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Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Ein Rückblick aus dem Jahr 2000

Titel: Ein Rückblick aus dem Jahr 2000 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Bellamy
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mangelhaft ist, als sie einen Fall wie den Ihrigen nicht vorgesehen hat. Es hat wirklich niemand daran gedacht, daß die Gesellschaft eines schönen Tages auf einem anderen als dem uralten gewöhnlichen Weg einen Zuwachs erhalten könne. Trotzdem brauchen Sie nicht zu befürchten, daß wir nicht eine geeignete Stellung und Betätigung für Sie finden werden. Kommt Zeit, kommt Rat! Bis jetzt sind Sie ja nur mit meiner Familie in Berührung gekommen, aber Sie dürfen nicht glauben, daß ich aus Ihrer Existenz ein Geheimnis gemacht habe. Im Gegenteil! Noch ehe Sie ins Leben zurückgerufen worden waren und seitdem noch weit mehr, hat Ihr Geschick das allgemeine Interesse erregt. Mit Rücksicht auf Ihren schonungsbedürftigen Zustand hielt man es für das beste, daß ich Sie zunächst unter meine Pflege nähme. Erst wenn Sie durch mich und meine Familie eine allgemeine Vorstellung von der Welt erhalten hätten, in die Sie zurückgekehrt sind, sollten Sie weitere Bekanntschaften machen. Man war auch nicht einen einzigen Augenblick im Zweifel, welcher Beruf für Sie der geeignetste sein könne. Nur wenigen von uns ist es vergönnt, der Nation einen so großen Dienst zu erweisen, wie Sie das zu tun vermögen, wenn Sie mein Haus verlassen werden, woran Sie übrigens noch lange nicht denken dürfen.“
    „Was könnte ich denn tun?“ fragte ich. „Vielleicht meinen Sie, daß ich ein Handwerk, eine Kunst verstehe oder sonstige besondere Fertigkeiten besitze. Ich versichere Sie, daß dies alles nicht stimmt. Mein Leben lang habe ich nie einen Dollar verdient oder eine Stunde gearbeitet. Ich bin stark und könnte vielleicht einen gewöhnlichen. Arbeiter abgeben, mehr aber nicht.“
    „Wenn Sie als solcher der Nation am meisten nützen könnten, so würden Sie an sich selbst erfahren, daß die Tätigkeit eines ungelernten Arbeiters für ebenso ehren voll gilt wie jeder andere Beruf“, versetzte Doktor Lee te. „Allein Sie können anderes, besseres leisten. In der Kenntnis der sozialen Verhältnisse am Ausgang des neunzehnten Jahrhunderts müssen Sie all unseren Ge schichtsforschern weit überlegen sein. Wir interessie ren uns heutzutage aber ganz besonders für diese Periode der Geschichte. Wenn Sie erst genügend mit unseren Einrichtungen vertraut geworden und geneigt sind, uns über die gesellschaftlichen Verhältnisse Ihrer Zeit vorzutragen, so steht Ihnen eine Stelle als Lehrer der Geschichte an einer unserer Universitäten offen.“
    „Sehr gut! Wirklich sehr gut!“ rief ich aus und atme te erleichtert auf, denn dieser praktische Vorschlag löste eine Frage, die mich bereits ernstlich beunruhigt hatte. „Wenn sich Ihre Zeitgenossen tatsächlich so sehr für das neunzehnte Jahrhundert interessieren, so scheint eine derartige Stellung wirklich wie für mich geschaffen. Ich glaube kaum, daß sich für mich irgendein anderer Beruf ausfindig machen ließe, in dem ich mein Brot verdienen könnte. Aber ich kann wohl ohne Selbstüberschätzung behaupten, daß ich für die von Ihnen in Aussicht genommene Stellung ganz besonders geeignet sein dürfte.“

 
17. Kapitel
Staatsverfassung und Wirtschaftsordnung
     
    Ich fand den Betrieb im Zentralwarenlager ganz so interessant, wie Edith ihn mir beschrieben hatte. Ich geriet geradezu in helle Begeisterung über das durchschlagende Beispiel vor meinen Augen, daß eine planmäßige Organisation den Erfolg der Arbeit wunderbar steigert. Das Lager erschien mir wie eine ungeheure Mühle, in die auf der einen Seite fortwährend ganze Wagen- und Schiffsladungen von Waren hineingeschüttet wurden, um an der anderen wieder hervorzukommen, verteilt und verpackt nach Pfunden oder Grammen, Metern oder Zentimetern, Litern oder Hektolitern, je nachdem es die Bedürfnisse einer halben Million Menschen erheischten. Ich schilderte Doktor Leete, wie zu meiner Zeit der Verkauf der Waren vor sich ging, und er rechnete mir daraufhin vor, welche staunenswerten Ersparnisse die neue Organisation der Güterverteilung mit sich brachte.
    „Wenn ich das heute Gesehene zu dem füge, was Sie mir erzählten, und was ich unter Fräulein Leetes Führung im Musterlager kennengelernt habe“, sagte ich auf dem Heimweg, „so kann ich mir eine ziemlich klare Vorstellung davon machen, wie die Verteilung der Waren heutzutage organisiert ist. Ich begreife nun ganz gut, daß die jetzigen Einrichtungen den Zwischenhandel und das Geld entbehrlich gemacht haben. Allein ich möchte gern mehr darüber erfahren, wie die

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