dann. In seinen Augen war zu erkennen, welch große Sorge ihn erfüllte, und sein Tonfall verriet, dass er ein Nein nicht akzeptieren würde.
Sie verschränkte die Arme und ermahnte sich zur Gelassenheit. „Was ist so wichtig, dass Ihr es mir unbedingt sagen müsst?“
Wieder sah er zu den Dienern, die für einen Augenblick innehielten und sich dann wieder - zumindest mit den Augen, nicht unbedingt auch mit den Ohren - ihren eigentlichen Aufgaben widmeten. „Mylady, gibt es hier irgendwo einen Ort, an dem wir ungestört reden können?“
Wie konnte er sich nur erdreisten, einen solchen Vorschlag zu unterbreiten? „Es wäre unziemlich, würde ich mich allein mit Euch in einem Zimmer aufhalten.“
Ein wenig ungehalten runzelte er die Stirn. „Wie Ihr wünscht, Mylady. Wie gut kennt Ihr Euren Verlobten?“
„Gut genug, und ich wüsste auch nicht, was Euch das angehen sollte.“
„Weil mein Schwur als Ritter es von mir verlangt.“
„Euer Schwur als Ritter verlangt von Euch, Bräute zu befragen?“ Sie betrachtete ihn skeptisch.
„Mein Gelöbnis als Ritter verlangt von mir, keine Frau irgendeiner Gefahr auszusetzen.“
„Ich befinde mich nicht in Gefahr.“
Der Ausdruck in seinen Augen wurde noch ernster und eindringlicher. „Ich frage Euch noch einmal, Mylady: Wie gut kennt Ihr Sir Dominick?“
Eine Dienerin ließ in diesem Moment beinahe einen Korb mit Kräutern fallen,
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