Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Titel: Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bellamy
Vom Netzwerk:
Betriebsweisen der Vergangenheit herrschten. Sie konnten sich unmöglich den Aufgaben gewachsen zeigen, die das Zeitalter des Dampfes, des Telegraphen und der Riesenunternehmungen s tellte. Wenn es möglich gewesen wäre, die alte Ordnung der Dinge wiederherzustellen, so würde dies darauf hinausgelaufen sein, wieder zu den Tagen der Postkutsche zurückzukehren. Wie drückend und unerträglich die Herrschaft des großen Kapitals auch lastete, so mußten doch selbst seine Opfer unter Flüchen dieses anerkennen: dank der Konzentration des Kapitals war die Leistungsfähigkeit der nationalen Wirtschaft wunderbar gestiegen; dank des konzentrierten Betriebs und der einheitlichen Leitung wurden bedeutende Ersparnisse erzielt. Sie mußten eingestehen, daß der Reichtum der Welt sich in ungeahntem Maße vermehrt hatte, seitdem die neue Wirtschaftsweise an die Stelle der alten getreten war. Gewiß, das riesige Anwachsen des allgemeinen Reichtums hatte in der Hauptsache nur die Reichen noch reicher gemacht und die Kluft zwischen ihnen und den Armen erweitert. Aber trotzdem stand diese Tatsache an sich unumstößlich fest: lediglich als Mittel betrachtet, Reichtum zu schaffen, hatte sich das Kapital als um so leistungsfähiger erwiesen, je mehr es sich in immer wenigeren Händen zusammenballte. Wäre eine Rückkehr zu der alten Wirtschaftsweise mit der ihr eigentümlichen Zersplitterung des Kapitals möglich gewesen, so würde vielleicht eine größere gesellschaftliche Gleichheit hergestellt worden sein, das Leben des einzelnen hätte an persönlicher Würde und Freiheit gewonnen. Allein die allgemeine Armut und der Stillstand jedes materiellen Fortschritts wären der Preis dafür gewesen.
    Gab es denn aber keine Möglichkeit, den Menschen das mächtig wirkende Prinzip des konzentrierten Kapitals, die Quelle märchenhaften Reichtums, dienstbar zu machen, ohne sie gleichzeitig einer Plutokratie wie der Karthagos zu unterwerfen? Sobald die Menschen begannen, sich diese Frage vorzulegen, fanden sie auch eine fertige Antwort. Die wirtschaftliche Entwicklung, die zur Zusammenlegung der Betriebe führte, hinter denen immer gewaltigere Kapitalanhäufungen standen; sie, die jene Monopole schuf, denen man sich so verzweifelt und vergeblich entgegengestemmt hatte, wurde endlich in ihrem wahren Wesen erkannt. Nämlich als ein Vorgang, der nur seinen natürlichen Abschluß zu finden brauchte, um der Menschheit das Tor zu einer goldenen Zukunft zu öffnen.
    Zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts war dieser Entwicklungsgang vollendet. Die Konzentration des gesamten Reichtums der Nation war schließlich Tatsache geworden. Die Industrie und der Handel des Landes wurden nicht länger von einer Gruppe von Aktiengesellschaften und Trusts beherrscht, die aus unverantwortlichen Privatpersonen bestanden, und für die nichts als die persönliche Laune und der persönliche Vorteil einiger weniger maßgebend waren. Ihre Leitung war vielmehr einem Ausschuß anvertraut worden, der das ganze Volk vertrat und sie im Interesse und zum Nutzen aller führte. Die Nation organisierte sich zu einem einzigen Riesenbetrieb, in dem alle anderen Betriebe aufgingen; sie trat als einziger Kapitalist an die Stelle aller anderen Kapitalisten; sie wurde der einzige Unternehmer, der letzte Monopolist, der alle früheren und kleineren Monopole verschlang, ein Monopolist, dessen Gewinne und Ersparnisse allen Bürgern zugute kamen. Mit einem Wort: das Volk der Vereinigten Staaten beschloß, die Leitung seines Wirtschaftslebens selbst in die Hand zu nehmen, genau so, wie es hundert und etliche Jahre zuvor den Beschluß gefaßt hatte, seine Regierung selbst zu führen {6} . Es organisierte sich jetzt zu wirtschaftlichen Zwecken auf derselben Grundlage, auf der es sich damals zu politischen Zwecken organisiert hatte. Endlich, und zwar merkwürdig spät, begriff man die so klare Tatsache, daß nichts ihrem Wesen nach so ganz die Sache des Staates ist als die Gütererzeugung und Güterverteilung, von der der Lebensunterhalt des Volkes abhängt. Das Wirtschaftsleben der Nation Privatpersonen anvertrauen, die ihren Privatvorteil daraus ziehen wollen, ist eine Torheit. Sie ähnelt der anderen, sich politisch von Königen und Adligen regieren zu lassen, die nur an ihren persönlichen Ruhm denken, aber wahrhaftig; sie ist eine noch größere Narrheit.“
    „Ein so erstaunlicher Umschwung, wie Sie ihn beschreiben“, sagte ich, „konnte sich natürlich nicht ohne großes

Weitere Kostenlose Bücher